Herbebois und la Wavrille 1916-1918 -
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Das Herbebois ist ein schluchtenreiches Waldgebiet, das südlich der Ortschaft Azannes-et-Soumazannes und westlich des Ortes Gremilly liegt. Der Bereich war im Februar 1916 einer der wesentlichen Ausgangspunkte des deutschen Angriffs auf den Festungsgürtel von Verdun. Ab September 1918 war das Herbebois Schauplatz erbitterter deutscher Abwehrbemühungen, die bis zum Waffenstillstand am 11. November 1918 andauerten.
Herbebois 1917 Map | |
File Size: | 193 kb |
File Type: | kmz |
Angriff - 21. - 24. Februar 1916
Der Befehl des Deutschen Kronprinzen Wilhelm - Führer der 5. Armee - für den beabsichtigten Angriff auf Verdun begann mit den bekannten beiden Sätzen:
"Der Entschluß, die Festung Verdun in beschleunigtem Verfahren wegzunehmen, beruht auf der erprobten Wirkung der schweren und schwersten Artillerie. Zu diesem Verfahren ist die uns vorteilhafteste Angriffsfront zu wählen und nach erfolgter Wahl der Einsatz der Artillerie derart massiert zu bemessen, dass der Einbruch der Infanterie gelingen muß."
Besonders im Bereich des Herbebois sollte sich zeigen, dass die Erwartung eines jeden französischen Widerstand brechenden Artillerie-Vorbereitungsfeuers selbst bei dem Einsatz von mehr als 1.200 deutschen Geschützen und etwa 150 Minenwerfern auf gerade einmal 20 Kilometer Angriffsfront zu optimistisch war.
Das Herbebois befand sich im Angriffsstreifen des III. Armeekorps (6. Infanterie-Division) unter dem Kommando des Generals Ewald von Lochow. Für den Angriff waren das Infanterie-Regiment Großherzog Friedrich Franz II von Mecklenburg Schwerin (4. Brandenburgisches) Nr. 24 sowie das Infanterie-Regiment General-Feldmarschall Prinz Friedrich Karl von Preußen (8. Brandenburgisches) Nr. 64 vorgesehen. Vorneweg sollten Teile des Sturm-Bataillons Nr. 5 (Rohr) der Infanterie den Weg bahnen. Die deutschen Stellungen lagen südwestlich Azannes im Bereich des Kap der Guten Hoffnung (Cap de Bonne Espérance). Zu den französischen Stellungen war freies Gelände auf einer Strecke bis zu 1.000 Metern zu überqueren.
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Auf französischer Seite stand westlich die 72. Infanterie-Division sowie im Bereich des Herbebois und la Wavrille die 51. Reserve-Division unter dem Kommando des Generals Boulangé mit Teilen der Infanterie-Regimenter 164, 243 und 327.
Geplant war eine gestaffelte Vorgehensweise: Am ersten Angriffstag sollte nach massiver Artillerievorbereitung die vordere französische Linie genommen und die zweite Linie entweder genommen oder so weit aufgeklärt werden, dass am Folgetag nach erneut massivem Artillerie-Vorbereitungsfeuer der Angriff bis zum Südrand des Herbebois vorgetragen werden könne. Der für den 12. Februar 1916 vorgesehene Angriff musste wegen schlechten Wetters immer wieder verschoben werden. Am Abend des 20. Februar 1916 klarte es auf, die Prognosen versprachen eine längere Gutwetter-Phase, so dass der Kronprinz für den kommenden Morgen den Befehl zum Angriff erteilte.
Pünktlich um 08.00 Uhr setzte am 21. Februar 1916 das Artillerie-Vorbereitungsfeuer ein. Es dauerte bis etwa 17.00 Uhr. Dann stiegen die deutschen Angriffstruppen aus ihren Gräben und begannen den Sturm auf den Rand des Herbebois, dies in der Erwartung, dass sich dort kein nennenswerter Widerstand mehr regen würde. Dem war aber nicht so. |
Die deutschen Truppen gerieten in starkes Abwehrfeuer. Auch wegen der mangelnden Aufklärung des Angriffsgeländes wurden die vorneweg kämpfenden Teile des Sturm-Bataillons Nr. 5 (Rohr) vollständig aufgerieben. Nur am linken Flügel gelang es Teilen des Infanterie-Regiments 64, über die vorderen französischen Stellungen hinaus vorzudringen. Der Rest des Regiments blieb unter starkem Beschuss am Waldrand liegen. Das Infanterie-Regiment 24 kam auch nicht voran. Lediglich der unmittelbar vor der Sturmausgangsstellung über freies Gelände verlaufende "Knoch-Graben" konnte genommen werden. Wegen der massiven Verluste erschien an diesem Tag eine Fortsetzung des Angriffs nicht mehr möglich.
