Argonnerwald - Kämpfe im Bereich der Argonnen 1914 - 1918
Die Geschichte der Kämpfe im Argonnerwald ist komplex. In ihrer Entstehung sowie ihrem Verlauf waren sie untrennbar mit dem als "Wunder an der Marne" bekannt gewordenen Rückzug des deutschen Feldheeres im Westen ab dem 9./10. September 1914 verbunden.
Argonnerwald - Vormarsch an die Marne
Ende August 1914 war es der 4. württembergischen und der 5. preußischen Armee gelungen, zwischen Sedan und Verdun die Maas zu überschreiten. Wie der Schlieffen-Plan es vorsah, vollzogen die Armeen um den Angelpunkt Verdun einen Linksschwenk. Die unter dem Befehl des Königs von Württemberg stehende 4. Armee hatte die 4. französische Armee unter dem Kommando des Generals Langle de Cary vor sich, die 5. Armee des Deutschen Kronprinzen Wilhelm die unter dem Kommando des Generals Sarrail stehende 3. französische Armee. Die zurückflutenden französischen Einheiten ließen ebenso wie die deutschen Verfolger die Argonnen zwischen sich liegen. Die 4. Armee marschierte westlich der Argonnen durch die Champagne Richtung Süden, die 5. Armee östlich des Argonnen-Hauptkammes. Das VI. preußische Armeekorps bog zum Erhalt der Verbindung beider Armeen bei Varennes nach Westen ab, durchschritt die Argonnen über die heutige D 38 und marschierte weiter nach Süden. Bis zum 06. September 1914 konnten die deutschen Verbände die Argonnen hinter sich lassen und weit nach Süden bis in den Bereich zwischen Aire und Marne vordringen.
Argonnerwald - Rückzug
Am 6. September 1914 begannen die Franzosen mit einer unerwarteten und starken Gegenoffensive, die als "Schlacht an der Marne" in die Geschichtsschreibung einging. Auch im Bereich der 4. und 5. Armee kam es zu schweren Kämpfen. Weiter westlich bei der 1. und 2. Armee hatte sich eine bedrohliche Lage ergeben, so sollte ab dem 12. September 1914 auch die 4. und 5. Armee überraschend den Rückmarsch antreten.
Es kam in der Folge zu Unstimmigkeiten bezüglich der einzunehmenden Rückzugslinien. Beide Armeeführungen waren bestrebt, einen möglichst günstig gelegenen und schmalen Frontabschnitt zu erhalten. Dieser lag geografisch für die 4. Armee eher am südlichen Rand des Argonnerwaldes, für die 5. Armee wegen des notwendigen Anschlusses an den Stellungsbereich vor Verdun eher weiter nördlich. Obwohl die Führung der 4. Armee die taktisch zutreffende Auffassung vertrat, dass nur durch eine Linie südlich der Argonnen die Option eines Umschließens der Festung Verdun bestehen bleibe, wurde auf Intervention der Obersten Heeresleitung den Vorstellungen der 5. Armee nachgegeben. Beide Armeen traten den Rückmarsch durch und entlang des Argonnen-Hauptkammes an. Bei den überhasteten und unkoordinierten Truppenverschiebungen riss die Verbindung zwischen beiden Armeen ab. Letztendlich ergab sich eine neue Linie mit Front nach Süden im nördlichen Bereich des Argonnen-Hauptkammes, etwa auf Höhe der Orte Servon, Binarville, Apremont, Montfaucon, Gercourt. Diese Linie lag weiter nördlich, als es ursprünglich vorgesehen war. Die 4. Armee hatte Stellungen von Binarville bis in den Bereich der Champagne eingenommen, der 5. Armee verblieb der Bereich östlich des Argonnerwaldes und sich fortsetzend in den Frontabschnitt um Verdun.
