Caures-Wald - Bois des Caures -
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Nach dem Ende der Kämpfe zwischen dem 21. und 24. Februar 1916 setzten im Bereich des Caures-Waldes zunächst die Aufräumarbeiten ein. Umher liegendes Material wurde eingesammelt und verbliebene Gefallene wurden vom Schlachtfeld geborgen. In den Schluchten und Tälern wurden nach und nach viele Artilleriestellungen und große Lagerbereiche geschaffen, um den fortschreitenden Angriff der deutschen Truppen zu unterstützen. Die eigentlichen Kampfhandlungen verlagerten sich aber nunmehr in den Bereich des zentralen Schlachtfeldes, wo sie bis zum Ende des Jahres 1916 fortdauern sollten.
Bereits Mitte 1916 hatte sich der deutsche Angriff auf Verdun festgelaufen. Die inzwischen deutlich überlegene französische Artillerie führte zu massiven Verlusten bei den deutschen Stellungs- und auch Angriffstruppen. Ende August 1916 trat durch die Generale von Hindenburg und Ludendorff ein Wechsel bei der Obersten Heeresleitung ein. Am 2. September 1916 wurde die Einstellung aller Angriffsbemühungen vor Verdun befohlen. Bei einem Großangriff am 24. Oktober 1916 gelang den Franzosen die Rückeroberung des Fort de Douaumont. Am 01. November fiel Fort Vaux wieder in französische Hände. Im Dezember 1916 drückte ein erneuter französischer Großangriff die vorderen Linien bis hinter die zerstörte Ortschaft Louvemont zurück und damit bereits wieder nahe an die Stellungen, die im Februar 1916 erreicht waren. Das war das Ende der deutschen Verdun-Offensive.
Ab dem Jahreswechsel 1916/1917 war im östlichen Verdun-Abschnitt etwas Ruhe eingetreten. Artilleriegefechte und einzelne Unternehmungen traten in den Vordergrund. Für die kommenden Monate lag der strategische Fokus der Entente an anderen Abschnitten der Westfront, so in der Champagne, am Chemin des Dames, in der Gegend zwischen Bapaume und Arras sowie in Belgisch-Flandern.
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Zu nennenswerten Kämpfen, bei denen der Bois des Caures wieder eine Rolle spielen sollte, kam es ab Sommer 1917. Die französischen und englischen Offensiven des Frühjahres hatten keinen Durchbruch gebracht. Für den Monat Juli 1917 sollte eine weitere Offensive folgen, die im Bereich des Frontbogens um die belgische Stadt Ypern ihren Ausgang nahm und als Ziel die Einnahme der deutschen Küstenverteidigung sowie der U-Boot-Basen an der belgischen Nordseeküste hatte. Zur Unterstützung waren mehrere Entlastungsangriffe vorgesehen. Auch nördlich Verdun kam es ab August 1917 zu starken französischen Operationen. Klarheit über die Planungen brachte ein deutsches Unternehmen im Caurières-Wald am 16. August 1917, bei dem sämtliche Befehle für die bevorstehenden Angriffe erbeutet wurden. Die Schwerpunkte lagen auf beiden Seiten der Maas. Sie hatten das ambitionierte Ziel, die deutschen Truppen in die Ausgangsstellungen zu Beginn des Jahres 1916 zurückzudrängen.
Stärkstes Artilleriefeuer bereitete ab dem 17. August 1917 den französischen Sturm vor, der letztendlich am Morgen des 20. August 1917 begann. Östlich der Maas gelang es den Angreifern schon wenige Stunden nach Angriffsbeginn, die schwachen deutschen Stellungen auf der strategisch wichtigen Höhe 344 zu überrennen. Sofortige Gegenangriffe brachten keinen Erfolg. Westlich der Maas wurden am 21. August 1917 Teile der Höhe Toter Mann genommen. Hierdurch gerieten die deutschen Positionen auf der angrenzenden Höhe 304 in Gefahr, so dass am 22. August 1917 die Räumung beider Höhen und die Rücknahme der Verteidigung in die nördlich des Forges-Bachs geschaffene Hagen-Stellung erfolgte. Dadurch wiederum waren die deutschen Positionen östlich der Maas durch französische Artillerie in der Flanke bedroht, so dass die Pläne zur Rückgewinnung der seit Februar 1916 in deutschem Besitz gewesenen Höhe 344 aufgegeben wurden. Gleichwohl gingen hart südlich des Bois des Caures die erbitterten Kämpfe weiter. Das inzwischen nur noch aus Steinhaufen bestehende Dorf Beaumont wechselte bis in den September 1917 mehrfach den Besitzer, konnte letztendlich von den Deutschen jedoch behauptet werden.
