Königlich Bayerische Ersatz-Division -
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Nördlich der Ortschaft Manheulles beginnt von Westen her das flächenmäßig größte zusammenhängende Waldgebiet in der Woëvre-Ebene vor dem Festungsgürtel um Verdun. Es erstreckt sich vom Rand der Côtes Lorraines bis nördlich der Ortschaft Hennemont entlang der heutigen Autobahn A 4. Die Waldgrenzen sind immer noch nahezu identisch mit denjenigen während des Ersten Weltkriegs.
Heute führen, wie bereits zu Kriegszeiten, nur zwei Straßen durch das große Waldgebiet, einerseits die D 908 zwischen Ville-en-Woëvre und Etain, andererseits die D 908 zwischen Braquis im Süden und Herméville-en-Woëvre im Norden. In diesem Beitrag werden die militärhistorischen Ereignisse und Positionen östlich der D 908, also in den Waldbezirken Bois de Ville-en-Woëvre, Bois de Fresnes und Bois de Manheulles beschrieben.
Zu Beginn der Verdun-Schlacht im Februar 1916 verlief die deutsche vordere Linie im Rücken des Waldgebietes entlang des östlichen Ufers des Orne-Bachs, etwa entlang der Dörfer Buzy, Boinville und Warcq. Der Frontabschnitt lag an der Schnittstelle der im St. Mihiel-Bogen eingesetzten Armee-Abteilung C (von Strantz) und der 5. preußischen Armee, hier des XV. preußischen Armeekorps unter dem Kommando des schillernden Generals Berthold von Deimling.
Teile der Königlich Bayerischen Ersatz-Division, vor Allem das 4. und 15. Königlich-Bayerische Reserve-Infanterie-Regiment sowie das hessische Landwehr-Infanterie-Regiment 81, waren ab dem 24. Februar 1916 zwischen der 5. Landwehr-Division und dem XV. preußischen Armeekorps in die deutsche Front eingeschoben worden. Vorgesehener Einsatzraum war das große Waldgebiet nördlich der Ortschaften Manheulles, Ville-en-Woëvre und Hennemont sowie der westlich anschließende Abschnitt der Côtes Lorraines zwischen den Ortschaften Watronville und Haudiomont. Nach Beginn der Offensive auf Verdun und den ersten Erfolgen sollte nunmehr auch hier vorgegangen werden. Die bayerischen Einheiten durchschritten ab dem 26. Februar 1916 das von den Franzosen geräumte Waldgebiet von Osten her, die hessischen Truppen erreichten den Bois de Manheulles von Süden am 27. Februar 1916.
Zur Unterstützung des Angriffs der 5. Landwehr-Division auf Manheulles und Fresenes-en-Woëvre war vorgesehen, aus dem Bois de Manheulles westlich in Richtung der Côtes de Lorraine anzugreifen. Die bayerischen Einheiten starteten den Angriff in Richtung der Ortschaften Ronvaux und Haudiomont. Das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 schloss sich südlich Richtung Haudiomont an. |
Die Franzosen hatten unerwartet eine starke Verteidigungslinie zwischen beiden Ortschaften beibehalten und die Häuser sowie den dort verlaufenden Bahndamm in die Stellungen einbezogen. Sie hatten sich nicht, wie von den Deutschen erwartet, unter dem Druck der von Nordosten geführten Verdun-Offensive auf die Côtes de Lorraine zurückgezogen. Die deutsche schwere Artillerie hatte auf Grund der schnellen Vorwärtsbewegung der Infanterie nicht nachgezogen werden können, so dass die artilleristische Vorbereitung des Sturms unzureichend blieb. Der Angriff auf Ronvaux und Haudiomont scheiterte. Die bayerischen und hessischen Einheiten erlitten schwerste Verluste. Die deutschen Truppen zogen sich in Anbetracht massiver französischer Gegenangriffe in das Waldgebiet nördlich Manheulles zurück. Durch die vernichtend wirkende französische Artillerie traten weitere Verluste ein, so dass allein das Landwehr-Infanterie-Regiment 81 am Abend des 01. März 1916 nach nur drei Tagen Kampf über 30 tote oder verwundete Offiziere sowie 1167 tote oder verwundete Mannschaften und Unteroffiziere zu beklagen hatte. Ein neuerlicher deutscher Angriff in diesem Gebiet unterblieb.
