Butte de Montsec - Geschichte und Gegenwart
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Der Butte de Montsec ist aufgrund des auf seiner Kuppe stehenden Denkmals in der Erinnerung an die Kämpfe im Frontbogen von Saint-Mihiel untrennbar mit dem Einsatz amerikanischer Truppen in den Jahren 1917 und 1918 verbunden. Dabei lag der Hügel, was in militärhistorischen Ausarbeitungen vielfach anders dargestellt wird, zu keiner Zeit im Einsatzbereich amerikanischer Einheiten und auch nicht im amerikanischen Angriffsstreifen bei der Offensive ab dem 12. September 1918. Vielmehr wurde der Butte de Montsec, wie auch die weiter westlich gelegenen Abschnitte in Richtung der Stadt Saint-Mihiel (Bois d´Apremont, Bois Brûlé, Bois d´Ailly), von Einheiten des 2. französischen Kolonial-Korps, insbesondere der 39. französischen Infanterie-Division, nach teils schweren Kämpfen am 13. September 1918 von den sich zurückziehenden deutschen Truppen erobert.
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Butte de Montsec - Vorgeschichte:
Die Geschichte des Hügels von Montsec und des an seinem Fuß liegenden, gleichnamigen Dorfes reicht zurück bis in die gallo-römische Frühgeschichte, wie entsprechende Münzfunde belegen. Der Hügel lag unmittelbar an einer wichtigen Römerstraße (heutige D 119), über die St. Mihiel und andere Siedlungen mit den Mosel-Städten Metz, Nancy und Trier sowie den weiter östlich gelegenen römischen Zentren am Rhein wie Mainz und Köln verbunden war.
Auf dem Hügel existierte ein römisches Kastell, das den Namen "Mocio" trug. Nachdem im Jahr 451 n. Chr. der römische Feldherr Flavius Aetius den hunnischen Truppen Attilas auf den Katalaunischen Feldern standgehalten hatte, wurde das Gebiet östlich der Maas Teil des austrasischen Reiches, später des Ostfrankenreichs. Überliefert ist nach der Zerstörung der ursprünglichen Anlagen durch die Hunnen ein neues Militärlager ab dem achten Jahrhundert n. Chr., das den Namen "Castrum Vabrense" trug. Später wird auch von einer zivilen Ansiedlung und einer Basilika berichtet. Die Bezeichnung für das Militärlager änderte sich in "Chastel Montclin". Hiervon leitete sich der heutige Name ab. |
Butte de Montsec - 1914-1918:
Bei archäologischen Ausgrabungen entdeckte man Mitte des 19. Jahrhunderts umfangreiche Tunnelanlagen im Hügel von Montsec, die auf das achte bis zwölfte Jahrhundert n. Chr. datiert wurden. Teile dieser Tunnelanlagen wurden durch deutsche Truppen genutzt und ausgebaut, als sie den Hügel im September 1914 eingenommen und sodann über vier Jahre hinweg zu einem militärischen Fixpunkt an der südlichen Flanke des Frontbogens von St. Mihiel machten.
Einheiten der Garde-Ersatz-Division und später der 5. Landwehr-Division errichteten ab Frühjahr 1915 auf der Kuppe des Butte de Montsec im Wesentlichen drei größere Stollenkomplexe nebst Beobachtungspositionen. Diese erhielten die Bezeichnung "Plewna I, Plewna II und Plewna III". Der Name Plewna (Plewen) wurde abgeleitet von der gleichnamigen Stadt in Bulgarien, die im Juli 1877 Schauplatz einer mehrwöchigen Schlacht während des russisch-türkischen Krieges war.
Von den Stollen und Stellungen auf dem Butte de Montsec sind oberirdisch noch Spuren zu finden, so der verschüttete Eingang zur Anlage Plewna I, den man unmittelbar nach der ersten Kurve bei der Auffahrt zum Hügel am Hang unweit einer Treppe ausmachen kann. Folgt man dem Wanderweg hinauf, kann man oberhalb davon die ehemals zur Anlage "Plewna I" gehörenden Beobachtungspositionen und Stellungen erahnen. Fährt man auf den Hügel und folgt einem Pfad hinter dem amerikanischen Denkmal in den Wald hinein, gelangt man zu dem ehemals zentralen Beobachtungsstand "Plewna II", von dem besser erhaltene Reste zu begutachten sind. So finden sich ein gemauerter Ausguck, Reste von Schützengräben, gemauerte Stollenhälse und Betonreste. Beobachtungsstand "Plewna III" lag auf der Kuppe des Hügels etwa an der Stelle, an der sich heute das amerikanische Denkmal befindet. Reste der Anlage konnten bislang nicht aufgefunden werden. Leider sind kaum Fotos oder nähere Informationen zu diesen Anlagen und deren militärischer Nutzung bekannt.
