Saint-Benoît-en-Woëvre - Ort und Abtei
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Die kleine Ortschaft Saint-Benoît-en-Woëvre liegt an der seit Jahrhunderten für den Handelsverkehr wichtigen Kreuzung der D 904 (Thiaucourt - Verdun) mit der D 901 (St. Mihiel - Gorze). Am nördlichen Ortsrand befinden sich die sehenswerten Reste einer Kloster-/Schlossanlage. Diese beherbergte im Ersten Weltkrieg ein Lazarett und höhere deutsche Kommandostellen und hatte eine wesentliche strategische Bedeutung.

Saint-Benoît-en-Woevre WP | |
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Saint-Benoît entwickelte sich ab dem frühen Mittelalter um ein 1128 gegründetes Benediktinerkloster, das den lateinischen Namen "Sanctus Benedictus in Vepria" erhielt. Bereits 1132 ging die Anlage in den Besitz der Zisterzienser aus der Abtei La Crète in Bourdons-sur-Rognon über, die sie bis Mitte des 18. Jahrhunderts betrieben und nach und nach eine Vielzahl der umliegenden landwirtschaftichen Anwesen erwarben. So gehörten unter anderem die auch heute noch existenten Gehöfte Hazavant-Ferme nördlich von Saint-Benoît und die Ansoncourt-Ferme bei Limey-Remenauville dazu, ebenso das weiter nördlich gelegene Anwesen um das Château de Puxe. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die alte Klosteranlage abgebrochen und etwas weiter östlich neu errichtet. In den Wirren der Französischen Revolution wurde das Kloster 1791 teilweise zerstört und aufgelöst. In den folgenden Jahrzehnten wechselte es mehrfach den Besitzer. Unter anderem erwarb es die Familie des späteren französischen Präsidenten Raymond Poincaré und richtete dort einen luxuriösen Wohnsitz ein.
Deutsche Soldaten erlebte die Anlage erstmalig während des Deutsch-Französischen Krieges. Kavallerieeinheiten des XII. Königlich-Sächsischen Armee-Korps, das am 11.08.1870 bei Pont-à-Mousson die Mosel überschritten hatte, besetzten Saint-Benoît bereits am 15.08.1870 und nahmen im Schloss Quartier. Am 18.08.1870 wurde der Maas-Übergang bei Bannoncourt eingenommen und die Anlage blieb einige Wochen unter der Kontrolle der Sachsen.
Einheiten des XII. Armee-Korps waren an den Schlachten bei Mars-la-Tour und St. Privat beteiligt. Ebenfalls wurden Teile des Korps zur Bildung der Maasarmee abgegeben, die mit anderen Einheiten die Festung Metz belagern und die französischen Truppen unter dem Marschall Patrice de Mac-Mahon von der Entsetzung der in der Stadt befindlichen französischen Rheinarmee abhalten sollten. Im weiteren Verlauf des Krieges war das XII. Armee-Korps auch an der Belagerung von Paris beteiligt. |
Zu Beginn der Kämpfe im Bereich des Frontbogens von Saint-Mihiel ab September 1914 erlebte Saint- Benoît den Vormarsch des III. Bayerischen Armee-Korps ausgehend der Festung Metz durch die Woëvre-Ebene. Ziel war die Eroberung der Côtes Lorraines, die Einnahme der Maas-Forts und der Stadt Saint-Mihiel. Das Schloss Saint-Benoît wurde zunächst nur zur Einquartierung durchziehender Truppenteile genutzt. Auf Grund seiner strategisch günstigen Lage beherbergte es sodann über den gesamten Kriegsverlauf hinweg bis in den September 1918 diverse Kommando-Stellen des deutschen Heeres, so insbesondere ab dem 21. September 1914 das Generalkommando des III. Bayerischen Armeekorps unter General Ludwig Freiherr von Gebsattel. Das Generalkommando verblieb in Saint-Benoit bis zur Verlegung des Korps an die Flandern-Front im Juli 1916. Aus der Zeit seiner Anwesenheit existieren viele Fotografien. Häufige Besuche von hohen staatlichen und militärischen Führern wie beispielsweise des Bayerischen Königs Ludwig III., des deutschen Kronprinzen Wilhelm sowie des deutschen Kaisers Wilhelm II. boten geeignete Motive.
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Nach dem Abzug des III. Bayerischen Armeekorps im Juli 1916 blieb Saint-Benoit-en-Woëvre Quartier und Kommandostelle unterschiedlichster Einheiten, die jeweils im Frontbogen von St. Mihiel eingesetzt waren. Das Schloss wurde in vielen Bereichen umgebaut, unter anderem wurden die Kellergewölbe durch Betonverstärkungen schusssicher gemacht. Das bereits zu Kriegsbeginn errichtete Feldlazarett wurde stetig vergrößert und nahm letztendlich einen der drei Gebäudeflügel ein.
Südlich des Dorfes, hart westlich der heutigen D 904 Richtung Beney-en-Woëvre, entstand Ende 1914 ein Bahnhof für die Kriegs-Vollbahn aus Richtung Metz, die die im südlichen und südwestlichen Teil des Frontbogens stehenden Truppen versorgte. Von der Anlage sind bis auf einen Bunker westlich der D 904 und vereinzelt im Bereich der Waldung "le Grand Essart" sichtbarer Trassenverläufe keine nennenswerten Reste mehr vorhanden. Nahe dem ehemaligen Standort des Bahnhofs St. Benoit verläuft heute die TGW-/ICE-Strecke Richtung Paris.