Es kam in der Folge zu Unstimmigkeiten bezüglich der einzunehmenden Rückzugslinien. Beide Armeeführungen waren bestrebt, einen möglichst günstig gelegenen und schmalen Frontabschnitt zu erhalten. Dieser lag geografisch für die 4. Armee eher am südlichen Rand des Argonnerwaldes, für die 5. Armee wegen des notwendigen Anschlusses an den Stellungsbereich vor Verdun eher weiter nördlich. Obwohl die Führung der 4. Armee die taktisch zutreffende Auffassung vertrat, dass nur durch eine Linie südlich der Argonnen die Option eines Umschließens der Festung Verdun bestehen bleibe, wurde auf Intervention der Obersten Heeresleitung den Vorstellungen der 5. Armee nachgegeben. Beide Armeen traten den Rückmarsch durch und entlang des Argonnen-Hauptkammes an. Bei den überhasteten und unkoordinierten Truppenverschiebungen riss die Verbindung zwischen beiden Armeen ab. Letztendlich ergab sich eine neue Linie mit Front nach Süden im nördlichen Bereich des Argonnen-Hauptkammes, etwa auf Höhe der Orte Servon, Binarville, Apremont, Montfaucon, Gercourt. Diese Linie lag weiter nördlich, als es ursprünglich vorgesehen war. Die 4. Armee hatte Stellungen von Binarville bis in den Bereich der Champagne eingenommen, der 5. Armee verblieb der Bereich östlich des Argonnerwaldes und sich fortsetzend in den Frontabschnitt um Verdun.
Den zurückweichenden deutschen Einheiten folgten die Franzosen überall entschlossen nach und besetzten entgegen den deutschen Erwartungen den Argonnerwald sofort mit zwei kompletten Armeekorps. Sie fühlten im Bereich des Waldes nördlich vor und griffen links und rechts des Argonnen-Hauptkammes die deutschen Nachhut-Stellungen an. Bei diesen Kämpfen verloren die Deutschen wichtige Positionen wie den Hügel von Vauquois.
Bis um den 20. September 1914 verhielten die Deutschen in eigenen Offensivbemühungen. Diese Zeit nutzten die Franzosen, um ihre Stellungen auszubauen und ihre Truppen weiter zu verstärken. |
Der Argonnen-Hauptkamm blieb seitens der deutschen Einheiten auch nach dem Rückzug weitestgehend unbesetzt. Eine Verbindung zwischen beiden deutschen Armeen sollte über die heutige D 442 zwischen Apremont und Binarville gewährleistet werden. Da man keine nennenswerten Angriffsbemühungen der Franzosen aus dem unwegsamen Waldgebiet erwartete, war der ca. 4 Kilometer breite Bereich nur mit dem I. Bataillon des Landwehr-Infanterie-Regiments 26 stützpunktartig gesichert. Gleichwohl erkannte man die mögliche strategische Bedeutung der zweiten Querverbindung durch die Argonnen über die Varenner Straße (heutige D 38) zwischen Le Four de Paris und Varennes. Diese Route wurde durch das III. Bataillon des Landwehr-Infanterie-Regiments 26 mit Stützpunkten bei Vienne-le-Chateau, Le Four de Paris und Barricade besetzt. Am 14. September 1914 wurde das Regiment dem XIII. Armeekorps unterstellt. Auf Grund einer missverständlichen Befehlslage marschierte das III. Bataillon aus dem seinerseits gehaltenen Bereich nach Varennes, wo das XIII. Armeekorps lag. Obwohl sofort der Rückmarsch befohlen wurde, hatten die Franzosen die Gelegenheit genutzt und die aufgegebenen Stellungen bei Le Four de Paris besetzt. Eine Rückeroberung scheiterte. Die zentrale und wichtigste Querverbindung durch den Argonnerwald war in französische Hände gefallen. Die Kontrolle über die durch das Biesme-Tal führende Nord-Süd-Route (heutige D 2) war ebenso verloren gegangen. Dieses Missgeschick war eine wesentliche Ursache für die sodann folgenden Argonnenkämpfe, die über vier Jahre hinweg bis kurz vor Kriegsende andauern sollten.
Argonnerwald - Kämpfe ab September 1914
Ab Ende September 1914 kam es nach Wiederaufnahme der deutschen Angriffe zu schweren und verlustreichen Waldkämpfen. Die deutsche Strategie sah vor, mit Einheiten der 5. Armee, vor Allem des XVI. Armeekorps, von Osten nach Westen durch die Argonnen zu stoßen, den französischen Truppen im Bereich der Champagne in die Flanke zu fallen und diese im Zusammenwirken mit der 4. Armee aufzurollen. Einheiten der 33. und 34. preußischen Infanterie-Division (5. Armee) gelang es bis Ende des Monats, aus östlicher Richtung nördlich und südlich der Varenner Straße (heutige D 38) bis zur alten Römerstraße (heutige D 38c) vorzustoßen. Für kurze Zeit konnten die Höhen 263 und 285 eingenommen werden. Teile des Metzer Infanterie-Regiments 98, die im Sturm die Höhe 285 überschritten hatten, drangen westlich bis kurz vor Lachalade in das Biesme-Tal vor. Die Einheiten wurden durch französische Truppen abgeschnitten und nahezu vollständig aufgerieben. Zudem sperrte eine starke französische Position bei Barricade-Pavillon an der Varenner Straße den Vormarsch. Letztendlich gelang Einheiten der 33. preußischen Infanterie-Division (5. Armee) in äußerst harten Kämpfen die Einnahme dieses Stützpunktes. Auch im nördlichen Bereich des Argonnerwaldes konnten Teile der 27. württembergischen Infanterie-Division (4. Armee) nach und nach Gelände im Bois de la Gruerie gewinnen. Bekannte Positionen wie der Bagatelle- und St. Hubert-Pavillon wurden eingenommen. Der geplante Durchbruch konnte jedoch an keiner Stelle erreicht werden.
