Rouvres-en-Woëvre - Rouvres-Mühle
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Südlich der Ortschaft Rouvres-en-Woëvre befindet sich die Rouvres-Mühle. Erstmalig wurde die Ansiedlung Mitte des 14. Jahrhunderts erwähnt, Über die Jahrhunderte wurde mittels des Wassers eines Bachs ein Fisch-Teich gespeist und eine Mühle betrieben, um das Getreide der umliegenden Höfe und Felder zu verarbeiten. 1886 wurde der Teich trocken gelegt und das Anwesen sodann nur noch zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt.

Rouvres Sept 1918 Map | |
File Size: | 4323 kb |
File Type: | kmz |
Schlacht bei Etain-Buzy - 23. - 26. August 1914
Zwischen dem 22. und 26. August 1914 war die Gegend um Rouvres-en-Woëvre Schauplatz schwerer Kämpfe. Diese waren Teil der ausklingenden Grenzschlachten, die einerseits durch den deutschen Schlieffen-Plan, andererseits durch den französischen Plan XVII, beides strikte Offensiv-Strategien, hervorgerufen wurden.
Die Deutschen konzentrierten ihre Angriffsbemühungen auf den Nordflügel ihrer Armeen, der durch Belgien vorstoßen und die französischen Kräfte umfassen sollte. Die Franzosen begannen am 14. August 1914 einen Angriff mit dem eigenen rechten Flügel. Die 1. und 2. Armee unter den Generälen Auguste Dubail und Noël de Castelnau sollten Richtung Osten auf Saarburg und über Château-Salins auf Morhange angreifen. Ziel war die Etablierung einer starken Position so nah wie möglich am Rhein. Gegenüber stand auf deutscher Seite die 6. Armee unter dem Bayerischen Kronprinzen Rupprecht. Diese hatte die Aufgabe, durch einen strategischen Rückzug so viele französische Truppen wie möglich zu binden und von der Hauptfront am nördlichen deutschen Flügel fernzuhalten.
Zunächst hielten sich die Bayern an diese passive Rolle. Am 20. August 1914 sah Rupprecht jedoch die Gelegenheit für einen Gegenangriff, der die französische 1. und 2. Armee in die Defensive und die Bayern weit auf französisches Terrain bringen sollte. Vor Allem in der kleinen Gemeinde Nomeny kam es dabei durch Einheiten des 4. K.B. Infanterie-Regiments zu Erschießungen von Zivilisten, Plünderungen und Brandschatzungen. Derartige Gräueltaten sollte der kleine Ort Rouvres-en-Woëvre nur vier Tage später erfahren. |
Ihren Plan XVII weiterverfolgend, schritt trotz der bedrohlichen Situation an beiden französischen Flügeln auch die 3. und 4. französische Armee unter den Generälen Pierre Ruffey und Fernand de Langle de Cary in der Mitte der Front zum Angriff in Richtung der Ardennen. Dies geschah in der Annahme, dass das deutsche Angriffszentrum nur schwach besetzt sei und den Franzosen mit ihrer beweglichen Artillerie nur wenig entgegenzusetzen habe. Dem war aber nicht so. Die 5. Armee des Deutschen Kronprinzen Wilhelm befand sich, wie die nördlich anschließende 4. Armee des Herzogs von Württemberg, auf dem Vormarsch. Die feindlichen Truppen stießen in den Ardennen ungeordnet aufeinander. Am 22. August 1914 kam es zu heftigen Kämpfen, vor Allem um Ortschaften im belgisch-französischen Grenzgebiet wie Virton, Tintigny, Ochamps, Rossignol und Neufchâteau. Letztendlich behielten die Deutschen die Oberhand. Der Ausgang dieser Schlachten brachte die Franzosen an den Rand der Niederlage. Der 22. August 1914 blieb für sie der Tag mit den höchsten Verlusten während des gesamten Krieges. Es fielen an diesem Tag über 27.000 französische Soldaten.