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Im März 1916 wurde damit begonnen, den westlichen Bereich des Waldgebietes mit Stellungssystemen, Stützpunkten, Unterständen, Drahthindernissen und Feldwachen zu befestigen. Der Befehl der Division lautete, diese Stellung unbedingt zu halten. Zudem wurden hinter den vorderen Linien größere Lagerbereiche errichtet, in die auch ehemalige französische Lager einbezogen wurden, so das bekannte "Kaffernlager", in dem von Senegal-Truppen im afrikanischen Stil errichtete Lehmhütten standen. Später kamen zwei weitere Auffang-Stellungen im rückwärtigen Bereich des Waldgebietes hinzu. Diese Verteidigungssysteme wurden ab 1916 und auch in den folgenden zwei Kriegsjahren kontinuierlich verstärkt und um viele Beton-Bauten wie Infanterie-Unterstände, Blinkstationen, MG-Stützpunkte, ergänzt.
Nach den Angriffen zu Beginn der Verdun-Schlacht fanden in dem Gebiet bis auf fortgesetzt starke französische Artillerieüberfälle und wechselseitige Unternehmungen keine größeren Kampfhandlungen mehr statt. Man konzentrierte sich auf den Stellungsbau, wobei die Franzosen auf den Höhen der Côtes de Lorraine in der deutlich besseren Position waren. Die militärhistorisch intensiven Geschehnisse bis zum Ausscheiden der Truppen der Königlich Bayerischen Ersatz-Division aus diesem Frontabschnitt sind in den beiden verlinkten Truppengeschichten des K.B. RIR 4 (bis August 1916) sowie des LIR 81 (bis Oktober 1916), detailliert beschrieben. Nachdem die bayerischen Einheiten im August 1916 herausgezogen wurden, übernahm zunächst das hessische LIR 81 den gesamten Abschnitt.. Es verblieb in der Stellung bis Oktober 1916. Hiernach bezogen unterschiedliche Truppen den Bereich, so Einheiten der 113. Infanterie-Division und später Kontingente der 8. Landwehr-Division. Im östlichen Teil des Bois de Ville-en-Woëvre entstand in dieser Periode mittels vieler Betonbauten eine weitere Auffang-Stellung. Diese hatte nach Norden Anschluss zu der östlich des Zentralen Schlachtfeldes von Verdun verlaufenden Haupt-Stellung. Nach Süden war sie der Beginn der Michel-Stellung, die - bis Pont-á-Mousson verlaufend - als Sehnen-/Rückhalte-Stellung im Falle einer Räumung des St-Mihiel-Frontbogens errichtet worden war.
Von den vorderen Stellungen im Westteil des Bois de Manheulles sind heute bis auf mäßig erkennbare Gräben kaum Überreste auszumachen. Im östlichen Teil, vor Allem auf der Erhebung la Grande Woëvre, und auch in den weiter östlich anschließenden Distrikten der Wälder von Fresnes, Ville-en-Woëvre sowie Hennemont finden sich hingegen noch viele der ab 1916 errichteten Betonbauten, so Blinkstationen, Beobachtungs-, Artillerie-, Munítions- und MG-Bunker, zudem interessante Stellungsreste. Die Namensgebung der Anlagen stand, wie häufig, im Zusammenhang mit den jeweils eingesetzten Einheiten. So finden sich die Namen verschiedener Offiziere des LIR 81, wie die der Regiments- und Bataillonskommandeure York, Rheinhard, Keßler, Kühn und Schneider. Im Bereich der hinteren Stellungslinie (C-Stellung) wurden vielfach Ortsbezeichnungen aus Frankfurt a.M., der Garnisonsstadt des Regiments, verwandt, wie Römer, Hirschgraben, Mitteldick, Schweinstiege oder Gehspitz.
Eine Erkundung des Waldgebietes sollte auf Grund seiner Ausdehnung in mehreren Etappen erfolgen. Die zurückzulegenden Wege sind weit. Geeignete Ausgangspunkte für Touren sind im östlichen Bereich der für den Rundweg im Herméville-Wald angelegte Parkplatz westlich der D 908 zwischen Herméville und Braquis. Für den westlichen Bereich bietet es sich an, ausgehend von Manheulles über einen befestigten Wirtschaftsweg die Autobahn A 4 zu queren und am Waldrand des Bois de Manheulles zu parken.