Mitte Oktober 1914 wurden alle im Argonnerwald eingesetzten Einheiten unter dem Kommando des Führers des XVI. Armeekorps, General Bruno von Mudra, zusammengefasst. Wenn sich auch in den folgenden Monaten der Kleinkrieg um einzelne Positionen fortsetzte, so kam es dadurch doch zu konzentrierteren Aktionen.
Im Februar 1915 entwickelten sich heftige Kämpfe im Abschnitt der 5. Armee. Der deutsche Angriffsplan sah vor, die meist ungünstig gelegenen Stellungen im südlichen Bereich der Varenner Straße sowie weiter westlich auf dem Bolante-Rücken durch einen Angriff insbesondere der Regimenter 98, 130, 135 und 144 vorzuschieben und dabei auch den Höhenzug la Fille Morte sowie die Höhe 285 einzunehmen. Der Angriff scheiterte unter hohen Verlusten an der dritten französischen Linie sowie an der zu dieser Zeit bereits deutlich überlegenen französischen Artillerie. |
Argonnerwald - Kämpfe ab Juli 1915
Im Zeitraum Juli - September 1915 gelang Einheiten der 33. und 34. preußischen Infanterie-Division (5. Armee) sodann die Einnahme der strategisch wichtigen Höhenzüge la Fille Morte und Bolante. Die Franzosen hielten trotz fortgesetzter Angriffsbemühungen ihre Stellungen im Bereich der Kuppe der Höhe 285 und besaßen damit weiterhin eine Beobachtungsmöglichkeit in die umliegenden deutschen Stellungen, vor Allem in den Bereich la Fille Morte. Aus diesem Grund wurden große Tunnelanlagen geschaffen wie der Küpper-Tunnel und der bis 2011 für die Öffentlichkeit zugängliche Kaiser-Tunnel. Diese unterirdischen Anlagen ermöglichten es den Deutschen, unbeobachtet und unbeschadet von den rückwärtigen Stellungen in die vorderen Linien zu gelangen. Um die Höhe 285 wurde fortgesetzt erbittert gekämpft.
Südlich
Binarville entbrannten im Sommer 1915 schwere Kämpfe im Bereich des
Dieusson-Grundes. Dort hatten die Franzosen mehrere neben- und
hintereinander gestaffelte Infanterie-Stützpunkte errichtet, die
Martins-, Central-, Cimetères- und Bagatelle-Werk genannt wurden. Vor dem Martins-Werk lag eine weitere Befestigung, die Labordère-Werk genannt wurde. Einheiten der 27.
württembergischen Infanterie-Division (4. Armee) eroberten in harten
Kämpfen Mann gegen Mann diese Stützpunkte im Zeitraum Juni bis August
1915.
Argonnerwald - Minenkrieg
Ende September 1915 war eine Frontlinie von Höhe 263 am östlichen Rand des Argonnen-Hauptkammes über die Höhe 285, la Fille Morte, Bolante, den Abhang des Biesme-Tales nordöstlich la Harazée bis nördlich der Straße von Vienne-le-Chateau nach Servon-Melzicourt (heutige D 266) erreicht, die in den kommenden Jahren nahezu unverändert blieb. Nach dem Erreichen dieser Linie kam es zum Stellungskrieg. Der undurchdringliche Argonnerwald wich im Kampfgebiet schnell einer Trichterwüste. Rückwärtig errichteten beide Seiten in den Wäldern, Tälern und Dörfern komplette militärische Infrastrukturen durch Voll- und Feldbahn-Anschlüsse, befestigte Nachschubwege, große Lagerkomplexe, Sägewerke, Mineralwasserfabriken, Köhlereien, Lazarette und eine große Anzahl an Artilleriestellungen.