Nach einer kalten Nacht mit Schneefall sollten die Einheiten am 22. Februar 1916 die Enttäuschungen des Vortages wettmachen und die französische Hauptstellung im Sturm nehmen. Diese befand sich etwa 1.000 Meter innerhalb des Herbebois und zwar auf dem nördlichen Höhenrücken des Chemin des Renards, den die Deutschen Andreas-Schlucht nannten. |
Es sollte nach einem dreistündigen Artillerie-Feuer angegriffen werden. Die Franzosen hatten die Unterbrechung des Kampfes jedoch genutzt und Verstärkungen in Form von Teilen des Infanterie-Regiments 233 aus dem Fosses-Wald herangeführt. Als die deutschen Truppen gegen 12.00 Uhr antraten, gerieten sie unter massives Maschinengewehr- und Infanterie-Feuer. Auch an diesem Tag gelang es nicht, die französische Hauptstellung zu nehmen. Für die deutschen Truppen brach die zweite frostige Nacht an. Die französische Artillerie hatte sich von dem schweren Schlag des Vortages erholt und nahm die eigene erste Stellung sowie die rückwärtigen deutschen Bereiche unter starkes Feuer. Es traten hohe Verluste und viele Ausfälle durch Erfrierungen ein.
Am 23. Februar 1916, dem dritten Angriffstag, fiel die Entscheidung. Erneut traten Teile der Regimenter 24 und 64 um 12.00 Uhr nach starkem Artillerie-Vorbereitungsfeuer an. Am Morgen war es im Bereich des 64. Infanterie-Regiments gelungen, ein französisches MG-Nest auszuschalten, das an den Vortagen jedes Vorwärtskommen verhindert hatte. Obwohl befohlen war, dass zunächst nur die Kompanien des 24. Infanterie-Regiments vorgehen sollten, entschloss sich der Kommandant des II./IR 64, Hauptmann Curt Osterroth, sofort anzugreifen. Es gelang, die französische Hauptstellung zu stürmen. Durch diesen Erfolg kam der Angriff insgesamt voran. Im Abschnitt des 24. Infanterie-Regimentes scheiterten aber erneut alle Versuche eines frontalen Vorgehens. Der Angriff glückte erst, als mehrere Kompanien unter dem Befehl von Hauptmann Hans-Joachim Haupt bis in den Wald von Ville die französischen Stellungen umfassten und seitlich aufrollten. Die Franzosen zogen sich fluchtartig in den Chaume-Wald zurück. In der Andreas-Schlucht fiel Teilen der 9. Kompanie des Regiments 64 ein französisches Marine-Geschütz des Kalibers 16,7 cm in die Hände. Bis zum Morgen des 24. Februar 1916 konnte der Südrand des Herbebois erreicht werden.
während der Verdun-Schlacht
Nach den Schwierigkeiten der ersten drei Tage hatte der 24. Februar 1916 auf der gesamten Angriffsfront eine Wendung gebracht. Überall war es gelungen, die französischen Verteidigungslinien bis zu 2 Kilometer tief zu durchstoßen. Zudem konnten die vorderen französischen Artillerie-Stellungen neutralisiert werden. Unzählige Geschütze wurden erbeutet. Nunmehr traten die bislang passiv gebliebenen Einheiten des V. Reservekorps unter General Erich von Gündell östlich des Herbebois an und nahmen die völlig zerstörte Ortschaft Ornes. Die Truppen des XV. Armeekorps unter General Berthold von Deimling stießen ab dem Vormittag des 25. Februar 1916 aus dem Gebiet westlich Etain durch die Woevre-Ebene Richtung Verdun vor. Am 25. Februar 1916 fiel das Fort de Douaumont. Im Juni 1916 konnte, nachdem bereits Anfang März 1916 seine Einnahme fälschlich gemeldet worden war, auch das Fort Vaux erobert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Französische Widerstand jedoch bereits konsolidiert.
Das Herbebois befand sich nach seiner Einnahme am 24. Februar 1916 im Rückraum der eigentlichen Kampfhandlungen. In dem Waldgelände sowie den angrenzenden Schluchten (Herbebois-, Birnbaum, Kap-Schlucht) wurden Lagerbereiche und Artilleriestellungen geschaffen.