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Bereits 1916 war im Bereich des Bois des Caures mit dem Bau rückwärtiger Verteidigungslinien begonnen worden. Aus der ehemaligen Sturmausgangsstellung des Jahres 1916 nördlich des "Müller-Platzes" wurde die Volker-Stellung. Südlich davon war aus der ehemaligen französischen Hauptstellung die Hagen-Stellung geschaffen worden. Die vorderste deutsche Linie verlief in Form des Beaumont- und Haumont-Riegels am südlichen Rand der Ortschaft Beaumont und durch das Fay-Wäldchen.
Eine der Mitte 1917 begonnenen Verbindungslinien war der Caureswald-Riegel. Er verlief ausgehend der Gabelung D 905/D 125 auf dem Höhenzug nördlich der Hessenschlucht (heutige D 905) in Richtung Westen und hatte bei der Anglemont Ferme Anschluss an die Brabanter-Stellung. Seit den Kämpfen im Februar 1916 wurde die Gabelung D 905/D 125 zu Ehren des 1916 dort eingesetzten XVIII. (hessischen) Armeekorps "Hessenplatz" genannt. Wegen der knapper werdenden Materialreserven und vor Allem des Mangels an Arbeitskräften wurde der Caureswald-Riegel nicht mehr vollendet. Von einer verteidigungsfähigen Linie konnte keine Rede sein. In den wenigen Schilderungen der dort bis in das Jahr 1918 eingesetzten Regimenter ist die Rede von unbefestigten, zusammengefallenen und unter Wasser stehenden Gräben ohne Unterstände und ohne durchgehendes Drahthindernis. |
Mit den zwischen August und Dezember 1917 vor Verdun erzielten Erfolgen gaben sich die Franzosen zunächst zufrieden. Über die erste Jahreshälfte 1918 kam es bis auf einzelne Unternehmungen und das ständig anhaltende Artilleriefeuer auf dem Ostufer zu keinen nennenswerten Kampfhandlungen. Die feindlichen Truppen lagen sich im Bereich des Bois des Caures eher passiv gegenüber und waren mit Stellungsbau beschäftigt. Der Schwerpunkt des Krieges hatte sich auf das Westufer verlagert und vor allen Dingen erneut in die nördlicheren Abschnitte der Westfront. Im Oktober 1917 gelang den Franzosen in der Schlacht an der Laffaux-Ecke die im Frühjahr 1917 missglückte Rückeroberung des Chemin des Dames. Zudem konnten sie trotz erheblicher deutscher Anfangserfolge die als Große Schlacht in Frankreich bezeichneten und mit einem Großteil der Reserven geführten deutschen Offensiven parieren. Dadurch wurde die Endphase des Krieges eingeleitet.
Anfang Oktober 1918 setzten erneut starke Angriffsbemühungen gegen die deutsche Front nördlich Verdun ein. Die strategische Gliederung der Frontabschnitte war ab Ende 1916 mehrfach umgestaltet worden. Die auf dem Westufer stehenden Einheiten waren zur Maasgruppe West zusammengefasst. Die Truppen auf dem Ostufer gehörten zur Maasgruppe Ost. Diese wurde später mit der Schaffung der Gruppe Ornes nochmals unterteilt.
Übergeordnet war die seit Januar 1918 eingerichtete Heeresgruppe Gallwitz unter dem General der Kavallerie Max Karl Wilhelm von Gallwitz. Zu der Heeresgruppe Gallwitz gehörte die 5. Armee mit den Maasgruppen West und Ost. Diese war bis Februar 1918 der westlich anschließenden Heeresgruppe Deutscher Kronprinz zugeordnet gewesen. Von Gallwitz war zunächst neben der Heeresgruppenleitung auch die Führung der 5. Armee übertragen, deren Kommando am 27. September 1918 auf General der Kavallerie Georg von der Marwitz überging. Hinzu kam südlich die Armee-Abteilung C. Die ehemals Armee-Gruppe von Strantz genannte Armee-Abteilung, die im St. Mihiel-Frontbogen eingesetzt war, stand seit März 1918 unter dem Kommando von Generalleutnant Georg Fuchs. |
Ende September 1918 befand sich der Bereich nördlich Verdun mit dem Caures-Wald am äußersten südöstlichen Rand der geplanten amerikanischen Maas-Argonnen-Offensive. Zum Einsatz kamen Truppenteile der First U.S. Army unter General John J. Pershing, dessen Nachfolger ab Oktober 1918 General Hunter Ligett wurde. Die First U.S. Army hatte sich bereits ab dem 12. September 1918 einen Namen gemacht bei der amerikanischen Offensive im Frontbogen von St. Mihiel. Am westlichen Rand des Bois des Caures standen die Einheiten der 29th Division. Östlich schlossen sich die Französische 18. Division d´infanterie, die 26. Division d´infanterie sowie die 10. Division d´infanterie coloniale an, die im Zusammenwirken mit den Amerikanern angreifen sollten. Ziel war es in diesem Abschnitt, die deutschen Positionen so weit als möglich nach Norden und Nordosten zurückzudrücken.
