Abwehrschlacht in der Champagne und an der Maas |
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Maas-Argonnen-Offensive - Sommer 1918 - Amerikaner an der Westfront
Der Kriegserklärung der USA gegenüber dem Deutschen Reich waren von April 1917 bis Mitte 1918 etwa eine Million amerikanische Soldaten auf den französischen Kriegsschauplatz gefolgt. Der Kommandeur der "American Expeditionary Forces", kurz "AEF", General John J.(oseph) Pershing, war bestrebt, sobald als möglich eine eigenständige Armee unter eigenem Kommando zu bilden, anstatt, wie es Franzosen und Engländer wünschten, die Truppen verstreut an der Front unter fremdem Befehl einzusetzen. Anfangs gestaltete sich das schwierig, denn die Soldaten kamen nur in kleinen Gruppen über den Atlantik, ohne Artillerie, Panzer und sonstiges Gerät. Sie waren auf die Ausrüstung durch die alliierten Streitkräfte angewiesen. Die meisten Einheiten waren kampfunerfahren und mussten noch vor Ort für die kommenden Aufgaben trainiert werden.
Zu einem ersten Achtungserfolg gelangte die bereits in den USA kriegsmäßig ausgebildete 1. US Infanterie-Division im Mai 1918 in der Schlacht bei Cantigny. Es folgten weitere erfolgreiche Einsätze. Auf entsprechendes Drängen und mit Einwilligung des alliierten Oberbefehlshabers, des französischen Generals Ferdinand Foch, wurde am 10. August 1918 die 1. US Armee unter der Führung Pershings aufgestellt.
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Nachdem die deutschen Großoffensiven des Frühjahres 1918 gescheitert waren, lag die militärische Initiative endgültig auf Seiten der Alliierten. General Foch plante, die deutsche Abwehr durch eine schnelle Folge größerer Angriffe über die gesamte Westfront verteilt zu zermürben, um den Krieg spätestens bis Mitte 1919 zu entscheiden. Diese Phase wird als Hunderttageoffensive bezeichnet. Es handelte sich jedoch nicht um ein einheitlich koordiniertes Geschehen, sondern um separate Operationen der französischen Streitkräfte, des englischen Expeditionsheeres, kanadischer, australischer und anderer Commonwealth-Verbände sowie letztendlich auch der neu gebildeten amerikanischen Einheiten.
Aus den USA wurden während des Krieges drei Armeen in Frankreich aufgestellt, wobei operativ nur die 1. und 2. US-Armee in Erscheinung traten. Die 3. US-Armee stellte nach dem Abschluss des Versailler Vertrages unter dem Kommando des Major General Joseph T. Dickman die amerikanischen Besatzungstruppen auf deutschem Reichsgebiet. |
Am Anfang des alliierten Offensivplans standen mehrere Unternehmungen, die neben der Demoralisierung des Gegners die Gewinnung strategisch wichtiger Landstriche, Straßen- und Eisenbahnverbindungen zum Ziel hatten. Hierzu gehörte die Offensive bei Amiens ab dem 08. August 1918, bei der englische Einheiten die Eisenbahnlinie zwischen Paris und Amiens an der Schnittstelle zwischen den französischen und englischen Verbänden zurückerobern sollten. Für die Deutschen endete der Angriff bereits am ersten Tag in einem Desaster, nämlich in der Zerschlagung ganzer Divisionen, einem etwa 12 Kilometer tiefen Fronteinbruch und dem Verlust von mehr als 30.000 Mann. General Ludendorff formulierte später in seinen Kriegserinnerungen, es habe sich um den "schwarzen Tag des deutschen Heeres" gehandelt.
Eine weitere Einzeloperation wurde zur Generalprobe der Amerikaner für die Ende September 1918 geplante Maas-Argonnen-Offensive: die Schlacht von St. Mihiel. Durch die Rückgewinnung des südlich Verdun gelegenen Frontvorsprungs mit der Stadt St. Mihiel an seiner Spitze sollten die auf die Mitte Deutschlands zielenden Eisenbahnlinien vom Großraum Paris nach Metz und Nancy sowie die wesentlichen in West-Ost-Richtung verlaufenden Straßenverbindungen freigekämpft werden.
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In der Schlacht von St. Mihiel gelang es amerikanischen und französischen Einheiten zwischen dem 12. und 16. September 1918, in den als "Loki-Bewegung" bezeichneten Rückzug der Deutschen auf die Michelstellung zwischen Etain und Pagny-sur-Moselle hineinzustoßen und den deutschen Truppen hohe Verluste an Mensch und Material zuzufügen.
Auch wenn die Amerikaner bei diesen nur fünf Tage dauernden Kämpfen etwa 10.000 Mann einbüßten, zu denen knapp 5.000 Gefallene zählten, war die positive Wirkung auf das Selbstbewusstsein der Soldaten und für das bis dato eher zweifelhafte Ansehen bei den Verbündeten immens.
Ab dem 18. September 1918 wurden wesentliche Teile der amerikanischen Verbände aus dem Bereich St. Mihiel abgezogen, um nur wenige Tage später im Gefüge der 1. US Armee in den Argonnen erneut anzutreten.
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Maas-Argonnen-Offensive - Angriffs- und Verteidigungsvorbereitungen
Seit Mitte September 1918 verzeichneten die deutschen Fronttruppen in den Argonnen verstärkte feindliche Fliegertätigkeit. Auch der Verkehr hinter den französischen Linien nahm merklich zu. Gleichwohl blieb das gegnerische Artilleriefeuer schwach und Patrouillen stellten bis zuletzt nur die bereits bekannten Feindeinheiten fest. Es wurde mit begrenzten Operationen in der Champagne oder an der Maas gerechnet, nicht aber mit einem Großunternehmen und erst recht nicht damit, dass die amerikanischen Divisionen nach der nur wenige Tage zurückliegenden Schlacht von St. Mihiel zu einer eigenständigen Armee formiert den kriegsentscheidenden Großkampf zwischen Argonnen und Maas suchen würden. Noch am 21. September 1918 hieß es im Tagesbericht der 2. (württ.) Landwehr-Division:
"Ein Angriff auf die Divisionsfront wird nicht erwartet." Am 23. September 1918 änderte sich diese trügerisch optimistische Lagebeurteilung durch Aussagen von Gefangenen und aktuellen Ergebnissen der Luft- und Patrouillenaufklärung. Es zeichnete sich ein Angriff der 4. und 5. französischen Armee in der Champagne ab. An der Argonnenfront und östlich bis zur Maas wurde die 1. US Armee angriffsbereit hinter den vorderen Linien erkannt. Der Beginn der Offensive war nur noch eine Frage von wenigen Tagen.