Als sich der deutsche Angriff Mitte 1916 festgelaufen hatte und sich abzeichnete, dass ein entscheidendes Vordringen kaum mehr möglich war, begann man mit der Errichtung rückwärtiger Auffangstellungen. Die Verteidigungs-Taktik wurde geändert. An Stelle des Haltens einer Stellung um jeden Preis schuf man ein tiefes Vorfeld, das im Falle eines französischen Großangriffs kämpfend geräumt und im Gegenstoß zurückgewonnen werden sollte.
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Aus der ehemaligen französischen Hauptstellung am nördlichen Rand der Andreas-Schlucht im Herbebois entstand eine Rückhalte-Linie, die Hagen-Stellung. Die ehemalige Sturmausgangsstellung auf Höhe des Weilers Soumazannes wurde Teil der Volker-Stellung. Östlich schloss sich die Kriemhild-Stellung an, die über den Romagner-Rücken durch den Spincourt-Wald in Richtung des Dorfes Senon verlief. Dahinter waren weitere Stellungen vorgesehen, die jedoch nicht mehr gebaut wurden. So war östlich Etain die Vulkan-Stellung geplant, die nach Räumung der Woevre-Ebene als letztes Bollwerk vor dem Reichsgebiet konzipiert war.
Ende August 1916 übernahmen die Generale von Hindenburg und Ludendorff die Oberste Heeresleitung. Am 2. September 1916, als die Franzosen auf Grund der materiellen Überlegenheit das Heft des Handelns wieder an sich nahmen, wurde die Einstellung aller Angriffsbemühungen vor Verdun befohlen. Bei einem Großangriff Ende Oktober 1916 eroberten die Franzosen das Fort de Douaumont zurück. Im Dezember 1916 führte ein weiterer Großangriff zum Rückzug der deutschen Einheiten bis an den Rand der Sturmausgangsstellungen zu Beginn der Schlacht im Februar 1916. Das war das Ende der Verdun-Offensive, wobei sich schwere Kämpfe bis zum Jahr 1918 fortsetzten. Es waren aber jetzt die Franzosen, die angriffen. Die Deutschen nahmen die inzwischen vorbereitete Rückzugslinie ein, die mit dem vorderen Teil nördlich Bezonvaux durch den Chaume-Wald über die berüchtigte Vaux-Kreuz-Höhe und mit einer zweiten Stellung von Beaumont nördlich Ornes auf die Doppelhöhe 307/310 verlief. Mit diesem Ergebnis verfestigte sich zunächst die Front in diesem Abschnitt bis in das Jahr 1918.
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Herbst 1918 - das Ende
Über die erste Hälfte des Jahres 1918 kehrte im Abschnitt um das Herbebois relative Ruhe ein. Viele der Einheiten, die wechselnd in diesem Bereich eingesetzt wurden, waren bereits 1916 vor Ort. Die Soldaten erkannten die Gegend kaum wieder, Der ehemals vorhandene Wald war zu großen Teilen einer Trichterwüste gewichen. Auf Grund des schlechten Wetters waren die Unterstände in einem erbärmlichen Zustand. Die auf den Karten verzeichneten Gräben waren entweder nicht errichtet worden oder unbenutzbar.
Ab Anfang September 1918 übernahm die 15. Infanterie-Division den Abschnitt vom Caures-Wald bis zum östlichen Rand des Herbebois. Im Bereich des Caures-Waldes waren mit dem Jäger-Regiment Marchan österreichische Truppen eingesetzt. Der Wavrille-Wald sowie das Herbebois wurde den Infanterie-Regimentern 160 aus Bonn und 137 aus Straßburg zugeteilt.
Die wesentliche Schlüsselposition war die westlich des Herbebois gelegene und das Umfeld beherrschende Wavrille-Höhe. Da man deren strategische Bedeutung erkannte, wurde Ende 1916 mit der Errichtung einer Bunker-Linie begonnen, die nunmehr in die Stellungen einbezogen wurde. Befehlsgemäß gehörte die Wavrille-Höhe zum Vorfeld, sie wäre damit im Fall eines größeren französischen Angriffs zu räumen gewesen.