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Ab dem Ende des Jahres 1917 hatte die Oberste Heeresleitung vom österreichischen Armee-Oberkommando die Überstellung mehrerer k.u.k.-Divisionen, unter Anderem für den bedrohten Verdun-Abschnitt, gefordert. Diesem Ersuchen kamen die Österreicher erst nach, als sich im Sommer 1918 die Ernährungslage in der Heimat dramatisch zuspitze. Es kam in den Fabriken zu Massenstreiks der Arbeiterschaft. Gegen umfangreiche deutsche Getreidelieferungen sagte das Armee-Oberkommando in Wien zögerlich die Überstellung von insgesamt 6 Divisionen zu. Im Juli 1918 war zunächst die 35. k.u.k. Infanterie-Division im Bereich des Frontbogens von St. Mihiel einsatzbereit. Im selben Monat erreichte die 1. k.u.k. Infanterie-Division sowie Teile der 106. k.u.k. Landsturm-Division den Bereich nördlich Verdun. Beide Formationen gehörten zum XVIII. k.u.k. Armeekorps unter dem Kommando des Feldmarschall-Leutnants Ludwig Goiginger.
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Die Truppen spiegelten einen Queschnitt durch den österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaat wieder. Es fanden sich neben Deutsch-Österreichern Rumänen, Ungarn, Tschechen, Kroaten und Serben, die sich untereinander nur schwer verstanden. Befehle mussten in mehreren Sprachen erteilt werden. Zudem waren die Einheiten schlecht ausgestattet. Es finden sich vereinzelte Hinweise in deutschen Regimentsgeschichten. Danach trugen viele der Soldaten keine Stiefel und die Uniformen waren zerrissen. Auch die Ausstattung mit Waffen war unzureichend. Nach ihrem Eintreffen mussten die k.u.k.-Truppen über mehrere Wochen durch Übungen an die Verhältnisse der Westfront gewöhnt werden. Diese unterschieden sich grundlegend von den bisherigen Einsatzgebieten (Balkan, Russland, italienische Bergfront).
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Über das Verhältnis zwischen deutschen und österreichischen Soldaten gibt es unterschiedliche Darstellungen. Vielfach wird berichtet, dass die Österreicher ausgepfiffen und misstrauisch beäugt worden seien. Man sah sie als Kriegsverlängerer an. Schimpfworte wie "Kamerad Schnürschuh" machten die Runde. Andererseits finden sich Schilderungen, wonach die österreichischen Truppenkasinos auf Grund des guten Essens sowie der stets fröhlichen Stimmung gern besuchte Orte auch bei den deutschen Soldaten gewesen seien.
Im Abschnitt des Caures-Waldes stand ab September 1918 die 15. (rheinische) Infanterie-Division. Sie hielt als Vorposten-Linie den ehemaligen Beaumont- und Haumont-Riegel hart südlich des Dorfes Beaumont sowie die sich nach hinten anschließenden Stellungen. Als Hauptverteidigungslinie war die ehemalige Hagen-Stellung im zentralen Bereich des Caures-Waldes ausgebaut worden.
Die österreichischen Verbände wurden nach ihrem Eintreffen auf die Frontabschnitte verteilt. Überwiegend gelangten sie im westlichen Bereich der Maasgruppe Ost (Abschnitt Brabant) zum Einsatz. Bei der 15. Division wurden die drei k.u.k Feldjäger-Bataillone 17, 25 und 31 eingesetzt. Sie waren im Regimentsverband unter Oberstleutnant Marchan dem Kommando der 15. Division unterstellt und hatten den Bereich des Caureswald-Riegels bis zum "Hessen-Platz" einzunehmen. Dem Kommandanten des XVIII. k.u.k-Armeekorps, FML Goiginger, übertrug man die Führung der Gruppe Ornes, in deren Bereich auch der Abschnitt Herbebois und Wavrille lag. Es war ein Unikum, dass ein österreichischer Offizier einen entsprechend großen Abschnitt an der Westfront kommandierte. |
Die amerikanisch-französische Maas-Argonnen-Offensive begann am 26. September 1918. Die Angriffe konzentrierten sich auf das westliche Ufer der Maas und vor Allem auf den Argonnen-Abschnitt und die Champagne. In den ersten Tagen gelang den amerikanischen Einheiten entlang der Maas ein sehr tiefer Einbruch in die deutschen Linien. Teile der 15. Infanterie-Division wurden der Maasgruppe West im Bereich Sivry-sur-Meuse unterstellt, um das Vordringen der amerikanischen Einheiten abzuriegeln. Bei der Maasgruppe Ost blieben die Alliierten bis auf massives Artilleriefeuer zunächst passiv.
