Garnisonsstandort Fürth und seine Regimenter
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Am 19. April 1945 kapitulierte die Stadt Fürth kampflos vor der herannahenden 42. US (Rainbow) Division. Hierdurch wurde Fürth das Schicksal der Zerstörung erspart, das viele andere Städte noch in der Endphase des Zweiten Weltkrieges durch die sinnlosen Haltebefehle ereilte. Fürth hatte nur sehr wenig unter den alliierten Bombenangriffen zu leiden. Weniger als 10 % des Gebäudebestandes der Stadt wurden durch Kriegseinwirkung in Mitleidenschaft gezogen. Nach dem Krieg wurde Fürth zum größten amerikanischen Truppenstützpunkt in Bayern. Zu Höchstzeiten waren etwa 15.000 amerikanische Armeeangehörige mit ihren Familien in der Stadt und sorgten für ein stetiges Wirtschaftswachstum.
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Mit dem überraschenden Abzug aller amerikanischen Besatzungstruppen im Jahr 1995 endete eine mehr als 100 Jahre währende Phase militärisch dominierter Stadtgeschichte. Es folgte eine schwierige Zeit, denn es ergab sich die Notwendigkeit eines komplett neuen städtebaulichen und vor Allem ökonomischen Konzepts. Die kommunale Politik agierte über alle Parteigrenzen hinweg vorbildlich. Aus den ehemaligen Kasernenbauten im Süden der Stadt entstand innerhalb von 10 Jahren im Wege einer durch Bund und Land massiv geförderten Konversion ein komplett neuer und modern gestalteter Bereich, der heute mit seinen etwa 2.000 Wohnungen, Lofts und Gewerbeobjekten vielen Menschen Heimat und Arbeit bietet.
Die militärische Geschichte Fürths begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Magistrat der Stadt hatte nach massiven Unruhen bei der Kirchweih des Jahres 1872, die nur durch Einsatz von mehr als 100 Soldaten aus der Garnison Nürnberg befriedet werden konnten, gegenüber der bayerischen Regierung wiederholt um die Errichtung einer eigenen Garnison nachgesucht. Erst im Jahr 1890 wurde dem Gesuch stattgegeben. Auch in Fürth hatte damals die auf Weltmacht-Ambitionen ausgerichtete Politik im Deutschen Reich ihre Auswirkungen. Kaiser Wilhelm II. entließ den außenpolitisch mit Bedacht handelnden Reichskanzler Otto von Bismarck. Der Rückversicherungsvertrag mit Russland wurde nicht erneuert. Der Reichstag wurde aufgelöst, da er die vom Kaiser präferierte offensive Militärdoktrin nicht mittragen wollte. Am 15. Juli 1890 beschloss der neue Reichstag mit knapper Mehrheit ein Wehrgesetz, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie die massive Aufstockung aller Truppenteile. Eine militärpolitische Entwicklung hatte ihren Anfang genommen, die letztendlich im Ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt und vorläufigen Abschluss finden sollte.
Im Zuge der Aufrüstung war auch für Fürth 1890 die Zeit gekommen und die Errichtung einer Garnison wurde angeordnet. Nachdem unmittelbar die Artillerie mit etwa 360 Mann und 200 Pferden (später Königlich-Bayerisches 6. Feldartillerie-Regiment) eingezogen war, kam 1893 das 1. Bataillon des Königlich-Bayerischen 14. Infanterie-Regiments hinzu. Aus dieser Einheit sowie aus Teilen anderer Regimenter ging 1897 das legendäre Königlich Bayerische 21. Infanterie-Regiment hervor, das von den Fürthern ehrfurchtsvoll "die Anerzwanzger" genannt wurde. Tatsächlich war nur der Regimentsstab und das erste Bataillon in Fürth stationiert, die anderen Truppenteile wurden in Eichstätt und Sulzbach aufgestellt. Als drittes Regiment wurde im Jahr 1900 mit der 3. Train-Abteilung eine Transport- und Versorgungs-Einheit stationiert. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs kam kurzzeitig eine weitere Artillerie-Einheit, das Königlich-Bayerische 3. Fußartillerie-Regiment, nach Fürth und während des Krieges Teile des Königlich-Bayerischen 6. Reserve-Infanterie-Regiments.
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Der obige Auszug aus der Regimenstegeschichte des K.B. 6. FAR beschreibt detailliert die Abläufe des soldatischen Alltags am Garnisonsstandort Fürth bis zum Kriegsbeginn im August 1914.
Außer dem 3. Fußartillerie-Regiment, das im so genannten Artilleriedepot an der Schwabacher Straße kaserniert war, erhielten alle anderen Einheiten nach und nach ihren Platz auf dem südlich der Stadt im Bereich der Flößauäcker entstehenden, großen Kasernengelände. Als erstes wurden ab 1890 zwischen heutiger Flößau-, Sonnen-, Fronmüller-, Liesl-Kießling- und Ullsteinstraße Bauten für die Artillerie in Form einfacher Holzbaracken errichtet. Diese wichen massiven Backsteingebäuden, die später als Artilleriekaserne bezeichnet wurden. Sehenswert ist das ursprünglich aus zwei Teilen bestehende und in den 1930er Jahren verbundene Mannschaftsquartier an der Flößaustraße, bei dem es sich heute noch um das größte mehrgeschossige Gebäude der Stadt Fürth handelt. Ab 1893 errichtete man angrenzend an die Artilleriekaserne weitere Bauten für eine Infanteriekaserne, die den Namen "Sedankaserne" erhielt.
