Serrouville - Moulin-au-Bois - damals und heute -
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Im Tal des Bachs la Crusnes zwischen den Ortschaften Fillières und Serrouville (heutige D 16) findet sich ein im Jahr 1859 errichteter Bildstock (Calvaire). Das unscheinbare Bauwerk kann eine interessante Geschichte aus den frühen Tagen des Ersten Weltkriegs erzählen.
Ab dem 18. August 1914 begann der Deutsche Vormarsch gegen Frankreich. Da auch die Franzosen mit ihrem Plan XVII wie die Deutschen mit dem Schlieffen-Plan trotz der deutlichen militärischen Unterlegenheit eine offensive Strategie verfolgten, kam es im ehemals deutsch-französischen Grenzgebiet sowie auf belgischem Territorium zu ersten, teils heftigen Kämpfen. Diese gingen als so genannte Grenzschlachten in die Geschichte ein. Sie hatten tausende Opfer zur Folge. Es kam zu deutschen Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung. |

Moulin-au-Bois WP | |
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Am 21. August 1914 versammelte sich das zur fünften Armee des Deutschen Kronprinzen Wilhelm gehörende XVI. Armeekorps (33. und 34. Infanterie-Division) unter dem Kommando des Generals von Mudra im Raum Aumetz, ca. 15 Kilometer westlich der ehemals deutschen Festungsstadt Diedenhofen, dem heutigen Thionville. Ziel war es, mit energischem Vorgehen die Maas zu erreichen und dafür zunächst den vermuteten französischen Widerstand im Bereich der Ortschaft Mercy-le-Bas zu überwinden.
Die 33. Infanterie-Division sollte links über Joppécourt direkt gegen Mercy-le-Bas vorgehen. Die 34. Infanterie-Division bekam den Befehl, über Errouville und Serrouville zunächst den auf einem Plateau gelegenen Ort Fillières zu nehmen. Nachdem die Ortschaften Errouville und Serrouville kampflos gefallen waren, meldeten vorgehende Patrouillen, dass der Ort Fillières durch französische Truppen besetzt sei. Die Franzosen hatten östlich Fillières und am Dorfrand starke vordere Stellungen besetzt. Auf dem Kirchturm war ein MG-Posten eingerichtet. Am Morgen des 22. August 1914 sollte der Angriff beginnen. Die Einnahme des Ortes wurde dem zur 34. Division gehörenden Infanterie-Regiment 67 aus Magdeburg aufgetragen. Die Kompanien marschierten ausgehend Serrouville durch das Tal des Bachs la Crusnes und erstiegen die Höhen östlich Fillières. |
Als sie etwa 400 Meter östlich des Dorfrandes aus dem Wald heraustraten, wurden sie sofort mit Massenfeuer der französischen Infanterie und der Maschinengewehre überschüttet. Der Ort wurde verteidigt durch das in Eilmärschen herangeführte französische Infanterie-Regiment 154. Erst nach längerem Feuergefecht konnte die französische Vorstellung im Sturm genommen werden und die deutschen Truppen drangen in die Ortschaft ein. Hier kam es zu heftigen Nahkämpfen. Die Franzosen räumten nach einiger Zeit ihre Positionen und zogen sich auf ihre Hauptstellung westlich Fillières zurück. Nun kamen die Deutschen im Ort unter das Feuer der gedeckt stehenden französischen Geschütze. Es kam zu weiteren Verlusten, da es etwa eine Stunde dauerte, bis die französischen Artilleriestellungen ausgeschaltet waren.
Erst gegen 20.00 Uhr am Abend konnte unter Zuhilfenahme von Reserven die französische Hauptstellung genommen und Fillières damit endgültig erobert werden. Der Ort und seine Umgebung bot ein Bild des Schreckens. Überall in den teils brennenden Ruinen lagen gefallene und verwundete Soldaten beider Seiten und auch Zivilisten. Überlebende Einwohner hockten verängstigt in den Kellern, rannten verstört umher oder knieten betend auf den Straßen. Es kam auch hier zu Plünderungen und Erschießungen von Bewohnern durch deutsche Soldaten. Der militärische Erfolg des Tages war das Zurückwerfen der französischen Verteidigung an und über den Fluss Chiers in den Raum um die Stadt Longuyon. |
In der ehemals nahe des Bildstocks liegenden Mühle von Serrouville, die die Franzosen Moulin-au-Bois nannten, hatten die Deutschen einen Verbandsplatz eingerichtet. Nach Schilderungen von Mitkämpfern beider Seiten wurden hier etwa 1.000 Verwundete, Deutsche und Franzosen, unter tatkräftiger Mithilfe der Müllersleute versorgt. Von der Mühle sind heute nur noch Schutthügel erhalten.
Nach dem Ende der Kämpfe wurden im Bereich des Bildstocks durch deutsche Soldaten mehrere Offiziere und Mannschaften beider Seiten vorübergehend beigesetzt. Von dem Infanterie-Regiment 67 waren das unter Anderem der Oberleutnant Weber, Führer der 10. Kompanie, sowie der Führer des 2. Bataillons, Major Fritz von Schlieben. Die Umstände ihres Todes finden sich knapp abgehandelt in der Regimentsgeschichte. Olt. Weber (vgl. Seite 14) sei westlich Fillières beim Vorgehen auf den Ort durch eine Schrapnellkugel tödlich getroffen worden. Major von Schlieben (vgl. Seite 13) sei als einer der ersten Soldaten gefallen, als er am Waldrand östlich Fillières beim Anzünden einer Zigarette während der Befehlsausgabe durch ein französisches Infanteriegeschoss tödlich in die Stirn getroffen wurde.
Auf einer der unteren Postkarten ist zudem das Grab eines französischen Offiziers zu erkennen. Hierbei handelte es sich um den Lieutenant Rollet, Führer der 12. Kompanie des französischen Infanterie-Regiments 154. Aus der Truppenakte (vgl. Seite 7 f.) ergibt sich, dass er mit weiteren Offizieren in deutsche Hände fiel und sein Schicksal, ob gefallen oder verwundet, zunächst ungeklärt blieb. Er starb im Bereich der Mühle von Serrouville an seinen Verletzungen und wurde am 24. August 1914 an dem Bildstock mit einem weiteren französischen Soldaten beigesetzt.
Der Verbleib des Oberleutnants Weber sowie des französischen Lieutenants Rollet konnte bislang nicht ermittelt werden. Berichtet wird, dass die Frau des Oberleutnants Weber nach den Kämpfen das Grab inspiziert habe und erfreut über die geschmackvolle Gestaltung gewesen sei. Für Major Fritz von Schlieben wurde an seinem Geburtstag, dem 19.09.1914, durch dessen Ehefrau ein prunkvolleres Kreuz errichtet, das die Inschrift trug: "Dem fürs Vaterland gefallenen treuen Gatten und Vater Major v. Schlieben. An seinem Geburtstage, 19. 9. 14". Von Schlieben ruht heute auf der deutschen Kriegsgräberstätte Berlin-Zehlendorf I, Grab 56.
Nach dem Vorrücken der Front Richtung Westen wurde Serrouville, wie nahezu alle anderen Orte im Osten Frankreichs, Teil der deutschen Etappe. Aus dem Ort existieren weitere zeitgenössische Fotografien, die das Leben der deutschen Soldaten zeigen.