la Fille Morte - Minenkrieg
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Die wesentlichen Kämpfe um die Anhöhe la Fille Morte in den Argonnen fanden zeitlich parallel zu den in einem eigenen Beitrag beschriebenen Auseinandersetzungen um die benachbart gelegene Höhe 285 statt. Nachdem der Höhenzug bei den deutschen Angriffsbemühungen des Jahres 1914 bereits einmalig durch das Infanterie-Regiment 98 überschritten werden konnte, geriet er zunächst wieder unter französische Kontrolle. Auf Grund seiner exponierten Lage ermöglichte er den Franzosen Einblicke in das deutsche Hinterland bis weit in den Bereich der Champagne hinein. Aus diesem Grund wurde alles daran gesetzt, la Fille Morte zu erobern.
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Im Zuge eines deutschen Großangriffs am 13. Juli 1915 sollte neben der Höhe 285 auch la Fille Morte durch Einheiten der 33. Infanterie-Division eingenommen werden. Nach insgesamt siebenstündiger Artillerievorbereitung stiegen die Angriffstruppen um 11.30 Uhr aus ihren Unterständen und Gräben. Auf der Bolante brachen Teile des Metzer Infanterie-Regiments 98, ergänzt durch Landwehreinheiten und unterstützt durch mehrere Flammenwerfer, aus Sappenköpfen und Sprengtrichtern hervor, überrumpelten im Nahkampf die gegenüberliegenden Einheiten des französischen Linienregiments 76 und erreichten die befohlene Stellung östlich des Courtes Chausses-Bachs.
Im
westlichen Teil der la Fille Morte gelangte die 67. Infanterie-Brigade zum Einsatz, bestehend aus dem Infanterie-Regiment 135, Teilen der Landwehr-Regimenter
26 und 27 sowie des Infanterie-Regiments 144. Hier
gestaltete sich das Vordringen ebenfalls erfolgreich. Angehörige der 8. Kompanie des Regiments 135 erreichten bereits
gegen 12.00 Uhr die Höhenlinie und konnten diese stellenweise überschreiten. Eine kurzzeitig drohende Einkesselung der weit vorne stehenden Einheiten wurde durch entschlossenes Nachrücken vor Allem der 11. Kompanie des Landwehr-Regiments 26 unter dem Kommando von Lt.d.Res. Gustav Boelkow, verhindert. Boelkow fiel bei diesen Kämpfen und liegt begraben auf der Kriegsgräberstätte Buzancy, Grab 167.
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Am 13. Juli 1915 um 14.00 Uhr war der wesentliche Teil des westlichen Höhenzuges
der la Fille Morte fest in deutscher Hand. Lediglich im Bereich der Brückenschlucht im oberen Meurissons-Tal war der deutsche Vorstoß nur geringfügig voran gekommen. Südlich dieses Taleinschnitts war im Abschnitt des I. und II. Bataillons des Infanterie-Regiments 135 ein Stützpunkt sowie ein kleiner Bereich der Höhe unter französischer Kontrolle verblieben. Dieser ermöglichte es weiterhin, tief in das deutsche Hinterland zu blicken. Die Position wurde "Fille Morte-Küppchen" genannt.
Weiter östlich Richtung Höhe 285 gestaltete sich das Vordringen des I. Bataillons des
Infanterie-Regiments 135 ausgehend der Schwarzen Kuppe schwierig. An
einem starken und von der Artillerie bei dem Vorbereitungsfeuer nicht
gefassten
französischen Stützpunkt am südlichen Hang des Tales stießen
die
Einheiten auf massiven Widerstand. Nur mittels Heranziehung von Teilen
des Infanterie-Regiments 144 und einer geschickten Umfassung durch die
2./135 konnte die Position unter schweren Verlusten genommen werden. Die Stellung bekam den Namen "Steinfestung", bei den Franzosen hieß sie "Reduit de Meurissons". Gegen 16.00 Uhr gelangten die letzten Angriffstruppen auf den westlichen Teil der Fille Morte und gruben sich ein.