Da oberirdische Angriffe nicht mehr erfolgversprechend waren, verlegte man sich auf den Minenkrieg. Im Bereich der Höhe 285 sowie des westlich anschließenden Höhenzuges la Fille Morte wurde durch die Deutschen ein mehrere Kilometer langes, in sich verbundenes und bis über 40 Meter tiefes Stollensystem mit Pumpanlagen, Stromgeneratoren, elektrischer Luftversorgung, Unterkunfts-Bereichen und Kampfstollen geschaffen. Die Franzosen bedienten sich zumeist einzelner Kampfstollen sowie kleinerer zusammenhängender Minenstollen-Systeme. Hier sowie nördlich über die Bolante wurde bis in den Februar 1918 beiderseits gesprengt. Insgesamt kam es zu mehr als 500 Minensprengungen mit teilweise unvorstellbaren Mengen an Sprengstoff. Im Dezember 1916 explodierte im Bereich des heutigen Beinhauses auf der Haute Chevauchée (Höhe 285) eine deutsche Mine mit über 50 Tonnen Sprengstoff.
Auch an anderen Stellen der Argonnen-Front kam es zum Minenkrieg. Der wohl bekannteste Ort ist das ehemals auf einem Hügel südlich Varennes gelegene Dorf Vauquois, das bei den Kämpfen restlos zerstört wurde. Die gesamte Kuppe des Hügels von Vauquois wurde pulverisiert und wich einer Kette von bis zu 30 Meter tiefen Kratern. Auch hier kam es am 12. Mai 1916 zur Sprengung von ca. 50 Tonnen Westphalit durch deutsche Truppen. Die Explosion entwickelte sich unerwartet heftig, so dass neben etwa 100 französischen auch mehr als ein Dutzend deutsche Soldaten starben.
Argonnerwald - Abwehrschlacht 1918
Im September 1918 endeten die Kämpfe in den Argonnen. Am 25.09.1918 griffen amerikanische und französische Truppen im Rahmen der beginnenden Abwehrschlacht in der Champagne und an der Maas die deutschen Stellungen an. Ehemals hart umkämpfte Bereiche wie la Fille Morte oder die Höhe 285 waren durch die Deutschen zuvor geräumt worden und einer dünnen Vorposten-Linie gewichen. Die in monatelanger Arbeit errichtete Minenkriegsanlage wurde bis auf vereinzelte Horchposten gesprengt oder verdrahtet und dem nachflutenden Grundwasser überlassen. Man verlegte die Verteidigung stützpunktsartig in diverse Auffangstellungen, so die II. Argonnen-Linie nördlich der Varenner Straße (heutige D 38) und den Argonnen-Riegel südlich der Straße Binarville nach Apremont (heutige D 66 bzw. D 442).
Weil das Material sowie die Arbeitskräfte für den ab 1917 geplanten Ausbau dieser Stellungen fehlten, existierten diese im Wesentlichen nur auf den Karten der hinteren Befehlsstellen. Die Stellungen waren vielfach entweder nur mit Kalk auf dem Erdboden markiert oder einige Zentimeter tief zur Kennzeichnung angegraben worden. Im Bereich des Argonnen-Riegels wurden zwar einige Bunker errichtet, es fehlten aber die umliegenden Infanterie-Stellungen, Drahthindernisse sowie die grundlegende Bewaffung mit MG, Geschützen und Minenwerfern. Aus diesen Stellungen vermochten die Deutschen keinen nachhaltigen Widerstand mehr zu leisten. |
Auch wenn die unerfahrenen amerikanischen Einheiten bei den Angriffen massive Verluste erlitten, waren die Deutschen bereits im Oktober 1918 bis nördlich des Argonnerwaldes zurückgedrängt worden. Der Vormarsch der Amerikaner war nicht mehr aufzuhalten und entwickelte sich in unmittelbare Richtung auf das Reichsgebiet. Die nur noch rudimentär existenten deutschen Verbände hatten Anfang November 1918 auf einer Linie Sedan-Inor-Martincourt ihre letzte Verteidigungsstellung (Anwerpen-Maas-Stellung) eingenommen. Obwohl der Abschluss des Waffenstillstandsabkommens für diesen Tag bekannt geworden war und das Ende der Kämpfe unmittelbar bevorstand, nahmen am 11. November gegen 10.00 Uhr Einheiten des 353. US Infanterie-Regiments (89th US Division) Stenay ein, diejenige Stadt, in der der Deutsche Kronprinz Wilhelm bis März 1917 sein Hauptquartier unterhielt und von wo aus die harten Kämpfe der Jahre 1914 bis 1916 im Argonnerwald und bei Verdun maßgeblich gesteuert wurden.
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