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Bereits am 3. September 1917 war der 2. Landwehr-Division die Verantwortung für die Verteidigung des zentralen Argonnen-Abschnitts übertragen worden, die sie bis zum Ende der Kämpfe auch nicht mehr abgeben sollte. Unter dem Kommando ihres Führers, des preußischen Generals der Artillerie Adolf Franke, wurde der bis dato vernachlässigte Stellungsbau wieder aufgenommen und das Stellungssystem modernen Standards angepasst. Bis Anfang 1918 wurde neben einzelnen Unternehmungen auch der Minenkrieg nochmals intensiviert, ab Februar 1918 jedoch komplett eingestellt. Durch den Ausbau rückwärtiger Stellungen, der Schaffung eines schwach besetzten Vorfeldes und einer starken Hauptverteidigungslinie etwa drei Kilometer hinter den vorderen Schützengräben war die Abwehr elastisch und tief gegliedert worden.
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Am 24. September 1918 wurden durch das Armee-Oberkommando 3 (AOK 3) auf Grund der aktuellen Aufklärungsergebnisse die Vorbereitungen für den Großkampf befohlen. Das Vorfeld wurde von allen kriegswichtigen Dingen geräumt. Die Artillerie bezog die für die Abwehrschlacht vorgesehenen Stellungen. Das Gros der Infanterie ging in die Hauptwiderstandslinie (II. Argonnenlinie) zurück. In den ehemals zentralen Frontabschnitten auf dem Argonnen-Hauptkamm la Fille Morte und Höhe 285 (la Haut Chevauchée) verblieb jeweils nur ein Unteroffiziersposten zur Beobachtung. Im gesamten Vorfeld standen lediglich noch wenige Züge, die sich bei einem größeren Angriff ebenfalls auf die Hauptwiderstandslinie zurückzuziehen hatten.
Am 25. September 1918 traf die aus den Kämpfen an Aisne und Oise beschleunigt herangeführte 76. Reserve-Division ein und wurde sofort auf der Grenze zwischen Argonnen und Champagne (2. und 9. Landwehr-Division) eingeschoben. Die Reserve-Regimenter 252, 253 und 254 sollten den westlichen Teil des Abschnitts Hochwald bis in den Abschnitt Dormoise hinein verteidigen.
Östlich der Argonnen, vom Tal des Flüsschens Aire bis etwa auf eine Linie zwischen den Orten Gesnes und Avocourt, lag der Gefechtsstreifen der 1. Garde-Division. Die preußischen Elite-Regimenter waren im Verlauf des Krieges an allen wesentlichen Schlachten in West und Ost beteiligt gewesen. Bis zum 05. September 1918 hatten sie in den schweren Kämpfen am Chemin des Dames gestanden. Stark dezimiert hatte die Division Mitte September 1918 ihren neuen Argonnen-Einsatzraum erreicht. Alle Versuche ihres Kommandeurs, des Prinzen Eitel Friedrich von Preußen, den neuerlichen Einsatz wegen der unzulänglichen Truppenstärke und mangelnder Kampfkraft zu verhindern, blieben erfolglos. Nach Auffassung der Obersten Heeresleitung sei der neue Abschnitt absolut ruhig und die Division könne sich auch dort erholen. Eine fatale Fehleinschätzung, wie die weitere Entwicklung zeigen sollte.
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Gemeinsam mit der 1. Garde-Division gehörte die 2. Landwehr-Division zur "Gruppe Argonnen" und war dem Generalkommando 58 unterstellt. Unter der Führung des Generalleutnants Alfred von Kleist hatte dieses sein Hauptquartier im Château de Chanzy bei Buzancy eingerichtet. Das Korps trug den Zusatz "z.b.V." (zur besonderen Verwendung), denn es handelte sich um eine der ab dem Jahr 1917 geschaffenen Befehls- und Verwaltungseinheiten ohne feste Bindung an bestimmte Divisionen.
Westlich der Argonnen schloss sich der Zuständigkeitsbereich des Generalkommandos des I. Reserve-Korps an, dem neben der 9. Landwehr-Division auch die 76. Reserve-Division unterstellt wurde. Unter dem Befehl des Generalleutnants Richard Wellmann war das Kommando erst am Morgen des 24. September 1918 aus den Kämpfen der 2. Armee bei Cambrai herausgelöst worden und nahm bereits am Abend desselben Tages Quartier in der Mühle "la Forge" nahe des Ortes Senuc. Es sollte in Erwartung des kommenden Großkampfes mit dem Abschnitt Aisne den rechten Flügel der Gruppe Argonnen übernehmen. Die Front im Bereich der Argonnen untergliederte sich damit in drei Abschnitte, die an Hand ihrer geografischen Lage von West nach Ost mit "Aisne" (76. RD, 9. LID), "Hochwald" (2. LD) und "Tiefland" (1. GID) bezeichnet waren.
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Weiter westlich, am Rand der Champagne zwischen Kanonenberg und der Butte de Tahure, stellte sich auch eine in der Thematik der Argonnenkämpfe altbekannte Befehlseinheit dem Angriff der dort bereit stehenden 4. französischen Armee entgegen: das XVI. preußische Armeekorps. Das ehemalige "Argonnenkorps" war jetzt Teil der "Gruppe Perthes". Kommandeur war Generalleutnant Adolf Wild von Hohenborn, vormals Preußischer Kriegsminister. Von der ruhmreichen Geschichte des XVI. Armee-Korps unter Führern wie Gottlieb Graf von Haeseler oder Bruno von Mudra war in der Endphase des Ersten Weltkriegs kaum etwas übrig geblieben. Die jahrzehntelang den Kern der Truppe bildenden Divisionen 33 und 34 waren inzwischen anderen Armeen zugeteilt worden. Dem Generalkommando unterstanden jetzt die 42., 103. und 202. Infanterie-Division. Erstere war 1912 in Sarrebourg/Lothringen aufgestellt worden, die beiden letztgenannten erst in den Jahren 1915 und 1916 als so genannte "Kriegs-Divisionen" an der russischen Front.
Bis zum Scheitern der deutschen Großoffensiven des Jahres 1918 war es üblich, dass in bedrohten Abschnitten hinter jeder Frontdivision eine weitere Division in Reserve stand. Landsturm- und Landwehreinheiten, in denen vorwiegend ältere Jahrgänge, Landwirte, Handwerker und vielfach Familienväter Dienst taten, waren meist nur in ruhigen Abschnitten eingesetzt. Bei drohendem Großkampf wurden diese gegen aktive Regimenter ausgetauscht. Hierzu bestand im Herbst 1918 keine Möglichkeit mehr.