An den Einsatzraum der 67. Brigade schloss sich die 66. Brigade unter dem Grafen von Holnstein an. Zum Einsatz kamen Teile des Infanterie-Regiments 130, des Jäger-Bataillons 6 sowie des Pionier-Bataillons 29 unter Hauptmann Schimpff. Angriffziel war der Ostteil der Fille Morte sowie der Sattel zwischen dieser und der Höhe 285. Auch diese Angriffsgruppe stieß im oberen Meurissons-Tal auf Widerstand, diesmal durch einen schweren französischen Minenwerfer. Nachdem die zuletzt nur noch aus einem Hauptmann bestehende Besatzung des Werfers ausgeschaltet war, gelang unter Hinzunahme zweier Kompanien des Regimentes 144 die Einnahme des östlichen Teils der Fille Morte. Vereinzelt gingen die Sturmtruppen über die befohlene Linie hinaus und drangen bis in die französischen Artilleriestellungen vor. Dort konnten mehrere Geschütze unbrauchbar gemacht und große Mengen Munition gesprengt werden.
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Nachdem weiter östlich durch das Sturm-Bataillon Nicolai (I./IR 130) sowie Teile des 26. Landwehr-Regimentes die Nordseite der Höhe 285 eingenommen und in der Folge gegen mehrere französische Angriffe gehalten werden konnte, war am Abend des 13. Juli 1915 eine zusammenhängende Kampffront erreicht, die sich von der Bolante nach la Fille Morte, die Höhe 285, über das nördlich des Cheppe-Bachs befindliche Gelände bis auf die Höhe 263 erstreckte. Zwar versuchten die Franzosen in den folgenden Tagen wiederholt und mit frischen Kräften die Rückeroberung der Höhenlinie. Unter Aufbietung aller Reserven, mit denen auch Einheiten der aktiven Regimenter 120 und 144 sowie des Landwehr-Regiments 124 zum Einsatz kamen, konnte die gewonnene Stellung gehalten werden.
Die deutschen Erfolge am 13. Juli 1915 waren aus zwei Gründen bemerkenswert: Einerseits war das deutsche Vorhaben durch einen deutsch-polnischen Überläufer aus der 4. Kompanie des Infanterie-Regiments 98 mit Namen Batulla an die Franzosen verraten worden. Andererseits hatten die Franzosen für den 11. Juli selbst einen Großangriff im gesamten Argonnen-Abschnitt geplant, der aus Prestigegründen auf den französischen Nationalfeiertag am 14. Juli 1915 verschoben wurde. Mit diesem Angriff wollten die Franzosen im östlichen Bereich bis zur Varenner Straße (heutige D 38) vorstoßen und die deutsche Argonnenfront seitlich aufrollen. Auf französischer Seite war hierfür das komplette 5. Armeekorps vorgesehen, das zum Zeitpunkt des deutschen Angriffs am 13. Juli 1915 jedenfalls doppelt so stark war wie das deutsche Truppenkontingent. Zudem lagen Unmengen an Artilleriemunition bereit. Nach dem 13. Juli 1915 musste der französische Angriff im Wesentlichen auf den westlichen Bereich der Argonnen beschränkt werden, da östlich nahezu die gesamte Artilleriemunition bei der Bekämpfung des deutschen Vorstoßes verschossen worden war. Doch auch im westlichen Bereich der 27. Württ. Infanterie-Division blieb der französische Angriff nahezu vollständig ohne Geländegewinn. Der 13. Juli 1915 hatte sich zu einem schwarzen Tag für die Franzosen entwickelt.
Nach dieser Kampfphase stand zunächst der Ausbau der gewonnenen Stellungen im Vordergrund. Mittels des Vortriebs von Sappen sowie deren Verbindung entstand die neue vorderste Linie, von der aus sofort Minenstollen zur Abwehr feindlicher Sprengungen gegraben wurden. Unterstützt wurden die durch die Kämpfe schwer mitgenommenen Einheiten von Teilen der sächsischen Infanterie-Brigade 183, die bis dahin als Heeresreserve gedient hatte. Im Bereich der 10. Kompanie des Infanterie-Regiments 135 wurden bei diesen Stellungsarbeiten am 28. Juli 1915 zwei verwundete Musketiere aufgefunden, die seit dem Sturmangriff am 13. Juli 1915, also für länger als zwei Wochen, im Niemandsland ausgeharrt hatten. Die Rettung dieser völlig entkräfteten Soldaten, die sich nur von ihrer eisernen Ration, von Gräsern, Würmern und Regenwasser, ernährt hatten, grenzte an ein Wunder.
