Caures-Wald - Bois des Caures -
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Bereits Ende September 1914 kam es nahe der Stadt Verdun zu heftigen Gefechten. Der deutsche Vormarsch aus nordöstlicher Richtung wurde durch die Franzosen zum Stehen gebracht. Ebenso scheiterten mit dem Rückzug der deutschen Truppen von der Marne die Bemühungen, Verdun von Westen und Süden her abzuschnüren.
Nach der Belagerung der belgischen Festungen Lüttich, Namur und der französischen Festungsstadt Maubeuge hatte sich bei den Franzosen eine Neubewertung des eigenen Verteidigungskonzepts ergeben. Die nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 geschaffenen Festungsbereiche wie Belfort oder eben auch Verdun passten in Anbetracht des artilleristischen Fortschritts nicht mehr in eine moderne Verteidigungsstrategie. In Belgien hatte sich gezeigt, dass selbst starke Forts wie die um die Stadt Lüttich binnen kurzer Zeit durch moderne Belagerungsgeschütze zerschlagen werden konnten. |
Auf Grund dieser Erfahrungen schufen die Franzosen östlich und nördlich Verdun ab Beginn des Monats September 1914 gestaffelte Infanterie- und Artilleriestellungen, um eine elastische Verteidigung mit Tiefengliederung zu ermöglichen. Teil dieser neuen Verteidigungslinien wurden die französischen Stellungen im Bereich des Bois des Caures und der östlich angrenzenden Waldgebiete Bois de Ville und Herbebois sowie des Bois de Haumont und Bois de Consenvoye im Westen. Im Bereich dieser Stellungen sollte es bei dem Vormarsch der deutschen Truppen im Februar 1916 zu schweren Kämpfen kommen.
Ab November 1914 lag der Caures-Wald im Einsatzbereich des 7. Westpreußischen Infanterie-Regiments Nr. 155 als Teil der verstärkten 77. Infanterie-Brigade. Das Regiment hatte einen breiten Abschnitt einzunehmen, der mit Front nach Süden von Moirey über Crépion und anschließend entlang des Südrandes der Wälder von Crépion, Wavrille und Etraye verlief.
Das I. Bataillon lag an der östlichen Flanke und hatte vorneweg mehrere Feldwachen eingerichtet. Nach einer dort befindlichen französischen Grablage für mehrere Gefallene aus den Gefechten im Jahr 1914 wurde eine dieser Feldwachen "Franzosengrab" genannt. Sie befand sich südlich Flabas beim Austritt der heutigen D 125 aus dem Bois Juré, wo später die deutsche Sturmausgangsstellung für den Angriff im Februar 1916 lag. Die sich südlich anschließende Freifläche wurde als "Müllerplatz" bezeichnet, dies nach Oberleutnant Müller, dem Führer der 4. Kompanie des Koblenzer Pionier-Bataillons 30. Die Pioniere waren neben dem IR 155 bis Mitte 1915 im dortigen Bereich eingesetzt. |
Die Regimentsgeschichte des IR 155 berichtet von erheblichen Schwierigkeiten, auf die die Truppe stieß. Es existierte keine zusammenhängende Grabenlinie, die den Namen Stellung verdient hätte. In den vorderen Gräben gab es keine Unterstände, die Schutz vor Artillerie- oder Schrapnellfeuer geboten hätten. Zur nächstgelegenen Position des sich östlich anschließenden Reserve-Infanterie-Regiments 98 (10. Reserve-Division) klaffte eine Lücke von etwa eineinhalb Kilometern. Dort wäre es den Franzosen möglich gewesen, unbemerkt und mit starken Kräften den gesamten deutschen Stellungsabschnitt zu hinterfassen. Zudem gab es nur unzureichende und dem Artilleriefeuer ausgesetzte Unterkünfte in dem Waldgebiet in Form einfacher Holz- oder Lehmhütten sowie spärlicher, feuchter Unterstände. Dem Abschnitt wurde durch die deutschen Soldaten deshalb der Name "6. geflickte Hose" gegeben.
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Auf Grund seiner exponierten Lage wurde im November 1914 der Ausbau des Bereichs "Franzosengrab" links und rechts der D 125 zur Aufnahme zweier kompletter Züge angeordnet. Zudem sollte die Lücke zu den sich östlich Richtung Ville-devant-Chaumont anschließenden Einheiten der 10. Reserve-Division gesichert werden. Mit der Leitung dieser Arbeiten wurde der Führer der 2. Kompanie des IR 155, Hauptmann Rotzoll, später Kommandeur des I. Bataillons, beauftragt. Der fertige Stützpunkt wurde "Rotzoll-Feste" und der heute "le Miroir" genannte Waldstreifen südlich Flabas "Rotzoll-Wäldchen" getauft. In den folgenden Wochen wurden die Stellungen weiter vorgeschoben, so dass sich Ende November 1914 eine durchgehende Linie im Abschnitt der 77. Infanterie-Brigade ergab, die sich vom Ormontwald im Nordwesten über den Haumontwald, den Abschnitt des IR 155 südlich Flabas bis zum östlichen Rand des heutigen Bois le Comte an der D 905 erstreckte.