Auf einer Breite von etwa 25 Kilometern konnte für die Gruppe Argonnen neben einzelnen Landsturm-Bataillonen lediglich die 5. Garde-Infanterie-Division als Eingreiftruppe und Sicherungsbesatzung zur Verfügung gestellt werden. Unter dem Kommando des Generalmajors Walter von Haxthausen hatten deren Regimenter (3. Garde R.z.F., 3. Garde-GrenR, IR 20) noch bis zum 18. September 1918 in der Schlacht bei Vauxaillon an der berüchtigten Laffaux-Ecke gestanden und schwere Verluste erlitten. Mit Kompanien, die im Schnitt nur noch über 30 bis 40 Mann verfügten, war die Truppenstärke etwa auf ein Fünftel des Soll-Bestandes gesunken. Bereits am 20. September 1918 wurde die Division nach eintägiger Bahnfahrt und ohne Gelegenheit zur Ruhe auf dem Bahnhof von Saint-Juvin dicht hinter der Argonnenfront ausgeladen. |
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Maas-Argonnen-Offensive - Deutscher Widerstand in aussichtsloser Lage
Auch die allgemeine Situation Deutschlands im Herbst 1918 bot keinen Anlass mehr zu Optimismus. Aus den Schlachten des Frühjahres waren insgesamt 70 abgekämpfte Divisionen zurückgekehrt. Zehn von ihnen wurden aufgelöst. Die Oberste Heeresleitung hatte alles riskiert und auch den Großteil der taktischen Heeresreserve eingesetzt. An allen Fronten begannen alliierte Gegenangriffe. Der innere Zusammenhalt in der Heimat und gegenüber den Verbündeten bröckelte. Es kam zur Fahnenflucht ganzer Fronteinheiten, zu Großdemonstrationen und Straßenkämpfen in den Städten und zu Massenstreiks in vielen Industrie- und Rüstungsbetrieben. Die Eingliederung von Urlaubern, Wiedergenesenen und Rekruten in die kämpfende Truppe kam ins Stocken. Mitte September 1918 richteten die Österreicher eigenmächtig einen Friedensappell an alle kriegführenden Nationen. Die Note wurde nicht einmal ernsthaft beantwortet, da sich Engländer und Italiener gerade anschickten, den Widerstand Bulgariens und der Türkei an der Balkan- und Palästinafront zu brechen. Die gesamte Donaumonarchie geriet ins Wanken. Um der Lage einigermaßen Herr zu werden, mussten sieben kampfstarke deutsche Divisionen von der Westfront abgezogen und an die Donau sowie nach Serbien verlegt werden. Das verschärfte die Schwierigkeiten im Westen nochmals deutlich.
Was war der Grund dafür, dass die deutschen Truppen in dieser aussichtslos erscheinenden Lage gegen Ende des Krieges noch derart massiven Widerstand leisteten? Die Erklärung liegt in einem grundlegenden Strategiewechsel abseits des bis dahin stets propagierten siegreichen Kriegsendes. Am 14. August 1918 hatte General Erich Ludendorff, eigentlicher Chef der Obersten Herresleitung, dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. im Großen Hauptquartier im belgischen Spa nach den Erfahrungen aus den Kämpfen bei Amiens eine ungeschönte Lagebeurteilung gegeben. Der bislang stets optimistische Kaiser kam nach den deutlichen Worten Ludendorffs zu der ernüchternden Schlussfolgerung:
Ich sehe ein, wir müssen die Bilanz ziehen. Wir sind an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit. Der Krieg muss beendet werden." |
Mit dem Ziel, eine Kapitulation zu vermeiden und einen Friedensschluss zu akzeptablen Bedingungen verhandeln zu können, lag das militärische Hauptaugenmerk nunmehr auf Zeitgewinn, ausweichender Kampfführung und besonders auf der Verschleierung jedweder Anzeichen für das Bewusstsein der eigenen Niederlage. Unhaltbare Frontabschnitte sollten aufgegeben werden. Dem Feind sollten an günstiger Stelle möglichst hohe Verluste beigebracht werden. In Nordfrankreich waren die deutschen Truppen bereits im Frühjahr 1918 in die "Siegfried-Stellung" und nach den Niederlagen im Sommer in die "Herrmann-Stellung" zurückgegangen. In der Champagne und den Argonnen kam für eine hinhaltende Verteidigung nur die teilweise fertiggestellte "Brunhild-Stellung" in Betracht. Diese verlief über Grandpré im Westen nach Landres im Osten, wo sie auf der Grenze zur 5. Armee in die "Kriemhild-Stellung" überging.
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Für das Verständnis des damaligen Kampfgeschehens und der strategischen Entscheidungen im Bereich der Argonnenfront ist ein geografischer Aspekt von grundlegender Bedeutung: Wie die obige Stellungskarte des AOK 3 aus September 1918 zeigt, vollzog die Brunhild-Stellung zwischen Grandpré und Vouziers auf der Grenze der Gruppen Argonnen und Perthes einen nahezu 90-Grad-Knick nach Norden. Der Bereich wurde "Aisne-Knie" genannt. Um die Brunhild-Stellung zu erreichen, mussten die Fronttruppen in der Champagne unter erwartbar starkem Feinddruck eine Rückszugsbewegung über stellenweise mehr als 30 Kilometer und eine komplexe Schwenkungsbewegung vollziehen. Hingegen betrug der Weg für die östlich stehenden Einheiten der 5. Armee nur ca. 10 Kilometer und der Rückzug konnte geradlinig verlaufen.
Den geplanten Anlehnungspunkt für die Schwenkungsbewegung bildete der in der zentralen Aisne-Biegung zwischen den Orten Mouron und Lancon liegende und stark befestigte "Brückenkopf von Montcheutin". Dieser würde unhaltbar und damit die Gesamtoperation undurchführbar, wenn es den Amerikanern gelingen sollte, durch Einnahme des östlich gelegenen Argonnen-Höhenzuges in den Rücken der dortigen Verteidiger zu gelangen.