Bei dem I. Bataillon des Infanterie-Regiments 135 gestaltete sich die Situation schwierig. Der im Bereich der Brückenschlucht verbliebene französische Stützpunkt musste beseitigt werden, da es zu einer Lücke zwischen der 1./IR 135 und der 3./IR 135 gekommen war, ebenso war eine Verbindung zu der sich westlich anschließenden 4./IR 135 nicht vorhanden. Durch die 1./IR 135 wurde ab Mitte Juli 1915 damit begonnen, eine Sappe bis etwa 25 Meter an den feindlichen Stützpunkt heran zu treiben. Am 07. August 1915 erfolgte der Angriff durch die 1./IR 135 und 4./IR 135, der zur Einnahme des Stützpunktes führte. Französischerseits wurde in den folgenden Tagen mehrfach die Rückgewinnung versucht, dies jedoch erfolglos.
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Am 20. September 1915 wurde eine Neueinteilung der Abschnitte vorgenommen. Derartige Umgruppierungen riefen vielfach Mißstimmungen in der Truppe hervor. Häufig kam es dazu, dass Einheiten, die penibel Stellungsbau betrieben hatten, in einen vernachlässigten Abschnitt einrücken mussten. Grund für die Truppenverschiebungen war der bereits am 9. September befohlene Angriff im Bereich der 33. Infanterie-Division, der die Deutschen in den Besitz der letzten Reste des Höhenzuges bringen sollte. Sowohl von der Höhe 285 als auch von dem "Fille Morte-Küppchen" hart südlich der Brückenschlucht waren die Franzosen weiterhin zu einer günstigen Beobachtung der deutschen rückwärtigen Stellungen in der Lage. Vor dem Winter sollte diese Situation bereinigt werden. Mit der Vorbereitung des Angriffs wurde die 67. Infanterie-Brigade unter Generalmajor Georg Mühry beauftragt.
Der Angriff war für den 27. September 1915 vorgesehen und wegen nicht abgeschlossener Vorbereitungen zunächst auf den 02. Oktober 1915 verschoben worden. Am 25. September 1915 startete nach mehr als 70-stündigem Vorbereitungsfeuer die als Herbstschlacht in der Champagne bekannt gewordene französische Großoffensive gegen die Stellungen der 3. Armee. Seitens des XVI. Armeekorps wurden ab dem 25. Oktober zur Stärkung der deutschen Verteidigung Truppenteile abgegeben, so unter Anderem das zusammengesetzte Regiment Laegeler, bestehend aus Einheiten der württembergischen Regimenter 120, 123 und 124. Zugleich erwies es sich als notwendig, unverzüglich in den Argonnen anzugreifen, um französische Truppen zu binden und die Champagne-Front zu entlasten. So wurde der Angriffstermin wieder auf dem 27. September 1915 vorgezogen.
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Aus dem Kontingent der 67. Brigade wurden zwei Angriffsgruppen gebildet, eine rechte unter Oberstleutnant Schmitt (IR 135) im Bereich Bolante und westliche Fille Morte und eine linke unter Generalmajor Stamm (LIR 26) östlich anschließend bis Höhe 285. Beteiligt waren Einheiten der aktiven Regimenter 98, 130, 135, der Landwehr-Regimenter 26, 32, 124, der Jäger-Bataillone 5 und 6, des Pionier-Bataillons 16 und des Reserve-Pionier-Bataillons 20. Gegen 10.30 Uhr begann das Vorbereitungsfeuer der Artillerie. Um 14.00 Uhr startete der Infanterieangriff.