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Auch im Abschnitt der 6. Bayerischen Armee kam der Angriff zügig voran. Das Vordringen der Bayern führte im September 1914 mit der Einnahme des Sperrforts Camp des Romains zur Bildung des Frontbogens von St. Mihiel. Zwischen der 6. bayerischen Armee sowie der 5. Armee war die aus der Hauptreserve der Festung Metz stammende 33. Reserve-Division als Teil des neu gebildeten Armeekorps von Oven eingeschoben worden. Die Truppen sollten das Vordringen der deutschen Armeen flankierend unterstützen. Einheiten der 3. französischen Armee sowie die aus ihr hervorgegangene Armee de Lorraine waren an den Vortagen selbst zum Angriff geschritten und es kam zu starken Kampfhandlungen im östlichen französischen Grenzgebiet. Letztendlich gelang es den Deutschen jedoch bis zum 23. August 1914, die Franzosen nordöstlich Verdun an den Fluss Othain zwischen Montmédy und Spincourt zurückzudrängen. Am 24. August 1914 sollte unter Einbeziehung der 33. Reserve-Division erneut angegriffen werden. Die nunmehr folgenden Kämpfe im Rahmen der so genannten Schlacht bei Etain-Buzy brachten den Krieg in die Gegend von Rouvres-en-Woëvre.
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Am 23. August 1914 erhielt die 33. Reserve-Division den Befehl, in Eilmärschen den Bereich südöstlich und östlich Etain zu erreichen, um am linken Flügel das weitere Vorrücken der 5. Armee nördlich der Festung Verdun zu decken. Die 8. bayerische Infanterie-Brigade mit den Regimentern 4 und 8 marschierte über Gorze, Mars-la-Tour, Puxe in den Bereich nördlich Jeandelize und Olley. Die 66. Reserve Infanterie-Brigade mit den Reserve-Regimentern 67 und 130 sowie den übrigen Teilen der Division bewegte sich ausgehend Novéant und Ars-sur-Moselle über Conflans, Thumeréville in den Bereich Béchamps. Am Vormittag des 24. August 1914 wurde durch die bayerischen Regimenter 4 und 8 der Bereich um die Rouvres-Mühle und die Rosa-Ferme kampflos besetzt. Von dort entfalteten sich die Einheiten und gingen befehlsgemäß in Richtung Amel-sur-l´Etang und Eton vor. Östlich schlossen sich die Reserve-Regimenter 67 und 130 an. Der Angriff kam anfänglich gut voran. Die deutschen Einheiten wurden sodann jedoch aus Richtung Etain sowie des Tilly-Waldes durch Teile des französischen 220 Infanterie-Regiments in heftige Kämpfe verwickelt. Gegen Abend konnte das Gebiet um Amel-sur-l´Etang genommen und gegen französische Angriffsversuche zunächst gehalten werden.
Die Nacht auf den 25. August 1914 brachte ein Abklingen der Kämpfe. Deutsche wie auch Franzosen hatten massive Verluste erlitten. Es fehlte an Munition. Verpflegung und Wasser konnte nicht nach vorne gebracht werden. Am 25. August 1914 gingen die Kämpfe mit aller Heftigkeit weiter. Die Franzosen erhielten Verstärkung durch Teile der Armee de Lorraine, die sich aus dem Bereich der Festung Verdun annäherten. Auf deutscher Seite traten die 43. und 45. Landwehr-Brigade in die Kämpfe ein. Als zu Gunsten der Franzosen ein Übergewicht erkennbar wurde, sich zudem eine Flankenbedrohung durch herannahende und deutlich überlegene französische Kräfte aus südlicher Richtung ergab, brachen die Deutschen die Kämpfe ab und zogen sich in Richtung Briey zurück.
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Die Franzosen setzten nicht nach. Sie traten selbst ab dem 26. August 1914 den Rückzug in westliche Richtung an. Einheiten der 5. preußischen Armee hatten nördlich Verdun die Maas erreicht. Den Franzosen bei Etain drohte die Umfassung. Mit dem beiderseitigen Rückzug endete die Schlacht bei Etain-Buzy. Auch wenn die Kämpfe sehr verlustreich waren, hatten die Deutschen ein wesentliches Ziel erreicht, nämlich das Vordringen des XVI. Armee-Korps nördlich Verdun zu decken.