Aus diesem Grund war es erforderlich, ein feindliches Vordringen auf dem Argonnen-Hauptkamm und weiter östlich so lange zu bremsen, bis die Truppenbewegungen in der Champagne im Wesentlichen vollzogen waren. Die 9. Landwehr-Division musste zudem ein französisches Vordringen von Süden auf Autry hemmen und die Aisne-Übergänge sichern. Die notwendigen Maßnahmen sollten hohe logistische Anforderungen an Truppe und Führer stellen. |
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Maas-Argonnen-Offensive - Großkampf vom 26. September bis 11. November 1918
"Die Posten der drei Züge, die unter Leutnant Lehner das Vorfeld halten, lauschen hinaus in die Sternennacht. Schreien, Wagenrasseln tönt zuweilen vom Biésmetal herüber, sonst haben die Vernichtungswellen und das Zerstörungsfeuer unserer Artillerie das Wort. Da 11 Uhr nachts ein Neues: von Westen, von der Champagne her, grollt schlagartig einsetzend schwerste Artillerieschlacht herüber. Auch bei uns beginnt die feindliche Artillerie zu sprechen. Abschüsse schwerer Batterien zucken auf, weit ins Hintergelände schleichen die Granaten; Borrieswalde, Châtel, Cornay, das Wegekreuz der Nordsüdstraße am Jungfernplatz sind ihre Ziele. Um Mitternacht meldet noch das Nachbarregiment 122 bei La Harazée starkes Motorengeräusch, in Richtung Madametal und auf Four de Paris sich bewegend. Das war der Tankaufmarsch. Die Schlacht in der Champagne kommt näher, nun tobt es auch im Westteil der Argonnen, und da, 3 Uhr früh, bricht es auch bei uns los. Aus allen Richtungen kommt das Heulen her, bald hoch, bald tief, bald pfeifend, bald schwerfällig, unheimlich wie der Tod selber, wie das Verhängnis." |
Entsprechend bildhaft schildert der frühere Leutnant d. L. und spätere Diplomat Dr. Gustav Strohm in der 1922 erschienenen Regimentsgeschichte des Landwehr-Infanterie-Regiments 120 den Auftakt desjenigen Verhängnisses, das über die deutschen Argonnentruppen in der Nacht vom 25. auf den 26. September 1918 hereinbrach und nur wenige Wochen später am 11. November 1918 mit der faktischen Niederlage Deutschlands endete: der alliierten Maas-Argonnen-Offensive.
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Maas-Argonnen-Offensive - Erste Phase 26. - 30. September 1918
Als es am Morgen des 26. September 1918 zu dämmern begann, endete das Artillerie-Vorbereitungsfeuer. Bis 6.30 Uhr hatten von Reims bis Verdun mehr als 5.000 Geschütze und Minenwerfer aller Kaliber planmäßig das deutsche Vorfeld und die Verteidigungsstellungen beschossen. Bis weit hinter die Front wurden Artilleriestellungen, Lager, Bahnhöfe, Verkehrsknotenpunkte, Ortschaften, mit Brisanz- und Gasgranaten sowie Fliegerbomben heimgesucht.
Von der Champagne bis zur Maas traten Franzosen und Amerikaner unter dem Schutz ihrer Artillerie zum Angriff an. Mit der 4. französischen und der 1. amerikanischen Armee standen 22 alliierte Divisionen lediglich 15 deutschen gegenüber. Im Abschnitt der 1. US-Armee kamen etwa 200 Panzer zum Einsatz, mit denen die deutschen Stellungen durchbrochen werden sollten.
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Jede der amerikanischen Divisionen verfügte über 16 Bataillone zu jeweils 1.240 Mann, wohingegen eine deutsche Division aus lediglich neun Bataillonen, insofern drei Regimentern, bestand. Die Truppenstärke der deutschen Regimenter betrug nach den verlustreichen Schlachten des ersten Halbjahres 1918 durchschnittlich nur noch 500 Mann und damit etwa ein Sechstel ihres Soll-Bestandes. Regimenter mit Bataillonsstärken unter 400 Mann wurden auf zwei Bataillone reduziert oder aufgelöst und auf andere Einheiten verteilt. Auch die Stärke der einzelnen Kompanien war bei den Amerikanern mit 250 Soldaten um etwa das Fünffache höher als im deutschen Heer. Es ergab sich eine erdrückende zahlenmäßige Überlegenheit. Insofern hatten die Alliierten bereits für die ersten Angriffstage weitreichende Ziele. Man rechnete nicht mit ernsthaftem deutschem Widerstand. Die Offensive sollte jedoch anders als geplant verlaufen.
Der alliierte Infanterieangriff setzte am Morgen des 26. September 1918 an der Champagne-Front zwischen Aubérive und dem Argonnen-Westrand ein. Hier stand die 4. französische Armee den Gruppen Py, Perthes sowie Argonnen/Aisne (u.a. 42. ID, 103. ID, 199. ID, 202. ID, 1. und 4. K.B. ID) gegenüber. Die frühere vorderste Linie mit Abschnitten wie dem Bois de Ville, Kreuzberg, Kanonenberg und der Butte du Mesnil, die seit vier Jahren nahezu unverändert Bestand gehabt hatte, war geräumt worden. Die neue deutsche Hauptwiderstandslinie (HWL 1) lag am Nordrand des Dormoise-Bachs, etwa auf einer West-Ost-Linie Navarin Ferme - Tahure - Cernay-en-Dormois und verlief weiter entlang des Südrandes des Bois de Cernay über den Nordhang des Moreau-Tales (R´au de la Fontaine) auf den Argonnen-Hauptkamm.
Der mit stundenlangem Trommelfeuer vorbereitete französische Angriff wurde im Allgemeinen bereits in der Hauptwiderstandslinie abgewiesen. Lediglich südöstlich der Ortschaften Sommepy und Souain sowie bei Fontaine-en-Dormois gelangen den Franzosen kleinere Einbrüche, die mit Reserven abgedämmt werden konnten. Damit war in diesem Frontabschnitt die erste Phase der später auf deutscher Seite offiziell so genannten "Abwehrschlacht in der Champagne und in den Argonnen" beendet. |
Im Abschnitt "Hochwald", auf dem Argonnen-Hauptkamm, endete das Artillerie-Vorbereitungsfeuer ebenfalls am frühen Morgen des 26. September 1918 und ging in eine der angreifenden amerikanischen Infanterie vorweg wandernde Feuerwalze über. Augenscheinlich war die deutsche Hauptwiderstandslinie, die ehemalige II. Argonnenlinie, unentdeckt geblieben, denn die Amerikaner begnügten sich mit der Besetzung der ehemals vorderen Stellungen im Bereich der Haute Chevauchée (Höhe 285) sowie des Geländerückens der la Fille Morte. Die im wesentlichen nördlich der Varenner Straße (heutige D 38) den Angriff erwartende 76. Reserve-Division sowie die Regimenter der 2. Landwehr-Division wurden bis auf vereinzelte Patrouillen-Vorstöße kaum in Kämpfe verwickelt.