Während des französisch-amerikanischen Angriffs ab dem 12. September 1918 kam es im Bereich des Butte de Montsec im Gegensatz zu den vorgelagerten Stellungsabschnitten des Géréchamp-Waldes sowie des Bergrückens Le Mont zu keinen nennenswerten Kämpfen. Dorf Montsec und Hügel wurden, nachdem sich die deutschen Truppen planmäßig im Rahmen der "Loki-Bewegung" zurückgezogen hatten, am 13. September 1918 von Teilen der 39. französischen Infanterie-Division eingenommen.
Das Dorf Montsec war wegen seiner schweren Zerstörungen, die bereits während des deutschen Vormarsches 1914 durch französische Artillerie eintraten, sowie durch den fortgesetzten Beschuss über die folgenden Jahre hinweg für die deutschen Truppen kaum unterkunftstauglich. Man hielt sich in den umliegenden Waldlagern auf. Insofern finden sich in dem Dorf auch kaum authentische Überbleibsel oder Fotografien aus der deutschen Besatzungszeit. Eine Ausnahme bildet das ehemalige Waschhaus, das während des Krieges kaum zerstört wurde und heute noch nahezu in seinem Ursprungszustand erhalten ist. Es beinhaltet eine kleine Ausstellung, die mittels einiger Fotografien die Periode deutscher Okkupation des Ortes beschreibt. Neben dem Waschhaus stand zu Kriegszeiten ein Denkmal, von dem heute keine Reste mehr auszumachen sind. Auf ihm stand der aus einer im Februar 1888 vor dem Deutschen Reichstag gehaltenen Rede des Reichskanzlers Otto von Bismarck stammende Satz:
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"Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt
Dieser heroische und häufig auf deutschen Denkmälern oder auch Postkarten benützte Passus beschränkt sich auf die erste Hälfte der Aussage Bismarcks und blendet deren wesentlichen Kern aus, der folgendermaßen lautete:
und die Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben und pflegen lässt."
Am nördlichen Ortsausgang, nahe der nach Woinville führenden ehemaligen Römerstraße (heutige D 119) liegt ein weiteres interessantes Relikt aus Kriegszeiten. Es handelt sich um einen großen deutschen Befehlsbunker der für diesen Frontbereich zuständigen Abschnitts-Kommandantur L. Vielfach liest und hört man auch aus fachkundigem Munde ohne entsprechenden Beleg, es handele sich um die ehemalige Telefonzentrale der Stellungen auf dem Butte de Montsec. Diese Einschätzung ist zweifelhaft, da alle erreichbaren Quellen insofern von einem Kommandobunker sprechen und auch keinerlei Verkabelungen auf zeitgenössischen Bildern oder den heutigen Resten der Anlage erkennbar sind.
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Unmittelbar neben diesem Bunker finden sich die Überreste eines weiteren betonierten Bauwerks, auf dem ein Wappen mit dem hessischen Löwen sowie dem Ausspruch "HESSENTREUE" zu finden ist. Die Entstehung und Funktion des Bauwerks ist mangels zeitgenössischer Fotos und Informationen bislang unklar.
Folgt man dem Feldweg, an dem die zuvor beschriebenen beiden Bunker liegen, entlang des nördlichen Hangs des Butte de Montsec, gelangt man nach kurzer Wegstrecke an einen flacher werdenden Bereich. Hier sind diverse Reste deutscher Lagerbauten erkennbar, ebenso Abraumhalden sowie Lüftungsrohre einer großen Tunnelanlage, die ausgehend eines von den Deutschen "Küchenwäldchen" genannten Unterholzes an der D 119 nördlich Montsec zu einem dortigen unterirdischen Lagerkomplex und weiter hinauf zu dem System "Plewna III" führte. Diese Anlage nannten die Deutschen "Hohenzollern-Stollen". Man erkennt heute noch den eingestürzten Bereich des Tunnels auf der zwischen "Küchenwäldchen" und Butte de Montec liegenden Wiese. Zudem finden sich unmittelbar an der D 119 Gebäudereste, die mit dem ehemals doppelt ausgeführten Tunneleingang in Zusammenhang standen.