Das Massaker von Rouvres-en-Woevre - 24. August 1914
Während des deutschen Angriffs durchschritten Teile des 4. bayerischen Infanterie-Regiments, des 130. Reserve-Infanterie-Regiments und andere Einheiten am frühen Nachmittag des 24. August 1914 die Ortschaft Rouvres-en-Woëvre. Der Ort war unverteidigt. Beim weiteren Vormarsch gerieten die deutschen Soldaten noch im Bereich des Ortes aus Richtung der heutigen Luftwaffen-Basis (Höhe 232) sowie des Bois de Tilly unter starken Beschuss. Es kam zu hohen Verlusten. Was folgte, waren grausamste Übergriffe der Soldaten auf die Zivilbevölkerung. Häuser wurden in Brand gesteckt, vermeintliche Franktireure wurden aus den Häusern gezerrt und dutzendfach am Dorfrand exekutiert. Flüchtende Bewohner, unter ihnen alte Menschen, Frauen und Kinder, wurden in den brennenden Häusern eingesperrt, erschlagen, erstochen oder erschossen. Frauen wurden vergewaltigt. Die Überreste des bis zum nächsten Tag brennenden Dorfes wurden geplündert. Das alles geschah unter den Augen deutscher Offiziere.
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Von deutscher Seite wurde versucht, die Geschehnisse mit der Behauptung zu rechtfertigen, die Bewohner des Dorfes hätten hinterrücks zu den Waffen gegriffen (vgl. S. 17 f. der Kriegsgeschichte RIR 130). Weder zu den Umständen befragte deutsche Soldaten noch überlebende Dorfbewohner konnten diese Variante aber bestätigen. Wahrscheinlicher ist es, dass die außerordentliche Grausamkeit der Kämpfe sowie die hohe Zahl an Gefallenen und Verwundeten, die nicht versorgt werden konnten, bei den Soldaten in Rachegelüste mündete, die an der Bevölkerung des Ortes ausgelassen wurden. In Rouvres-en-Woëvre starben an diesem Tag binnen kurzer Zeit durch deutsche Hände zirka 90 Zivilisten.
Nach dieser Tragödie, die in entsprechenden Publikationen häufig mit der Bartholomäusnacht des 24. August 1572 verglichen wird, existierte Rouvres-en-Woëvre nicht mehr. Es wurde erst nach dem Krieg wieder aufgebaut, als überlebende Einwohner nach und nach zurückkehrten.
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Die militärhistorischen Zusammenhänge sowie die Ereignisse in Rouvres-en-Woëvre am 24. August 1914 sind detailliert in dem Buch "Etain Buzy première victoire devant Verdun" von Nicolas Czubak beschrieben.
Rouvres-Mühle - Moulin de Rouvres
Nach dem Ende der Schlacht bei Etain-Buzy wurde der Bereich um Rouvres-en-Woëvre deutsches Hinterland. In jeder Ortschaft und in jedem Waldabschnitt wurden Truppenunterkünfte und andere Logistik-Einrichtungen geschaffen, um die an der Front bei Verdun stehenden Einheiten zu versorgen.
Die Rouvres-Mühle wurde bereits während der Kämpfe im August 1914 zunächst durch die Franzosen, anschließend durch die Deutschen als Feldlazarett genutzt. Nach und nach erweiterte man das Areal. In Richtung der Rosa-Ferme entstanden Unterkünfte für mehrere 100 Soldaten, Materiallager und weitere Einrichtungen. |
Der so entstandene, sich stetig vergrößernde Lagerbereich erhielt einen Feldbahn-Anschluss, der eine Anbindung sowohl nach vorne an die frontnahen Bereiche als auch nach hinten in die Etappe ermöglichte. Das später so genannte Rouvres-Mühlen-Lager war ab 1916 eine der wesentlichen Versorgungs-Einrichtungen der deutschen Armee hinter der Verdun-Front. Wechselnde Einheiten hatten hier ihren Gefechtsstand.
Der Bereich um die Rouvres-Mühle wurde von den deutschen Truppen bis zum Ende des Krieges genutzt und nach dem Waffenstillstand kampflos geräumt. Viele der Gebäude sind nahezu authentisch erhalten, einschließlich einiger Wandmalereien und -beschriftungen. Im Umfeld finden sich weitere Bauten aus der Zeit der deutschen Besetzung, wie ein eigens für die Unterbringung von Offizieren errichtetes Haus, das leider vom Einsturz bedroht ist. In Richtung Rosa-Ferme kann man das Gelände des ehemaligen Rouvres-Mühlen-Lagers mit Resten einzelner Stein- und Betonbauten erkunden. Zudem findet sich das Gebäude des ehemaligen Bahnhofs Rouvres-Mühle in erstaunlich gutem Zustand auf einer Wiese nahe der Mühle.