Es sollte sich aber zeigen, dass der Hauptangriff der Amerikaner nicht hier, sondern östlich des Argonnenhauptkamms im Aire- und Buanthe-Tal, dem Cheppy- und Véry-Wald und den sich weiter Richtung Maas anschließenden Frontabschnitten vorgesehen war. Strategisches Ziel war es, nach Durchbrechen der deutschen Stellungen entlang der Maas über Stenay bis in den Bereich der Städte Sedan und bestenfalls Charleville-Mezières vorzudringen, um so in den Rücken der gesamten deutschen Westfront zu gelangen.
Im dortigen Abschnitt "Tiefland" stand mittig zunächst das 2. Garde-Regiment z.F. als Teil der 1. Garde-Division, westlich bis zu den Argonnenhöhen das 4. Garde-Regiment z.F. und östlich bis in den Forêt de Montfaucon das 1. Garde-Regiment z.F.. Die Regimenter der ursprünglich als Reserve vorgesehenen 5. Garde-Division wurden unmittelbar nach Erkennen der feindlichen Angriffsabsichten in die dünnen Verteidigungslinien der 1. Garde-Division eingegliedert.
Bis zu einer Linie Malancourt - Nantillois schloss sich nach Osten der Abschnitt der 117. Infanterie-Division an. Deren Regimenter (IR 450, GrenR 11, IR 157) waren erst zu Beginn des Monats September 1918, auf Kompaniestärke dezimiert, aus den schweren Abwehrkämpfen an der Somme nördlich Péronne herausgezogen worden. Weiter bis zum Fluss Maas erwarteten die Regimenter der 7. Reserve-Division (RIR 36, RIR 66, RIR 72) den Angriff. Diese hatten zuvor ebenfalls im Norden Frankreichs in der Abwehrschlacht zwischen Oise und Aisne gekämpft und sehr starke Verluste erlitten. |
Unmittelbar vor Beginn der amerikanischen Offensive stand damit auf deutscher Seite zwischen Argonnen und Maas abgesehen von der 2. Landwehr-Division keine einzige voll kampffähige oder mit den örtlichen Gegebenheiten hinreichend vertraute aktive Kampfeinheit. Demgegenüber verfügten die Amerikaner allein für die erste Angriffswelle über drei komplette Armee-Korps und damit neun voll ausgestattete Infanterie-Divisionen mit jeweils drei Regimentern zu je vier Kompanien. Die Mannstärke der amerikanischen Truppen betrug etwa das Zehnfache der deutschen Verteidiger.
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In Erwartung des Großkampfes hatten sich die deutschen Truppen nach Beginn des Artillerie-Vorbereitungsfeuers auch im Abschnitt Tiefland auf die Hauptwiderstandslinie (HWL 1) zurückgezogen. Im Vorfeld verblieben lediglich einzelne Gruppen und mit MG ausgerüstete Feldwachen. Die über vier Jahre bestandenen und stark ausgebauten Frontstellungen mit ihren sicheren Unterständen, Betonbauten und tiefen Drahthindernissen ausgehend Boureuilles über den Hügel von Vauquois und weiter entlang des Südrandes der Wälder von Cheppy, Véry, Montfaucon und Malancourt wurden geräumt und zur schwach besetzten Rückkhaltelinie.
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Im Gegensatz zum Abschnitt Hochwald mit der dort bereits ab 1916 angelegten II. Argonnen-Linie bestand die Hauptwiderstandslinie im Abschnitt Tiefland, südlich einer Linie Varennes - Cheppy, nur ganz vereinzelt aus einem durchgehenden Graben- und Unterstandssystem, vielmehr aus im Gelände verteilten Stützpunkten, die mit Maschinengewehren ausgestattet oder mit reinen Infanterieposten besetzt waren.
Diese Ausgangssituation sollte sich zusammen mit der für die jeweiligen Stellungsabschnitte völlig unzureichenden Grabenstärke der Verteidiger fatal auswirken, zumal sich am Morgen des 26. September 1918 ein weiterer Gegner hinzu gesellte: ein ungewöhnlich dichter Frühnebel, der die im Vorfeld verteilten Infanterie- und Maschinengewehr-Nester quasi wirkungslos machte. Hinzu kam, dass seitens der US-Truppen der taktische Nutzen des Nebels erkannt und dieser artilleristisch vor Allem mit Phosphor- und Thermit-Granaten noch massiv verstärkt wurde.
In den USA wurde die Entwicklung moderner chemischer Kampfstoffe wie Phosgen (Grünkreuz), Senfgas (Lost, Gelbkreuz, Yperit) und auch Phosphor, TNT oder Thermit ab Mitte des Jahres 1917 stark forciert und deren Verwendung in die Hände spezieller Einheiten gelegt. Auf dem französischen Kriegsschauplatz kam mit dem "1st Gas and Flame Regiment" die erste dieser Spezialtruppen zum Einsatz. Nach ihrer Landung im Hafen von Brest im Januar 1918 erhielten die Offiziere am Hauptquartier der "Special Brigade", British Royal-Engineers, in Helfaut nahe Saint-Omer eine sechswöchige Einweisung in englische Waffensysteme, so vor Allem den einfach zu bedienenden Livens-Projektors und den mobil einsetzbaren Stokes-Granatwerfer. die beide zum Verschießen chemischer Kampfstoffe geeignet waren. Teile des "1st Gas" kämpften erfolgreich bereits vor der Maas-Argonnen-Offensive im Norden Frankreichs, vor Allem an der Marne nahe Château-Thierry sowie in der Schlacht von St. Mihiel.
Den amerikanischen Angriffstruppen gelang im ersten Anlauf die Einnahme der nur schwach besetzten Wälder von Cheppy und Montfaucon. Auch wenn der weitere Vormarsch vor dem festungsartig ausgebauten Hügel von Montfaucon ins Stocken geriet und die über offenes Gelände angreifende 79. US Infanterie-Division im Maschinengewehr- und Minenwerferfeuer der erfahreren deutschen Verteidiger massivste Verluste erlitt, schritt er in den benachbarten Abschnitten schnell voran. Die Stellungen der 1. Garde-Division wurden von Osten her aufgerollt. Amerikanische Kolonnen drangen im Zusammenwirken mit Tanks auf den Ort Véry vor. Die spärlichen Reste des bei Cheppy stehenden 1. Garde-Regiments z.F. gingen fluchtartig auf die Linie Baulny - Epinonville zurück. Dabei fiel den Amerikanern der Großteil der Garde-Artillerie in die Hände.