Während die Einheiten der Kampfgruppe Schmitt, vorrangig die Bataillone I und II des Infanterie-Regiments 135, bis zum frühen Nachmittag die Höhenlinie der la Fille Morte im Sturm hatten nehmen können und sogar die überraschend geräumte vorderste französische Stellung noch besetzten, gestaltete sich das Vordringen im Bereich der Kampfgruppe Stamm in Richtung der Höhe 285 schwieriger. Zwar erreichte das 6. Jäger-Bataillon gegen 2.15 Uhr die befohlene Linie auf dem Sattel zwischen la Fille Morte und Höhe 285, ebenso die links anschließenden Einheiten des Infanterie-Regiments 98 die westliche Kuppe der Höhe 285. Die weiter östlich angreifenden Truppen blieben jedoch dicht vor den eigenen Ausgangsstellungen liegen. Im Laufe des Nachmittags traten massive Verluste ein, so dass gegen Abend der Rückzug der Jäger eingeleitet wurde. Zwar wurde die sofortige Wiedereinnahme der Stellung befohlen, die Franzosen waren aber bereits nachgerückt. Hierdurch gerieten die westlich anschließenden Einheiten, vor Allem die 8./IR 135 unter Hauptmann Schreiner, in eine bedenkliche Lage. Unter Aufbietung aller verfügbarer Männer, Ordonanzen, Melder und Burschen konnten die französischen Angreifer zurückgedrängt werden. Mittels weiterer Reserven gelang es dem Abschnittskommandeur Hauptmann Müller, den Anschluss zwischen beiden Kampfgruppen herzustellen und eine durchgehende Linie zu schaffen. Im Verlauf des 28. September 1915 konnten mehrere französische Gegenangriffe abgeschlagen werden.
Während die Einheiten der Kampfgruppe Schmitt, vorrangig die Bataillone I und II des Infanterie-Regiments 135, bis zum frühen Nachmittag die Höhenlinie der la Fille Morte im Sturm hatten nehmen können und sogar die überraschend geräumte vorderste französische Stellung noch besetzten, gestaltete sich das Vordringen im Bereich der Kampfgruppe Stamm in Richtung der Höhe 285 schwieriger. Zwar erreichte das 6. Jäger-Bataillon gegen 2.15 Uhr die befohlene Linie auf dem Sattel zwischen la Fille Morte und Höhe 285, ebenso die links anschließenden Einheiten des Infanterie-Regiments 98 die westliche Kuppe der Höhe 285. Die weiter östlich angreifenden Truppen blieben jedoch dicht vor den eigenen Ausgangsstellungen liegen. Im Laufe des Nachmittags traten massive Verluste ein, so dass gegen Abend der Rückzug der Jäger eingeleitet wurde. Zwar wurde die sofortige Wiedereinnahme der Stellung befohlen, die Franzosen waren aber bereits nachgerückt. Hierdurch gerieten die westlich anschließenden Einheiten, vor Allem die 8./IR 135 unter Hauptmann Schreiner, in eine bedenkliche Lage. Unter Aufbietung aller verfügbarer Männer, Ordonanzen, Melder und Burschen konnten die französischen Angreifer zurückgedrängt werden. Mittels weiterer Reserven gelang es dem Abschnittskommandeur Hauptmann Müller, den Anschluss zwischen beiden Kampfgruppen herzustellen und eine durchgehende Linie zu schaffen. Im Verlauf des 28. September 1915 konnten mehrere französische Gegenangriffe abgeschlagen werden.
Zwar erschien die Situation im Bereich der Höhe 285 der Führung des XVI. Armeekorps nicht zufriedenstellend, Gleichwohl wurde auch wegen der starken Beanspruchung der Truppen durch die bisherigen Angriffe und mangels nennenswerter Reserven von weiteren Angriffsversuchen abgesehen. Im Folgenden wurde die gewonnene Linie ausgebaut und blieb für die kommenden drei Kriegsjahre quasi unverändert.