Die wesentliche Schlüsselposition war die westlich des Herbebois gelegene und das Umfeld beherrschende Wavrille-Höhe. Da man deren strategische Bedeutung erkannte, wurde Ende 1916 mit der Errichtung einer Bunker-Linie begonnen, die nunmehr in die Stellungen einbezogen wurde. Befehlsgemäß gehörte die Wavrille-Höhe zum Vorfeld, sie wäre damit im Fall eines größeren französischen Angriffs zu räumen gewesen.
Über den September 1918 kam es zu keinen größeren Aktionen. Die Deutschen nutzten die Zeit, die Stellungen auszubauen. Dazu gehörte auch, die Richtung Osten führenden Schluchten, insbesondere die Herbebois- sowie die Kap-Schlucht, zu verdrahten und gegen einen französischen Durchbruch abzusichern. Ende September 1918 wurden Gefangene eingebracht, die von einem bevorstehenden französischen Großangriff berichteten.
Am frühen Morgen des 8. Oktober 1918 setzte plötzlich französisches Trommelfeuer ein und die Franzosen starteten einen starken Angriff in Richtung der Wavrille-Höhe. Obwohl keine Reserven mehr vorhanden waren, konnten die Stellungen durch das Infanterie-Regiment 160 gehalten werden. Bei einem erneuten Angriff am 9. Oktober 1918 erzielten die Franzosen Einbrüche in die deutschen Linien. Die schweren Kämpfe setzten sich fort bis zum 12. Oktober 1918. An diesem Tag wurden die Franzosen durch amerikanische Einheiten unterstützt. Sie brachten trotz der nunmehr großen Überzahl alliierter Kräfte keinen entscheidenden Durchbruch.
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Im Laufe des 12. Oktober 1918 trafen Teile der 1. preußischen Landwehr-Division zur Verstärkung ein. Die vergangenen Angriffe hatten auch bei den Alliierten Kräfte gekostet und das Geschehen beruhigte sich zunächst. Anfang November 1918 setzte wieder starkes französisches Artilleriefeuer ein und es kam zu größeren Unternehmungen. Da sich die Lage in den benachbarten Divisionsabschnitten für die Deutschen bedrohlich zuspitzte, amerikanische Einheiten ab dem 06. November 1918 durch das Maas-Tal in Richtung Longuyon vordrangen, ergab sich eine Flankenbedrohung für die im Bereich des Herbebois stehenden Truppen.
Am 07. November 1918 wurde die Rückverlegung in die Kriemhild-Stellung auf dem Romagner-Rücken befohlen. Einige Einheiten verblieben als Vorfeld-Besatzung am Kap der Guten Hoffnung und hielten diese Stellungen gegen zahlenmäßig weit überlegenen Feind. Bis zum 11. November 1918 versuchten französische und amerikanische Einheiten vergeblich, die dortigen deutschen Stellungen zu überwinden. Um 11.00 Uhr französischer Zeit schwiegen am 11. November 1918 die Waffen und der Erste Weltkrieg war für beide Seiten an der Stelle beendet, wo die Schlacht bei Verdun am 21. Februar 1916 ihren Anfang genommen hatte.
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heute
Der Bereich des Herbebois sowie der Höhe la Wavrille bietet heute diverse Anschauungsobjekte aus den damaligen Kämpfen, die als Tagesausflug oder in mehreren Etappen erkundet werden können.
Von den auf la Wavrille errichteten Beton-Bauten sind einige noch intakt. Im Bereich der Andreas-Schlucht finden sich Reste der betonierten Bettung des französischen 16,7 cm - Marinegeschützes, das am 24. Februar 1916 durch Teile des Infanterie-Regiments 64 erobert wurde. Am südwestlichen Rand der Schlucht finden sich einige im Jahr 1917 durch deutsche Truppen errichtete Beobachtungs-Bunker. Auch lassen sich die Reste des Grabsteins für den Unteroffizier Paul Riedel bestaunen, der als Angehöriger des Infanterie-Regiments 64 am 22. Februar 1916 im Bereich des Waldrandes des Herbebois fiel. Ferner finden sich Reste eines Denkmals des Koblenzer Pionier-Regiments 30 sowie am Waldrand Richtung Azannes der Obelisk und weitere Reste der ehemaligen Gedenkstätte des Infanterie-Regiments 24. Weiter östlich Richtung Azannes lässt sich der Bereich des ehemaligen Dorfes Soumazannes erkunden, ebenso am Kap der Guten Hoffnung und in den angrenzenden Taleinschnitten Reste deutscher Stellungen und Lagerbereiche.