Am 08. Oktober 1918 begann auch östlich der Maas der alliierte Angriff. Im Abschnitt Beaumont griffen nach starker Artillerievorbereitung die französischen Divisionen an. Nachdem die Vorpostenstellung südlich Beaumont planmäßig geräumt und die Verteidigung in die Hauptwiderstandslinie nördlich der Hessenschlucht (D 905) zurückgenommen war, gelang es den deutschen und österreichischen Verbänden, die sich wiederholenden französischen Angriffe abzuwehren. Besonders im Bereich des "Hessen-Platzes" kam es zu erbitterten Kämpfen.
Problematisch gestaltete sich die Situation in den weiter westlich gelegenen Abschnitten, wo die dort stehenden Teile der 1. k.u.k.-Division dem amerikanischen Ansturm letztendlich nicht gewachsen waren. Durch feindliches Vordringen im Bereich des Ormont- und Haumont-Waldes drohte die Umfassung der deutschen Front. Die Hauptwiderstandslinie musste am 11. Oktober 1918 in die ehemalige Volker-Stellung am "Müller-Platz" zurückgenommen werden. |
Bis zum 11. Oktober 1918 versuchten die Franzosen im Bereich des Caures-Waldes mit immer neuen, jedoch vergeblichen Angriffen, einen Durchbruch zu erzielen. Am Abend wurde das österreichische Jäger-Regiment Marchan, das bei den Kämpfen erheblich dezimiert worden war, aus der Front genommen. Inzwischen waren Verstärkungen durch Einheiten der 1. Landwehr-Division herangeführt worden. Das 31. Landwehr-Infanterie-Regiment übernahm die Stellungen der österreichischen Jäger im Caures-Wald.
Bereits ab dem 10. Oktober 1918 hatten Teile der 26th US Division in die Kämpfe um den Bereich des Caures-Waldes eingegriffen. Die amerikanischen Truppen konnten jedoch wie die Franzosen keinen Durchbruch erzielen. Hiernach flauten die Auseinandersetzungen ab. Franzosen und Amerikaner hatten erhebliche Verluste erlitten und waren zu weiteren Angriffen nicht mehr in der Lage. Auch die Einheiten der 1. k.u.k. Infanterie-Division waren erheblich geschwächt. Sie wurden am 17. Oktober 1918 in den Bereich Sivry-sur-Meuse verlegt und durch Einheiten der 228. Infanterie-Division ersetzt. Am 04. November 1918 wurden die österreichische Verbände komplett aus der Front genommen.
Nochmals kam es ab dem 09. November 1918 zu heftigen Kämpfen. Amerikanische Einheiten waren entlang der Maas erneut weit nach Norden vorgedrungen. Um eine geschlossene Verteidigungsfront beizubehalten, mussten die deutschen Linien nach Osten zurückgebogen werden. Am 04. November 1918 wurde die Besetzung der Antwerpen-Maas-Stellung befohlen. Am 07. November 1918 wurde deshalb die deutsche Hauptverteidigungslinie aus dem Caures-Wald in die Kriemhild-Stellung zurüchgenommen. Diese verlief etwa auf einer Höhenlinie Damvillers - Romagne - Azannes. Ab dem 09. November 1918 gingen Einheiten der 79th US Division gegen die dortigen Stellungen der 1. Landwehr-Division vor. Obwohl der Waffenstillstand bereits vereinbart war, setzten sich die Angriffe bis über den Vormittag des 11. November 1918 unvermindert fort. Die Amerikaner hatten hohe Verluste. Viele Soldaten kamen bei verbissen geführten Sturmangriffen einzelner Gruppen noch unmittelbar vor dem Eintritt der für 11.00 Uhr französischer Zeit vereinbarten Waffenruhe im deutschen Abwehrfeuer um. Was die Amerikaner mit diesen Angriffen in letzter Minute bezweckten, die viele junge Soldaten das Leben kosteten, ist bis heute unklar.
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