Bereits ab Oktober 1915 erfolgte bis in das Jahr 1916 hinein die schrittweise Ersetzung der 33. Infanterie-Division durch Truppen der 86. Infanterie-Brigade. In Abschnitt des Infanterie-Regiments 135 auf der östlichen Bolante und la Fille Morte rückte das 9. Lothringische Infanterie-Regiment 173 ein. Mitte November 1915 gelangte als letztes Bataillon das II./IR 173 unter Major Hermann Wülfing, dem späteren Kommandeur des Regiments, in die Kampffront. Wülfing war Namensgeber diverser Stellungsbereiche in diesem Frontabschnitt, so eines Grabens und eines Stützpunkts im Bereich des Süd-Grundes.
Die Stellungen der Franzosen lagen unterhalb der deutschen Gräben am nördlichen Hang des Courtes-Chausses-Tales, was einerseits nachteilig war, ihnen andererseits aber die Möglichkeit bot, Minenstollen tiefer anzusetzen. Aus diesem Grund waren auf deutscher Seite verstärkte Minierarbeiten befohlen worden und der wechselseitige Minenkrieg intensivierte sich. |
Der Jahreswechsel 1915/1916 gestaltete sich äußerst regnerisch, was dazu führte, dass auf beiden Seiten oberirdisch der Stellungsbau im Vordergrund stand. Unterirdisch wurde intensiv der Minenkrieg betrieben und wechselseitig erfolgten eine immer höhere Anzahl an Sprengungen unterschiedlicher Stärke. Auf beiden Seiten war man bestrebt, zu einer stillschweigenden Übereinkunft hinsichtlich der Sprengzeiten zu gelangen. Die Franzosen sprengten zunächst morgens zwischen 7.45 und 8.45 Uhr, die Deutschen nachmittags um 5.45 Uhr. Später einigte man sich insgeheim auf verbindliche Sprengzeiten in den Nacht- und den frühen Morgenstunden zwischen 03.00 und 07.00 Uhr.
Es wurde ab Ende 1915 verstärkt damit begonnen, unterirdische Tunnel zu graben, um Schutzräume zu schaffen und aus dem Rückraum, so insbesondere aus dem Lagerkomplex Lehmannschlucht sowie
dem Nord-Grund, gedeckt in die vordere Stellung zu gelangen. Im
Bereich eines Ende 1915 geschaffenen Stützpunktes, der Waffenplatz genannt wurde, entstanden
mehrere Stollen, die später miteinander verbunden und Teil des
Küpper-Tunnels wurden. Weiter östlich wurde durch die Kronprinzenhöhe
vom Süd-Grund aus ein weiterer, mit Nebengängen knapp 500 Meter langer Tunnel in den Nord-Grund gegraben,
um das im Süd-Grund ungünstig gelegene Lager weiter nach hinten zu verlegen und
mit den vorderen Stellungsbereichen zu verbinden. Der Tunnel erhielt den
Namen Kaiser-Tunnel. Er beherbergte ein Lazarett mit Operationsraum sowie eine elektrische Kraftstelle, bestehend aus einem Schiffsmotor, durch den auch die Versorgung des dortigen Abschnitts der Minenkriegsanlage mit Strom gewährleistet wurde. Im März 1916 ergänzte man die Anlage um eine
Verbindung bis in den zweiten vordersten Graben, die
Bataillonstunnel genannt wurde sowie später noch um den Ortliebtunnel, der aus dem Nordgrund nach hinten Anschluss an den oberhalb des Nord-Grundes verlaufenden Siebenschläfergraben erhielt,
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Über den Frühling und Sommer 1916 hinweg setzte sich der Minenkrieg besonders im mittleren Bereich der Fille-Morte-Stellung mit steigender Intensität fort. Nach einer Minensprengung stürmten bereit stehende Truppen jeweils den entstandenen Trichter und richteten sich an den dem Feind zugewandten Rändern zur Verteidigung ein. Der Gegner war bemüht, die Stellungsverschiebung durch Gegenangriffe und Artilleriefeuer zu unterbinden. So vergingen die Monate mit verlustreichem Kampf über und unter der Erde. Es entstand entlang der vorderen Linie eine durchgehende Trichterkette auf einer Länge von etwa drei Kilometern.