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Zwischen den Bächen Aire und Buanthe stießen die von Tanks unterstützten Angreifer ebenfalls nicht auf nennenswerten Widerstand. Auf dem zentral gelegenen, vier Jahre lang heftig umkämpften Hügel von Vauquois hielten, links und rechts von amerikanischen Truppen bereits umgangen, etwa 25 Mann der 5. und 6. Kompanie des 2. Garde-Regiments z.F. unter dem Befehl des "Vauquois-Kommandanten" Lt. Holz die Stellung. Die letzte Brieftaubenmeldung der kleinen Schar Verteidiger lautete:
"Vauquois-Ost. Der Feind ersteigt von allen Seiten aus dem Nebel den Berg. Es wird erbittert gerungen und sei es bis zum letzten Mann. Es lebe der König!" |
Bereits gegen 15.00 Uhr standen die Amerikaner in Varennes-en-Argonne und wenig später vor Montblainville, wo sich die spärlichen Reste des 4. Garde-Regiments z.F. zunächst noch halten konnten. In letzter Minute war es gelungen, die durch den Ausfall des Großteils der 1. Garde-Division entstandene Lücke zwischen Montblainville und Eclisfontaine durch beschleunigt herangeführte Reserven (GGrenR 3, IR 20) zu schließen und so den amerikanischen Durchbruch auf das schwer gefährdete Baulny und sodann weiter nach Norden zu verhindern.
Auf dem Argonnen-Hauptkamm befand sich nunmehr aber die 2. Landwehr-Division in einer kritischen Lage. Ihre linke Flanke hing in der Luft und der Feind operierte in der Ebene bereits tief in ihrem Rücken. General Franke dirigierte deshalb das als Gruppenreserve im Lager Sachsenhain stehende I./LIR 122 sowie den Großteil der Divisionsreserve auf die Höhen westlich Montblainville mit Front nach Osten.
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Als das Ausmaß der Krise in Gänze zu übersehen war, wurde der linke Flügel der 2. Landwehr-Division mit dem LIR 125 komplett entlang des Ostrandes des Argonnen-Hauptkamms bis auf Höhe des Ortes Montblainville zurückgebogen. Die dorthin beorderten Teile der Gruppen- und Divisionsreserve wurden dem GGrenR 3 unterstellt und sperrten fortan südlich der Ortschaft Apremont das an dieser Stelle natürlich verengte Aire-Tal.
Der urspüngliche Verteidigungsplan der Gruppe Argonnen hatte vorgesehen, einem im Aire-Tal vordringenden Feind ausgehend des Argonnen-Hauptkammes mit Bereitschafts-Bataillonen in Flanke und Rücken zu fallen. In Anbetracht der erdrückenden amerikanischen Überlegenheit und des notwendigen Einsatzes aller vorhandenen Reserven war daran nicht mehr zu denken. Vielmehr waren es die Amerikaner, die unter Ausnutzung der errungenen Erfolge fortgesetzt versuchen sollten, die Stellungen der 2. Landwehr-Division zu hinterfassen, um die gesamte deutsche Front Richtung Westen aufzurollen.
Nach einer mäßig ruhigen Nacht, in der die Amerikaner ihre Einheiten ordneten und die Artillerie nachzogen, kam es ab dem frühen Morgen des 27. September 1918 zu weiteren starken Angriffen auf die Trümmer der Ortschaft Montblainville. Die übrig gebliebenen Verteidiger des 4. GardeR z.F. wurden überrannt. Die Amerikaner drangen noch einige 100 Meter entlang der Aire bis auf Höhe des Lagerbereichs "Marstall Apremont" und des Feldbahn-Bahnhofs "Lüttwitztal" vor.
Schnell organisierte Gegenangriffe der bei Apremont stehenden Eingreif-Truppen (u.a. I./GGrenR 3, I./LIR 122) konnten den Feind zwar wieder zurückwerfen, auch weitere amerikanische Angriffe mit Tanks konnten abgewehrt werden. Die Wiedereinnahme des Ortes Montblainville gelang jedoch nicht, da die Amerikaner auf der unbewachsenen Ebene des Aire-Tals und im Ort selbst bereits eine Vielzahl an Maschinengewehren platziert hatten. |
Im Gegensatz zu den schweren Geländeverlusten im Abschnitt Tiefland vermochte die 2. Landwehr-Division auf dem Argonnen-Hauptkamm die Stellungen auch am zweiten Angriffstag ohne nennenswerte Verluste zu behaupten. Als am Nachmittag des 27. September 1918 aber im Abschnitt Tiefland auch die Orte Charpentry und Baulny in amerikanische Hände fielen, wurde die Rücknahme der gesamten Verteidigung in den etwa drei Kilometer weiter nördlich verlaufenden "Argonnen-Riegel" angeordnet. So konnte die bereits weit überdehnte Front verkürzt und einigermaßen stabilisiert werden.
Bis zum Vormittag des 28. September 1918 gingen die Einheiten der 2. Landwehr-Division, vom Feind unbemerkt, auf den Argonnen-Riegel zurück. Erst am Abend überschritten amerikanische Truppen zögerlich die Varenner Straße (heutige D 38) und besetzten die ehemalige deutsche Hauptwiderstandslinie. Im Argonnen-Riegel standen nunmehr das LIR 122 westlich und das LIR 120 östlich. Die zurückgebogene linke Flanke entlang des östlichen Höhenkamms des Argonnerwaldes wurde bis in den Bereich der Ortschaft Apremont vom LIR 125 gesichert.
Die Amerikaner konzentrierten sich weiterhin auf das Vordringen im Abschnitt Tiefland und eine Überflügelung der 2. Landwehr-Divison von Osten her. Um den "Bouzon-Berg" südwestlich Montblainville wurde erbittert gerungen. Das Gebiet konnte nach kurzzeitigem Verlust bis zum Abend durch Einheiten des II./LIR 125 behauptet werden. Weiter nördlich war es den Amerikanern jedoch gelungen, gegen den schwachen Widerstand der Reste des 3. GGrenR den Ort Apremont einzunehmen. Dadurch war die strategisch wichtige "Mudra-Höhe" (le Chene Tondu), das große Truppenlager "Borrieswalde" sowie die von Apremont Richtung Westen verlaufende "Apremont-Straße" (heutige D 442/D 66) und damit alle noch südlich und westlich stehenden Einheiten bedroht. Der "Bouzon-Berg" musste aufgegeben und die Verteidigung erneut zurückgenommen werden. Sie konzentrierte sich fortan auf den Bereich der Mudra-Höhe (La Chène Tondu).
Im Abschnitt Tiefland gelang es den Amerikanern am 29. September 1918 ohne große Mühen, die spärlichen Reste der Garde zu bezwingen. Die Ortschaft Exermont und der südlich gelegene Bois de Montrebeau gingen verloren. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die 1. Garde-Division nur noch über etwa 350 einsatzfähige Soldaten, die 5. Garde-Division über knapp die doppelte Anzahl. Artillerie war keine mehr vorhanden. Der der Garde zugewiesene Frontabschnitt von etwa 8 km Breite war mit dieser geringen Zahl Soldaten nicht zu verteidigen.