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Das deutsche Stellungssystem wurde kontinuierlich weiter verstärkt. Wie häufig, wurden für einzelne markante Positionen Bezeichnungen verwendet, die in einem geografischen oder personellen Zusammenhang mit den eingesetzten Einheiten standen. Für die Stellungsabschnitte "Neu Ostrowo" und "Neu Pleschen" fanden die Ortsnamen zweier Garnisonsstädte des IR 155 Verwendung. Andere Punkte erhielten die Namen von Offizieren wie "Preußkers Wunsch", "Fadenseck" oder "Ravensteingraben". Einige dieser Namen wurden beibehalten, auch nachdem sich die Zuständigkeiten für den Abschnitt geändert hatten. Namen wie die des "Rotzoll-Wäldchens" oder des "Müllerplatzes" sind heute noch in militärhistorischen Ausarbeitungen oder bei entsprechenden Exkursionen gängige Geländebezeichnungen.
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Über den Monat Dezember 1914 versuchten die Franzosen wiederholt, die deutschen Stellungen von der Hochfläche des Caures-Waldes in Richtung Osten zurückzudrängen. Insbesondere hatten sie es auf die bis dato nur unzureichend gesicherte Höhe 322 östlich Flabas (la Tanière) abgesehen. Von dort hätten sie tief in das deutsche Hinterland blicken können. Es kam zu heftigen Artillerieangriffen und wechselseitigen Unternehmungen, bei denen es den Franzosen im nur unzureichend gesicherten östlichen Bereich des Abschnitts bei den Positionen "Fadenseck" und "Waltersruh" gelang, sich in der Flanke der "Franzosengrab-Stellung" festzusetzen. Trotz dieser punktuellen Erfolge und teils deutlicher Verluste auf beiden Seiten hielt die deutsche Verteidigung den französischen Angriffsbemühungen stand.
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Besondere Probleme bereitete den deutschen Truppen eine im Haumontwald postierte französische Artillerieeinheit, die spöttisch "Eselsbatterie" genannt wurde. Es handelte sich um Feldgeschütze, deren Standort trotz intensiver Bemühungen nicht auszumachen war und die über die kommenden Monate empfindlich in die deutschen Stellungen im Caureswald wirken konnten.
Zu Beginn des Jahres 1915 entschloss man sich auf deutscher Seite, den östlich des "Franzosengrabes" (D 125) beginnenden Bereich der Stellung zu begradigen und insgesamt bis an den Waldrand vorzuschieben. Dabei sollten die französischen Postierungen bei "Fadenseck" und "Waltersruh" beseitigt werden, die eine ständige Flankenbedrohung darstellten. Da man für einen Sturmangriff keine Erfolgsaussichten sah, entschloss man sich zu Sappenangriffen. Diese anstrengende und verlustreiche Art der Kriegsführung dauerte bis in den Februar 1915 und wurde begleitet durch wechselseitige Patrouillen-Überfälle sowie heftige Artillerieduelle. Geschaffen wurde letztendlich eine durchgehende, wenn auch im östlichen Bereich weiterhin dünne Linie entlang des Waldrandes links und rechts des Waldaustritts der D 125 am "Müllerplatz", sodann östlich bis über die Höhe des Bois le Comte zu den Stellungen der benachbarten Einheiten. Der im Februar 1915 erreichte Verlauf der vorderen Linien sollte im Wesentlichen ein Jahr Bestand haben und als Sturmausgangsstellung der Deutschen bei dem Angriff auf Verdun ab dem 21. Februar 1916 dienen.
In den folgenden Wochen beruhigte sich die Kampftätigkeit. Franzosen und Deutsche konzentrierten sich auf den Stellungsbau sowie die Verbesserung der rückwärtigen Lagerkomplexe in den Dörfern und Wäldern. Im Bois de Merles entstand ein großes Ruhelager, in dessen Bereich sich heute noch die Reste eines betonierten Wasserturms finden lassen. In den vorderen Stellungen des Caures-Waldes entstanden betonierte Minenwerfer-, Beobachtungs- und MG-Stände.
Im Juni 1915 wurden die Einheiten des PiB 30 aus der Front herausgezogen und in den Argonnen sowie der östlichen Champagne eingesetzt. Der weitere Ausbau der Stellungen erfolgte nunmehr in Eigenregie durch die Einheiten des IR 155, die sich die bautechnischen Fertigkeiten von den Pionieren abgesehen hatten. Im Herbst 1915 wurde unter der Leitung des Leutnants d. L. Paul Eichelkraut, im Zivilberuf Architekt, östlich der D 125 die "Feste Kronprinz" errichtet, eine große, massiv armierte und betonierte Anlage nebst MG- und Beobachtungsständen. Reste der Anlage wie auch anderer betonierter und gemauerter Stellungsbereiche sind im dortigen Bereich noch auffindbar. |