Um den 15. August 1916 wurde das Infanterie-Regiment 173, das die Argonnen-Kämpfe der Jahre 1915 und 1916 maßgeblich geprägt hatte, aus der Front gezogen. Nach nur wenigen Tagen Ruhe erfolgte bereits ab dem 21. August 1916 sein Einsatz mit dem XVI. Armeekorps in der Schlacht bei Verdun. Im Abschnitt Thiaumont-Ferme und Fleury kämpfte das Regiment bis Oktober 1916. In nur 16 Kampftagen erlitt die Einheit massivste Verluste von etwa 1.000 Mann. |
Die Argonnen waren in der zweiten Jahreshälfte 1916 zu einem vergleichsweise ruhigen Frontabschnitt geworden, so dass wechselnde Einheiten kurzzeitig dorthin zur Auffrischung und Erholung aus anderen Kampfbereichen wie der Champagne, Verdun und der Somme beordert wurden.
Im November 1916 kamen Einheiten der 6. preußischen Infanterie-Division in den östlichen Argonnen-Abschnitt, so auch das Ruppiner Infanterie-Regiment 24, das maßgeblich an der Einnahme des Fort de Douaumont im Februar 1916 beteiligt war. In der Regimentsgeschichte des Hauptmanns a.D. Cordt von Brandis aus dem Jahr 1930 findet sich eine lesenswerte Beschreibung dieses Argonnen-Einsatzes, die die Details der Kämpfe greifbar macht. |
Diverse Ausarbeitungen berichten, dass es während des Einsatzes des Regiments am 12. Dezember 1916 auf Höhe 285 zur Sprengung einer deutschen Mine mit mehr als 52 Tonnen Westfalit gekommen sei. Die Darstellung ist fraglich, denn es findet sich in den französischen Truppenakten keine Bestätigung. Zwar gibt es Angaben zu einer Sprengung auf la Fille Morte. Auch findet sich in der Geschichte des IR 24 auf Seite 304 der Hinweis auf eine Sprengung von über 1.000 Zentnern. Das Regiment wurde jedoch ab dem 12. Dezember 1916 vom IR 477 abgelöst und westlich auf Bolante eingesetzt. Es erscheint zweifelhaft, dass eine derartige Großsprengung in diesen Ablösungs-Vorgang hinein erfolgte. Da die Akten der beteiligten Pionier-Einheiten 1945 in Potsdam verbrannten, lässt sich der Zeitpunkt der Sprengung nicht mehr seriös festlegen.
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Nachdem der östliche Argonnenabschnitt in der ersten Hälfte des Jahres 1917 weiterhin von wechselnden Einheiten besetzt war, wurde er ab August 1917 bis zum Ende der Kämpfe im September 1918 Einsatzraum der 2. württembergischen Landwehr-Division.
Da man östlich der Argonnen einen feindlichen Großangriff erwartete, tauschte man die dort eingesetzten Landwehr-Einheiten gegen die zu dieser Zeit in den Argonnen stehende 2. Königl. Bayer. Infanterie-Division aus, die man für stärker hielt. So wurde der Bereich der Höhe 285 und la Fille Morte ab August/September 1917 Einsatzraum der württembergischen Landwehr-Infanterie-Regimenter 120 und 125. Westlich stand das Landwehr-Infanterie-Regiment 122 auf der Bolante. Der Divisionsabschnitt war von West nach Ost in drei Unterabschnitte aufgeteilt: Abschnitt D (LIR 122, Bolante), Abschnitt E (LIR 120, la Fille Morte) und Abschnitt F (LIR 125, Höhen 285/263). |
Bis
zum Jahresende beschränkten sich beide Seiten auf
Stoßtruppunternehmungen. Auch die Artillerie wurde lediglich passiv zur
Vergeltung von gegnerischen Patrouillen-Vorstößen sowie zur Störung des
Nachschubs und Stellungsbaus eingesetzt. Der Minenkrieg wurde
vorwiegend defensiv, wenn auch mit ungebrochener Intensität, geführt,
indem viele kleinere Sprengungen zum Abquetschen des gegnerischen
Stollenvortriebs erfolgten.
