Bois Brûlé - Feldschanze
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Der Bois Brûlé ist ein östlicher Ausläufer des Bois d´Apremont und im Bereich des Frontbogens von St. Mihiel einer der bekanntesten Frontabschnitte. Zu Kriegszeiten war er eine der am heftigsten umkämpften Positionen der gesamten Westfront. Im Zeitraum September 1914 bis Februar 1915 wurde im Ostteil des Waldes auf einer Fläche von etwa 4 Quadratkilometern um eine einzelne Erdbefestigung der Franzosen gerungen. Deutsche wie französische Soldaten, die später in der Schlacht bei Verdun eingesetzt waren, schilderten nach dem Weltkrieg übereinstimmend, dass die Härte und die Strapazen der Kämpfe im Bois Brûlé ungleich schlimmer waren als alles vor Verdun Erlebte.
Bois Brûlé, Bois le Jura Map | |
File Size: | 480 kb |
File Type: | kmz |
Da die Forts der Linie Toul-Verdun an einigen Stellen weit auseinander lagen und sich auf Grund der geografischen Gegebenheiten nur schlecht flankieren konnten, wurden die Zwischenräume bereits vor dem Krieg durch sogenannte Erdwerke, auf Französisch "les redoutes", ergänzt. Zwei dieser Anlagen wurden im Bois d´Apremont errichtet, dies in unmittelbarer Nähe zur D 907 zwischen St. Mihiel und Apremont. Eines der Werke, das bei den Deutschen "Altes Erdwerk" genannt wurde, lag hart nördlich der geteerten Zufahrt zur Deutschen Kriegsgräberstätte im Gobessart-Wald an der D 907. Ein weiteres Erdwerk, um das sich grausame Kämpfe entwickeln sollten, lag ein Stück weiter südlich der D 907 im Bois Brûlé.
Im Grundaufbau handelte es sich um einfache Werke, bei denen durch Erdanhäufung Wälle errichtet wurden. Das Erdwerk im Bois Brûlé war eine große Anlage. Es bestand aus zwei starken Bastionen, der Nord- und Ostbastion. Dazwischen befand sich eine zum Werkhof steil abfallende, etwa fünf Meter hohe und zur erwarteten Feindseite abgeflachte Courtine. In diese waren Unterstände eingebaut. Zur Feindseite war das Werk durch ein in Betonfundamente eingearbeitetes Drahthindernis gesichert. Von Bastion zu Bastion ergab sich eine Breite von zirka 200 Metern und insgesamt eine Grundfläche der Anlage von etwa 4.000 Quadratmetern.
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Die eigentlichen Kämpfe um das Erdwerk entwickelten sich, als die 10. K.B. Infanterie-Brigade mit den Regimentern 7 und 19 Apremont-la-Forêt am 24. September 1914 ohne Feindkontakt einnahm. Bis zum 26. September 1914 waren die Truppen dort und in den umliegenden Waldgebieten massiven französischen Angriffen durch Artillerie und Infanterie ausgesetzt. An diesem Tag fiel der Führer des I. Bataillons des K.B. Infanterie-Regiments 7, Hauptmann Otto Staubwasser. Im Bois de Gobessart wurde ihm ein steinernes Grabmal in Form einer 42 cm-Granate errichtet. Auf diesem Grabmal ist sein Dienstgrad mit Major angegeben. Zu der entsprechenden Beförderung war der Offizier zwar vorgesehen. Staubwasser starb jedoch, bevor sie ausgesprochen werden konnte. Der Dienstgrad Major wurde ihm posthum am 05. November 1914 verliehen. Insofern ist die Dienstgradangabe Hauptmann auf dem Grabkreuz und im Belegungsbuch der Deutschen Kriegsgräberstätte im Gobessart-Wald, wo er seine letzte Ruhe fand, nicht korrekt.
Zwischen dem 28. September und 03. Oktober 1914 versuchte das K.B. Infanterie-Regiment 7 in mehreren Angriffen vergeblich, das Erdwerk einzunehmen. Es traten massive Verluste von über 70 % des Truppenbestandes ein. Die Einheit war nicht mehr einsatzfähig. Sie wurde herausgezogen und durch das K.B. Infanterie-Regiment 21 ersetzt. Ab dem 04. Oktober 1914 wurde auch das K.B. Infanterie-Regiment 14 eingesetzt, konnte gleichwohl keine Wendung herbeiführen. Weitere Angriffsversuche scheiterten verlustreich.
Am 10. Oktober 1914 erfolgte ein deutscher Großangriff auf das Erdwerk. Unter schweren Verlusten gelang es Einheiten der Regimenter 14 und 21, die Courtine zu erklimmen und in den Werkhof vorzudringen. Dort wurden die Truppen von französischen Maschinengewehren empfangen und zusammengeschossen. Nur einzelne Gruppen um die wenigen überlebenden Offiziere schafften es, sich festzusetzen. Zu diesen Offizieren gehörten die Leutnante Sauer (IR 14) und Wörner (IR 21). Die Verwundeten wurden in einen der Unterstände in der Courtine geschafft. Aus diesem Unterstand gruben die Deutschen in mühevoller Handarbeit einen Tunnel auf die Nordseite der Courtine. Durch diesen Tunnel war das Erdwerk erstmalig gedeckt zugänglich und es war möglich, die Verwundeten abzutransportieren.