Erst eilig herangeführte Bereitschaften der 2. Landwehr-Division sowie die gerade aus Lothringen eingetroffene 52. Infanterie-Division konnten das amerikanische Vordringen vor der bewaldeten Bergkuppe des Bois de Montrefagne (US: Hill 240) zum Stehen bringen und die Angreifer mit schweren Verlusten bis auf Höhe der Chaudron Ferme nördlich Baulny zurückwerfen. |
Von der "Mudra-Höhe" (La Chène Tondu) bis zur Mesnil Ferme setzten die Amerikaner ihre Angriffe fort, wobei die deutschen Verteidiger nach und nach auf die zentrale Kuppe der "Mudra-Höhe", um den dortigen "Mudra-Turm" und die gleichnamige Blinkstelle zusammengedrängt wurden. Mehrere Versuche der Landwehr-Regimenter 120 und 125, das am Fuß der Höhe gelegene Dorf Apremont zwecks Entlastung zurückzuerobern, scheiterten unter hohen Verlusten auf Grund mangelhafter Angriffs- und Artillerievorbereitung.
In dieser Phase der Kämpfe gelang den Amerikanern trotz erdrückender Überlegenheit aber dennoch kein entscheidender Durchbruch. Vor Allem Einheiten der 28. und 35. US Infanterie-Division erlitten im konzentrierten Abwehrfeuer der Landwehr-Truppen und trotz starker Panzer- und Artillerieunterstützung bei dem wiederholten Versuch, den Argonnen-Ostrand und die "Mudra-Höhe" einzunehmen, sehr hohe Verluste. Dies hatte zur Folge, dass bereits ab dem 30. September 1918 die Kämpfe abflauten. Die Amerikaner gingen dazu über, ihre Truppen zu ordnen, Munitions- und Materialreserven aufzufüllen und die Artillerie nachzuziehen. Drei abgekämpfte Divisionen der ersten Angriffswelle (35., 37. und 79 US ID) wurden aus der Front genommen und durch frische Einheiten (1., 32. und 3. US ID) ersetzt. |
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Maas-Argonnen-Offensive - Zweite Phase 1. - 9. Oktober 1918
Im Gegensatz zur Situation im Abschnitt Tiefland kam es bereits ab dem 1. Oktober 1918 im Westteil der Argonnen (Abschnitt Aisne) erneut zu heftigen Kämpfen und zwar für die dort stehende 76. Reserve-Division.
Nach starker Artillerievorbereitung gelang es französischen Kräften, die nur unzureichend besetzte Hauptwiderstandslinie (ehemalige HWL 2) zwischen den beiden Reserve-Regimentern 253 und 254 zu durchbrechen und bis zu 500 Meter tief in das deutsche Hintergelände vorzudringen. Kurz zuvor war das dort zunächst noch eingesetzte RIR 252 aus der Front gezogen worden, um als Divisionsreserve zu fungieren.
Den beiden verbliebenen Regimentern gelang es zwar, die Einbruchsstelle abzuriegeln, für einen Gegenstoß fehlte ihnen aber die Kraft. Erst zurückbeorderte Teile des RIR 252 konnten das weitere Vordringen der Franzosen entlang des Biber-Bachs und den Verlust der strategisch wichtigen Ortschaft Lancon verhindern. Bis zum 3. Oktober 1918 wurden die französischen Angreifer in schweren Nah- und Unterholzgefechten zurückgedrängt und die ursprüngliche Lage wurde wiederhergestellt. |
Nicht minder bedrohlich, wenn auch ausnahmsweise aus amerikanischer Sicht, gestaltete sich die Situation weiter östlich auf der Schnittstelle der Gruppen Aisne (76. R.D.) und Argonnen (2. L.D.). Hier waren am 3. Oktober 1918 im unsichtigen Argonnen-Waldgelände Teile mehrerer Regimenter der 77. US Infanterie-Division (307th & 308th Inf., 306th MG-Bat.) hinter die deutsche Hauptwiderstandslinie gelangt. Durch das Zurückweichen der Franzosen westlich und mangels Vorankommens des US-Angriffs weiter östlich wurden etwa 550 Amerikaner im Tal des Charlevaux-Bachs abgeschnitten und am Nordhang des Tals, etwa 500 m östlich der Charlevaux-Mühle im "Müller-Grund", von deutschen Truppen eingekesselt. Um dieses so genannte "Amerikanernest" kam es in den folgenden Tagen zu brutalen und für die kampfunerfahrenen Amerikaner sehr verlustreichen Nahkämpfen, bei denen Handgranaten, Spaten, Bajonett und Flammenwerfer eingesetzt wurden.
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Ernsthafte Ausbruchsversuche oder solche, die Truppen zu entsetzen, wurden nicht unternommen. Das strategische Hauptaugenmerk lag auf einem Erfolg des amerikanischen Angriffs im Abschnitt Tiefland. Die erwartbar hohen Verluste unter den Eingeschlossenen wurden zwecks Bindung möglichst starker deutscher Kräfte in dem nicht kampfentscheidenden Frontabschnitt in Kauf genommen. Die Umklammerung endete für etwa 190 Überlebende erst mit dem strategischen Rückzug der deutschen Truppen einige Tage später.
In den USA wurden die Einheiten nach dem Ende der Kämpfe unter der Bezeichnung "Lost Battalion" heroisiert und ihre Bedeutung für die Gesamtoperation stark verklärt. Das "verlorene Bataillon" ist in Amerika bis heute Thema semiwissenschaftlicher Arbeiten und wurde 2001 auch zum Gegenstand einer fragwürdigen Verfilmung für das Bezahl-Fernsehen. Der Kommandeur der Einheit, Major Charles Whittlesey, im Zivilberuf Rechtsanwalt in New York City, wurde nach den Kämpfen zum Lieutenant-colonel befördert und erhielt die Medal of Honour. Er konnte die Erinnerung an die Geschehnisse und seine Verantwortung für den aus seiner Sicht unnützen Tod der Soldaten nicht verwinden. 1921 nahm er sich auf einer Schiffspassage nach Kuba durch Sprung ins offene Meer das Leben. |
Im Abschnitt Tiefland, östlich der Aire, waren am Morgen des 4. Oktober 1918 die neuerlichen amerikanischen Angriffsvorbereitungen abgeschlossen. Nach einem intensiven Trommelfeuer begann hinter einer Feuerwalze der von Panzern unterstützte Infanterieangriff. Zwischen Apremont und Exermont konnte die dünne Verteidigungslinie des 5. Garde-Infanterie-Regiments den Angreifern nicht mehr standhalten. Die Orte Chéhéry und Fléville fielen, so dass von deutschen Pionieren die dortigen Aire-Brücken gesprengt wurden. Östlich der Aire war der Weg in den Rücken der deutschen Verteidiger jedoch frei. Erst beschleunigt herangeführte Teile der 37. Infanterie-Division konnten in schweren Kämpfen Fléville zurückerobern und den weiteren amerikanischen Vorstoß einstweilen stoppen.