Ab Februar 1918 trat ein grundlegender Strategiewechsel ein. Auf deutscher Seite war man bemüht, den Minenkrieg zu beenden und die dafür eingesetzten Pionier- und Hilfstruppen anderweitig zu verwenden. Man ging zu einer elastischeren Verteidigungstaktik über, indem die ehemalige dritte Linie als Hauptwiderstandslinie festgelegt und die beiden vorderen Gräben lediglich mit Feldwachen und schwachen Postierungen besetzt wurden. Im Rückraum hatte man bereits 1917 damit begonnen, weitere Auffanglinien zu errichten, so die II. Argonnen-Linie nördlich der Varenner Straße (heutige D 38) sowie den Argonnen-Riegel zwischen Binarville und Apremont. Mangels genügender Arbeitskräfte und wegen fehlenden Materials sowie Bewaffnung, existierten diese Stellungen jedoch vorwiegend nur auf dem Papier.
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Gleichwohl wurde die Hauptwiderstandslinie im September 1918 weiter nach hinten verlegt und zwar in die II. Argonnen-Linie. Die vorherige Haupt-Widerstands-Linie wurde zur Rückhalt-Linie und bis zur ehemaligen vordersten Stellung ergab sich ein tiefes Vorfeld. Im Bereich der vordersten Stellung verblieben lediglich vereinzelte Feldwachen, die im Falle eines Angriffs Vernichtungsfeuer anzufordern und sich sodann zurückzuziehen hatten. Die Minenkriegsanlage wurde aufgegeben, teilweise gesprengt, verdrahtet und ansonsten dem nachflutenden Grundwasser überlassen. Auch auf französischer Seite hatte man die Tiefengliederung der Truppen erhöht und die vorderen Stellungsbereiche einschließlich der eigenen Minenkriegseinrichtungen stark ausgedünnt. So kam es bis September 1918 lediglich noch zu vereinzelten Stoßtruppunternehmen und Artillerieüberfällen.
Mitte
September 1918 wurde an Hand von verstärktem feindlichen Verkehr auf
allen Zufahrtsstraßen klar, dass ein Großangriff unmittelbar bevorstand.
Auf Grund der geänderten Kampfesweisen war es schwer geworden, Gefangene einzubringen, um so festzustellen, welche Einheiten auf Feindseite eingesetzt waren. Mittels strikter Geheimhaltung, insbesondere durch das Verbot der Benutzung der englischen Sprache sowie in Amerika bewusst lancierter Presseberichte, wonach lediglich auf dem Ostufer der Maas angegriffen würde, konnte erst am 25.
September 1918 aufgeklärt werden,
welcher Feind den deutschen Landwehr-Einheiten gegenüber stand: Es waren Amerikaner. Bis dahin war man sich sicher gewesen, dass ein rein französisches Angriffsunternehmen bevorstand. Der Einsatz amerikanischer Truppen wurde bei Verdun, St. Mihiel oder in der Champagne für möglich gehalten, nicht jedoch in den Argonnen.
Am frühen Morgen des 26. September 1918 gegen 05.30 Uhr drangen im zentralen Argonnerwald amerikanische Einheiten der 77th Infantry Division nach starkem Artillerie-Vorbereitungsfeuer bis
weit in das deutsche Stellungssystem vor. Die Division, die ihre Garnison in Trotten, New York, hatte, war im April 1918 in England angelandet und eine der ersten amerikanischen Einheiten auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Östlich davon im Aire-Tal griff die 28th US Infantry Division gegen Stellungen der 1. Garde-Division an. Die Garde-Regimenter waren gerade erst aus den schweren Kämpfen am Chemin des Dames herausgezogen worden und bestanden lediglich noch aus einem Bruchteil ihrer eigentlichen Truppenstärke. Westlich bis in den Bereich der Champage standen französische Einheiten der 4. Armee, vor allen Dingen das XXXVIII. Korps, zum Angriff gegen die deutsche 9. Landwehr- und 76. Reserve-Divison bereit.