Der südliche Teil des Erdwerks sowie auch die Nordbastion waren zu dieser Zeit immer noch in französischer Hand. Die feindlichen Truppen lagen sich nur wenige Meter in flachen Gräben, Granattrichtern und Mulden gegenüber. Die Deutschen verstärkten nach und nach das eigene Stellungssystem und gingen zu Sappenangriffen über, die bis Ende Dezember 1914 andauerten. Am Neujahrstag 1915 gelang es den bayerischen Regimentern 14 und 21 nebst zugeteilter Pioniereinheiten, den gesamten Bereich des Erdwerks einzunehmen und die Franzosen aus dem Werkhof zu vertreiben. Die Deutschen wurden bis etwa Februar 1915 massiv durch die Artillerie der Forts de Liouville, Gironville und der Batterie St. Agnand beschossen. Man zählte etwa 2000 Geschosse aller Kaliber pro Tag. Gleichwohl gelang es, die Stellungen durch Sappierungen nach Süden aus dem Bereich des Werkhofes vorzuschieben und eine durchgehende Linie im Anschluss an die westlich im Bois d´Apremont und Bois d´Ailly stehenden Einheiten herzustellen.
Im März 1915 flauten die Kämpfe zunächst merklich ab. Die Deutschen bauten ihre Stellungen massiv aus. Die vorderen beiden Gräben wurden ausbetoniert und mit tiefen Unterständen versehen. Ab Ostersonntag, 5. April 1915, kam es sodann nochmals zu verlustreichen Kämpfen im Rahmen der als Frühjahrsschlacht zwischen Maas und Mosel bekannt gewordenen französischen Angriffe. Die Franzosen beabsichtigten, durch ein zangenartiges Vorgehen aus dem Bereich der Combres Höhe (Les Eparges) und der Woëvre-Ebene im Norden sowie des Bois le Prêtre (Priesterwald) bei Pont-á-Mousson im Süden, die im Frontbogen stehenden deutschen Einheiten abzuschnüren und durch Angriffe in die Tiefe des Geländes zu vernichten. Diese Versuche verliefen durchweg erfolglos, sie führten zu massiven Verlusten auf Seiten der französischen Angreifer. Nach dieser Kampfphase beruhigte sich die Lage und der Bois Brûlé entwickelte sich für die kommenden drei Kriegsjahre zu einem ruhigeren Frontabschnitt.
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Anfang September 1918 wurde für die Deutschen ein amerikanisch-französischer Großangriff absehbar. Geplant war deshalb, sich ab dem 11. September 1918 geordnet sowie unter Mitnahme allen Gerätes und Zerstörung der wesentlichen Infrastruktur aus dem Frontbogen auf die bereits ab 1916 errichtete Michel-Stellung (Sehnenstellung) zurückzuziehen. Die Operation erhielt den Namen "Loki-Bewegung". Man rechnete zunächst nicht mit einer kurzfristigen Angriffsaktion der Franzosen und Amerikaner. Von dem gleichwohl frühen Angriff der Alliierten am 12. September 1918 wurden die deutschen Truppen völlig überrascht. Zwar gelang es, sich mit der Masse der Einheiten aus den Stellungen zu lösen und hinhaltend kämpfend die Michel-Stellung zu besetzen. Bei dieser überhasteten Rückzugsaktion gingen jedoch Unmengen an Material sowie ein Großteil der artilleristischen Ausstattung der Truppe verloren.
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Die deutschen Stellungen im Bois Brûlé sind heute in weiten Teilen sehr gut erhalten. Der Bereich ist weitläufig touristisch erschlossen und bietet an Hand von Infotafeln sowie einem Rundweg die Möglichkeit, das damalige Geschehen nachzuvollziehen. Ein Teil des beiderseitigen Stellungssystems wurde restauriert. 1922 wurde durch französische Veteranen zunächst mittels zerschossener Bäume aus der Umgebung ein Holzkreuz errichtet. Dieses wurde 1925 durch das heute vorhandene Kreuz nebst Sockel ersetzt und um einige Gedenktafeln ergänzt. Die Franzosen gaben dem Kreuz den Namen "Croix des Redoutes". Erinnert wird auf den Tafeln unter anderem an Jacques Péricard, Adjudant (Feldwebel) im 95. französischen Infanterie-Regiment. Während der ab dem 5. April 1915 geführten Angriffe der Franzosen soll er am 6. April 1915 seinen verwundeten und sterbenden Soldaten bei der Abwehr eines deutschen Gegenstoßes anspornend zugerufen haben: "Debout, les Morts!", "Steht auf, Ihr Toten!" .
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Wenn man das kleine Areal dieses Schlachtfeldes im Bois Brûlé betrachtet, ist es kaum vorstellbar, welch grausame Kämpfe mit welch hohen Verlusten sich dort zugetragen haben. Der Bois Brûlé blieb bis Kriegsende der Abschnitt mit der höchsten Anzahl an Gefallenen beider Seiten pro Zeit und Fläche an der gesamten Westfront. Man schätzt, dass allein bei den Kämpfen um das Erdwerk zwischen September 1914 und Februar 1915 auf einer Fläche von etwa vier Quadratkilometern mindestens 7.000 Mann Verluste sowohl auf deutscher als auch auf französischer Seite eintraten.
Aktualisierung: Abholzungsmaßnahmen Anfang 2020
Im Januar 2020 wurden östlich des Croix des Redoutes umfangreiche Abholzungsmaßnahmen wegen Borkenkäferbefalls durchgeführt. Es wurde sehr vorsichtig und ohne schweres Gerät gearbeitet, sodass die Schützengräben, Betonbauten und auch Unterstandssysteme kaum Schaden genommen haben. Das nunmehr waldfreie Gelände ermöglicht einen einzigartig realistischen Blick auf das ehemalige Stellungssystem, wie man ihn nur selten und auch hier in Anbetracht der beabsichtigten Wiederaufforstung wohl nur vorübergehend hat.