Butte de Montsec - Nachkriegszeit und Denkmalerrichtung:
Anfang der 1920er Jahre begannen auf amerikanischer Seite Überlegungen, wie man mit den mehr als 100.000 gefallenen Soldaten aus den Kämpfen des Ersten Weltkriegs umgehen sollte, die ganz überwiegend noch in Frankreich bestattet waren. Eine Befragung unter Angehörigen ergab, dass die große Mehrheit eine Rückführung (Repatrialisierung) der Leichname nach Amerika wünschte und lediglich etwa 30 % einen Verbleib der gefallenen Angehörigen nahe der Kampfstätten in Frankreich sowie die Errichtung dauerhafter Friedhöfe und Gedenkstätten befürworteten. Beiden Wünschen wurde Rechnung getragen. Im Jahr 1923 wurde durch den US-Kongress die American Battle Monuments Commission (ABMC) mit ihrem Hauptsitz in Arlington gegründet, die sich um die Schaffung entsprechender Kriegsgräberstätten und Denkmäler in Frankreich sowie später auch in allen anderen Ländern mit amerikanischer Kriegsbeteiligung kümmern sollte.
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Erster Chairman der ABMC war bis zu seinem Tode im Jahr 1948 General of the Armies John Joseph Pershing, der ehemalige Befehlshaber der American Expeditionary-Forces (AEF) sowie der 1. US-Armee, die den Angriff zur Beseitigung des St-Mihiel-Frontbogens ab dem 12. September 1918 geplant und befehligt hatte. Neben der großen Gedenkstätte auf dem Butte de Montfaucon für die Gefallenen der Maas-Argonnen-Offensive wurden zwei weitere große Gedenkstätten im Bereich der anderen beiden Schlachfelder mit amerikanischer Beteiligung beschlossen: dem Aisne-Marne-Abschnitt sowie dem Frontbogen von St. Mihiel.
Im Jahre 1924 entschied man sich für die Errichtung eines einheitlichen Denkmals für die Gefallenen der 1. und 2. US-Armee sowie weiterer Einheiten, die 1917 und 1918 im Bereich des Frontbogens von St. Mihiel, auf den weiter nördlich gelegenen Schlachtfeldern Lothringens sowie auch südlich bis zum Elsass hinab gekämpft hatten. Als Standort wurde der markante Butte de Montsec bestimmt. Erst im Jahr 1930 wurde nach anfänglichen Unstimmigkeiten zwischen Franzosen und Amerikanern über Ausgestaltung und Kosten mit dem Bau des Montsec American Monument begonnen. Die Planung übernahm der amerikanische Architekt und Bildhauer Egerton Swartwout. Es entstand eine aus Säulen und einem aufgesetzten Kranz bestehende, kreisrunde Kolonnade im dorisch-griechischen Stil, in deren Mitte ein großes Landschafts-Relief aus Bronze den Schlachtverlauf und die jeweiligen Frontstellungen abbildet. Auf den Säulen und dem Kranz wurden alle beteiligten Einheiten sowie deren wesentliche Einsatzorte aufgeführt.
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Im Jahr 1937 wurde das Montsec American Monument im Rahmen einer feierlichen Zeremonie, die filmisch festgehalten wurde, eingeweiht. Bereits im Jahr 1939 begann der Zweite Weltkrieg, der durch den deutschen Westfeldzug im Juni 1940 nach nur wenigen Wochen letztendlich die Niederlage Frankreichs mit sich brachte. Lothringen, damit auch die Gegend zwischen Maas und Mosel, geriet erneut unter deutsche Besatzung, die bis in das Jahr 1944 anhalten sollte. Zu wesentlichen Kampfhandlungen kam es im Bereich des Butte de Montsec erst gegen Ende des Krieges. Am 01. September 1944 erreichten Einheiten des 317. US Infanterie-Regiments die Gegend östlich der Stadt. St. Mihiel. Zuvor waren mehrere Luftangriffe auf den Butte de Montsec geflogen worden, da sich auf dem Hügel deutsche Einheiten verschanzt haben sollten. Die Rede war von mehreren Maschinengewehr-Nestern, deren Existenz jedoch fraglich und unbelegt blieb. Durch das Bombardement wurde das Denkmal sowie die umliegenden Bereiche der Gedenkstätte erheblich beschädigt. Im Jahr 1948 erfolgte die Restaurierung und endgültige Gestaltung, wie sie heute zu besichtigen ist.
Im Rahmen einer Rundfahrt durch den Frontbogen von St. Mihiel stellt der Butte de Montsec ungeachtet seiner überschaubaren militärhistorischen Bedeutung stets eine besondere Zwischenstation dar. Ein wesentlicher Grund wird sein, dass man von dem Hügel bei gutem Wetter den gesamten damals von den Deutschen gehaltenen Landstrich bis zurück an das Tal der Mosel sowie entlang der Côtes Lorraines nach Norden unmittelbar bis an das Schlachtfeld von Verdun einsehen kann. Der Butte de Montsec bietet damit eine unvergleichliche Möglichkeit, das Entstehen und die Kämpfe im Bereich des Frontbogens von St. Mihiel geografisch zu erklären und zu verstehen.