Ab
dem 27. September 1918 erweiterten die
amerikanischen Einheiten der 28th US Infantry Division östlich des
Argonnen-Hauptkammes im Aire-Tal gegen die schwachen Kräfte der 1.
Garde-Division ihren Vormarsch. Die Garde-Einheiten waren zu einer
Verteidigung nicht mehr in der Lage und nach Beginn des Angriffs in
Auflösung begriffen. Die 2.
Landwehr-Division wurde durch das Vorrücken der Amerikaner in ihrer
Flanke bedroht. Zwar konnte die II. Argonnen-Linie den gesamten 27.
September 1918 noch gehalten werden. Am Abend kam jedoch der Befehl zum
Rückzug auf den Argonnen-Riegel zwischen Binarville und Apremont. Obwohl
die deutschen
Truppen unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Reserven noch einige
Zeit hinhaltend kämpften und den Amerikanern an einzelnen neuralgischen
Punkten wie etwa dem Butte de Montfaucon große
Verluste zufügten, war die Front bis Ende Oktober 1918 aus
dem Argonnerwald heraus verlegt. Die gegnerische Übermacht an Truppen und
Material war erdrückend und eine weitere Verteidigung aussichtslos. Bei
den teils überhasteten Rückzugsbewegungen gingen große Mengen an
Material sowie nahezu die gesamte deutsche Artillerie verloren, was eine
effektive Verteidigung unmöglich machte.
Damit endete nach nur wenigen Tagen intensiver Kämpfe und nahezu exakt
vier Jahre nach seinem Beginn der
Krieg im Argonnerwald.
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Heute ist auf la Fille Morte und Höhe 285 Ruhe eingekehrt. Vor einigen Jahren wurde durch die zuständige Forstbehörde ONF ein Rundweg angelegt, der vom Denkmal auf Höhe 285 durch das deutsche Stellungssystem bis hinab in den Süd-Grund und wieder hinauf entlang der großen Minentrichter führt.
Im Süd-Grund konnte bis 2011 der touristisch erschlossene Kaiser-Tunnel sowie ein kleines Museum erkundet werden. Betreut wurde die Anlage maßgeblich durch Michel Holubowski (+15.12.2017), den ehemaligen Präsidenten des l’office de tourisme de Clermont-en-Argonne. An jedem ersten Sonntag in den Sommermonaten wurde ein Besuchertag abgehalten, bei dem Monsieur Holubowski sein berühmtes Kalbsragout persönlich aus einer Feldküche verteilte. Im Zusammenhang mit Querelen zwischen einzelnen Verantwortlichen und aus Gründen vermeintlich mangelnder Sicherheit musste der Tunnel 2011 für die Öffentlichkeit geschlossen werden. Eine Wiedereröffnung ist nicht absehbar, denn die Instandsetzungskosten sind mit mehr als einer Million Euro zu hoch und seriöse Investoren sind nicht vorhanden.
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Mit der Schließung der Anlage entgehen dem l´office de tourisme jährlich ca. 70 % der vorherigen Einnahmen. Man hatte ambitionierte Pläne. So sollte mit weiterer staatlicher Unterstützung ein ca. 200 Meter breiter Abschnitt der deutschen Stellung authentisch restauriert und museal erschlossen werden, ein Novum in ganz Frankreich. Leider ergab sich auch für dieses interessante Projekt keine seriöse Finanzierungsmöglichkeit. Nach dem Regierungswechsel in Frankreich im Jahr 2012 wurden durch die damalige Regierung unter dem Präsidenten Sarkozy bereits zugesagte Fördermittel seitens der folgenden sozialistischen Regierung wieder storniert und bis heute nicht wieder aufgelegt.
Um die deutschen und französischen Stellungen sowie vor allen Dingen die Reste des Minenkrieges bemüht sich ein französischer Verein, die Association des Amis de Vauquois et sa Région. Regelmäßig finden behördlich genehmigte Projekte statt, bei denen die Überbleibsel der Kämpfe in den Argonnen erforscht und als mahnendes Zeichen für die Nachwelt restauriert und erhalten werden.