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1903 wurde in der damaligen Sedanstraße, der heutigen Steubenstraße, eine Offiziers-Verpflegungsanstalt für das K.B. 21. Infanterie-Regiment im Jugendstil errichtet. Das beeindruckende Gebäude wurde inzwischen zu luxuriösen Wohnungen umgebaut. Über dem Eingangsportal prangt immer noch das Wappen des Regiments.
In den Jahren von 1900 bis 1907 entstanden östlich der vorhandenen Areale die Gebäude der Train-Abteilung, die für Versorgung und Nachschub der Truppen zuständig war. Hier finden sich einige interessante Bauten, beispielsweise mehrere Wagenhäuser, die ebenfalls unter Erhalt der wesentlichen äußeren Bausubstanz in hochwertige Wohnungen und Gewerberäume umgebaut wurden. Im Zuge der Aufstellung einer Maschinengewehr-Kompanie kam es ab 1912 zu einer deutlichen Vergrößerung der Infanteriekaserne bis zur Dr.-Frank-Straße. Eine Nutzung dieses Teils der Anlage erfolgte jedoch erst ab dem Jahr 1916.
Anfang August 1914 begann auch für die Fürther Regimenter mit der Mobilmachung der Erste Weltkieg. K.B. 6. FAR und K.B. 21. IR gehörten zur 5. Division des III. Bayerischen Armeekorps. Die Einheiten fochten in den Angriffsschlachten in Lothringen, bevor sie ab September 1914 für knapp 2 Jahre mit der Armee-Abteilung Strantz im südlichen Frontbogen von St. Mihiel eingesetzt waren. Das K.B. 21. IR war mit seinem Schwesterregiment, dem K.B. 14. IR, in den verlustreichen Kämpfen um die Feldschanze im Bois Brûlé sowie im Bois d´Ailly eingesetzt. Als die Engländer im Juli 1916 die Schlacht an der Somme eröffneten, wurde die gesamte 5. Bayerische Division mit den Fürther Regimentern herausgezogen und in den nördlichen Bereich der Heeresfront verlegt, wo sie bis Kriegsende vor allen Dingen im Bereich des Artois, der Somme sowie Flandern eingesetzt waren. Nach dem Waffenstillstand im November 1918 kehrten die Reste der Einheiten erst Mitte Dezember 1918 nach Fürth in ihre Garnison zurück.
Die Fürther Kasernen galten zur damaligen Zeit als vorbildlich, so dass die militärische Nutzung auch nach dem Versailler Vertrag fortgesetzt wurde. In Fürth verblieben etwa 500 Mann Reichswehr. In einen Teil der Sedankaserne zogen Einheiten der bayerischen Schutzpolizei ein. Gustav Schickedanz erwarb Anfang der 1930er Jahre einen größeren Bereich des Geländes. Aus den dort errichteten Fertigungshallen ging das Versandhandels-Unternehmen Quelle hervor. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten erweiterte sich die militärische Nutzung des Areals erneut. Die drei bis dahin getrennt verwalteten Kasernen wurden zusammengelegt. 1938 zog das neu errichtete Infanterieregiment 21 ein, außerdem kam eine Kraftfahrabteilung, eine Minenwerferkompanie und das Flak-Regiment 8 hinzu. Teile dieses Regiments waren unter der Bezeichnung "Legion Condor" im Spanischen Bürgerkrieg eingesetzt.
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Während des Zweiten Weltkriegs blieb die Kaserne weitestgehend unbeschädigt Im September 1944 wurden lediglich die Schickedanz-Fertigungshallen bei einem alliierten Luftangriff getroffen. Nach der Kapitulation am 19. April 1945 zogen die Amerikaner auf das Gelände und benannten es im März 1949 nach einem in Italien gefallenen General "William-O.-Darby-Barracks". Ab Mai 1946 wurden alle Gebiete, auf denen sich im Großraum Nürnberg und Fürth Kasernen und Militäreinrichtungen befanden, als amerikanische Militärverwaltungseinheit letztendlich unter dem Namen „Nuernberg Military Community“ zusammengefasst. Die amerikanische Nutzung dauerte bis Mitte der 1990er Jahre. Am 19. Dezember 1995 wurde in der William-O.-Darby-Kaserne zum letzten Mal die amerikanische Flagge eingeholt.
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Im Stadtpark von Fürth, nahe der Evangelisch-Lutherischen Auferstehungskirche, wurde anlässlich der Garnisonstage am 29.10.1922 ein Denkmal für die Gefallenen der Fürther Regimenter eingeweiht. Das Denkmal bestand aus einem hohen Steinsockel aus Sandstein sowie einer überlebensgroßen Kriegerfigur aus Muschelkalk, die zwischen ihren Beinen ein Kind beschützt. Es wurde durch den Münchener Bildhauer Georg Albertshofer entworfen. In der ursprünglichen Ausführung zierte ein Lorbeerkranz die Frontseite des Sockels. In diesem war der Spruch angebracht: "Der Tod für´s Vaterland ist ewiger Verehrung wert. v. Kleist". 1953 musste der Sockel erneuert werden. Er wurde ohne Lorbeerkranz, insgesamt schlichter und um etwa 1,40 m höher gestaltet. Die übernommenen Inschriften sind heute merklich verwittert. Gleichwohl ist das Denkmal, auf dem die drei ehemaligen Fürther Regimenter verzeichnet sind, wie auch der umgebende Fürther Stadtpark, einen Besuch wert.