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Ab Mitte August 1918 zeichnete sich eine alliierte Großoffensive im Bereich des Frontbogens von St. Mihel ab. Seit Februar 1918 beherbergte das Château Saint-Benoît das Generalkommando des 19. Königlich-Sächsischen Armee-Korps, dessen Einheiten im südlichen Bereich des Frontbogens eingesetzt waren. Bereits ab Ende 1916 war eine Sehnenstellung angelegt worden, die im Falle der Aufgabe des Frontbogens binnen weniger Tage bezogen werden sollte. Die Stellung erhielt den Namen Michel-Stellung, die geplante Rückzugs-Operation wurde Loki-Bewegung genannt. Als sich Anfang September 1918 der alliierte Angriff konkret ankündigte, wurde die Loki-Bewegung eingeleitet. Der alliierte Angriff begann jedoch unerwartet bereits am 12. September 1918. Zwar schafften es die deutschen Einheiten noch, die Michel-Stellung zu besetzen. Bei dem ungeordneten Rückzug gingen aber große Mengen an Artillerie, Munitionsreserven und sonstige Güter verloren. Zudem gaben sich hunderte deutsche Soldaten den alliierten Truppen gefangen.
Saint-Benoît lag im Frontstreifen der 42. US Infanterie-Division, die "Rainbow Division" genannt wurde. Befohlen war für den Angriffsbeginn am 12. September 1918 ein Vordringen bis nördlich der Hazavant-Ferme und die Errichtung einer dortigen Verteidigungsstellung. Am 13. September 1918 erreichten Einheiten des 165. US Infanterie-Regiments nahezu kampflos Saint-Benoît. Das Regiment war aus dem New Yorker Infanterie-Regiment 69 hervorgegangen und hatte viele irisch-stämmige Angehörige. Die US-Truppen fanden das Château verlassen vor. Nach unterschiedlichen Berichten hatten die deutschen Truppen vor ihrem Abzug Feuer gelegt und Sprengstoff angebracht, der jedoch nicht detoniert war. Durch die amerikanischen Soldaten wurde das Feuer gelöscht und es soll insbesondere die wesentliche Einrichtung der ehemaligen Klosterkirche vor den Flammen gerettet worden sein.
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Vom 14. - 30. September 1918 besetzte das Regiment seine Stellungen im Bereich der Hazavant-Ferme. Weitere Angriffe waren nicht befohlen, da die Amerikaner mit einem derart schnellen Vordringen nicht gerechnet hatten und zunächst die Reserven und Artillerie nachziehen mussten. Das Château Saint-Benoît wurde zum Hauptquartier der 84. Infanterie-Brigade. Die Einheit war Teil der 42. US Infanterie-Division und stand unter dem Kommando des im Zweiten Weltkrieg berühmt gewordenen Generals Douglas MacArthur. Als mit 38 Jahren jüngster Brigade-General der amerikanischen Armee hatte MacArthur das Kommando über die Einheit im Juli 1918 übernommen. Er wählte bewusst das Chateau Saint-Benoît als Gefechtsstand, obwohl es nur wenige Kilometer hinter den vorderen Linien seiner Truppen lag. Es existieren diverse Fotografien von MacArthur, die ihn posierend im Château Saint-Benoît zeigen. Ab dem 01.10.1918 wurde die Einheit durch Teile der 89. US Infanterie-Division, die den östlich angrenzenden Angriffsstreifen inne hatte, abgelöst und abtransportiert. Die Rainbow Division wurde ab Oktober 1918 im Gebiet der Maas-Argonnen-Offensive in den Argonnen eingesetzt.
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Heute stehen von dem ehemaligen Hauptgebäude des Schlosses nur noch Teile des Westflügels, einschließlich der zentralen Fassade. Oberhalb des Portals der westlichen Fassade ist im Giebel das Wappen des ehemaligen Klosters erhalten. Der Hauptaltar der ehemaligen Kapelle befindet sich heute in der Kirche Saint-Etienne in Saint-Mihiel, zwei kleinere Altare in der Kirche der Ortschaft Dampvitoux. In den Ruinen der Anlage kann man diverse Umbauten aus der Zeit der deutschen Nutzung erkennen, so beispielsweise betonierte Verstärkungen der Kellergewölbe und auch zusätzliche Einbauten aus Beton. Wann die Anlage letztendlich zerstört wurde, kann nicht gesichert gesagt werden. Erreichbare Quellen sprechen davon, dass das Chateau Saint-Benoit auch im Zweiten Weltkrieg Kommandobehörden der deutschen Wehrmacht beherbergte und 1944 bei Kämpfen mit vorrückenden amerikanischen Truppen zerstört wurde. Andererseits finden sich französische Postkarten aus den 1920er Jahren, die die Anlage bereits in massiv zerstörtem Zustand zeigen.
Die Anlage befindet sich auf Privatgrund und darf nur mit Erlaubnis des Eigentümers betreten werden. Das Eindringen in die Ruine ist lebensgefährlich!
Die Anlage befindet sich auf Privatgrund und darf nur mit Erlaubnis des Eigentümers betreten werden. Das Eindringen in die Ruine ist lebensgefährlich!