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Am Morgen des 5. Oktober 1918 setzten die Amerikaner ihre Angriffe mit gleicher Intensität fort. Durch das erneute Artillerie-Vorbereitungsfeuer wurden rückwärtige Ortschaften wie Cornay, Marcq, St. Juvin oder Grandpré in Schutt und Asche gelegt. Die Angreifer konnten zwar erneut bis an den Südrand von Fléville vordringen. Ansonsten hielt die deutsche Abwehrfront aber überall stand. Die Gruppe Argonnen wurde an diesem Tag aus dem Verband der Heeresgruppe Deutscher Konprinz (3. Armee) herausgelöst und der Heeresgruppe Gallwitz (5. Armee) unterstellt, die sodann die gesamte Abwehr zwischen Argonnen und Maas zu befehligten hatte. Auf amerikanischer Seite wurde die abgekämpfte 91. US Infanterie-Division aus der Front gezogen und ihr Abschnitt von der 1. und 32. US Infanterie-Division übernommen.
Für die 2. Landwehr- und 76. Reserve-Division kam es weiterhin darauf an, das Argonnen-Höhengelände zu behaupten. Die für die anstehenden Rückzugsbewegungen einzig brauchbare "Nord-Süd-Straße" kreuzte im Bereich der "Hohenborn-Höhe" (US: Hill 244) nahe Châtel-Chéhéry die bereits zu Kriegszeiten gut ausgebaute Straße nach Lancon (heutige D 4). Deren Verlust hätte eine Gefahr für den deutschen Rückzug und die weiter westlich kämpfenden Verbände dargestellt. Die "Hohenborn-Höhe" (US: Hill 244) musste daher unbedingt gehalten werden. Die "Nord-Süd-Straße" verlief weiter über den "Humser-Berg" westlich Cornay (US: Polygon-Crossroads) bis zu den Ortschaften Chevières und Marcq. Dort existierten weitere Wegeverbindungen Richtung Westen und für die Masse der Argonnen-Truppen war hier der Aire-Übergang vorgesehen.
Am 6. Oktober 1918 setzten bereits frühmorgens von der Champagne bis östlich der Maas neuerliche Großangriffe der französischen und amerikanischen Truppen ein. Im Abschnitt Tiefland, vor Allem in der Gegend um die Ortschaft Cunel, konnten die US-Truppen Gelände gewinnen. Für die Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1918 wurde der 2. Landwehr-Division die Rücknahme des Widerstandes auf die Linie Valerine-Tal (Walerne R´au) - Waldlager Châtel - "Hohenborn-Höhe" (US: Hill 244) mit zurückgebogenem linken Flügel über den "Schloßberg" (US: Hill 223) und "Schöne Aussicht" (US: Hill 180) befohlen.
Der Rückmarsch musste bei völliger Dunkelheit und in schwerem Artilleriefeuer geschehen. Dieses Mal blieb die Loslösung vom Feind nicht unerkannt. Noch bevor sich die Einheiten in den neuen Stellungen zur Verteidigung einrichten konnten, stießen amerikanische Truppen (u.a. 82. US Infanterie-Division) zum Angriff vor. Um die genannten Höhen entbrannten erbitterte Gefechte. Die "Hohenborn-Höhe" (US: Hill 244) wurde durch Teile des RIR 120 im Nahkampf mit immer wieder von Neuem anstürmenden US-Trupps gehalten. "Schloßberg" (US: Hill 223) und "Schöne Aussicht" (US: Hill 180) gingen verloren. Sämtliche Reserven (u.a. Reste 1. GardeD, 47. und 52. Reserve-D) wurden eingesetzt. Der "Schloßberg" (US: Hill 223) konnte durch Teile des LIR 122 noch in der Nacht zurückerobert werden, die "Schöne Aussicht" (US: Hill 180) blieb im Besitz der Amerikaner, die am Abend bereits am südlichen Rand der Ortschaft Cornay standen. Der 7. Oktober 1918 war für die 2. Landwehr-Division der verlustreichste Tag während des gesamten Ersten Weltkrieges.
In der Nacht und am folgenden Tag wurden die Angriffe ohne Unterbrechung fortgesetzt. Die Ortschaft Châtel-Chéhéry ging entgültig verloren. Die Reste des LIR 120 konnten den "Schloßberg" (US: Hill 223) gegen vielfach überlegene Angreifer nicht länger behaupten. Infolgedessen musste die "Hohenborn-Höhe" (US: Hill 244) aufgegeben werden. Die Reste der Landwehr bezogen am frühen Morgen des 8. Oktober 1918 eine neue Verteidigungslinie etwa drei Kilometer nördlich der Straße von Châtel-Chéhéry nach Lancon (heutige D 4) mit Schwerpunkt auf dem "Humser-Berg" (US: Polygon-Crossroads) und des in Richtung Cornay verlaufenden Höhenrückens. Diese Linie wurde gegen sämtliche Angriffe gehalten. Bei dem Versuch, die Ortschaft Cornay einzunehmen, erlitten Teile der 82. US Infanterie-Division am 9. Oktober 1918 schwerste Verluste. Einzelne Gruppen verschanzten sich in den Häusern und Kellern des Ortes.
Auch in den benachbarten Frontabschnitten bemühten sich Franzosen und Amerikaner, eine Entscheidung herbeizuführen und den finalen Durchbruch zu erzielen.
In der Nacht vom 7. auf dem 8. Oktober 1918 war die 29. US Infanterie-Division auf das Ostufer der Maas verlegt worden, um dort mit der 18. und 28. französischen Division, später auch mit Teilen der 33. US Infanterie-Division, die deutschen Linien der Maasgruppe Ost zwischen Brabant und Azannes zu durchstoßen. Der Angriff kam bereits in der Linie "Kronprinzen-Höhe" (südl. Sivry-sur Meuse) - Bois d´Ormont zum Stehen. Westlich der Argonnen griffen französische Einheiten die 9. Landwehr-und 76. Reserve-Division an und bedrohten so auch den strategisch wichtigen Brückenkopf von Montcheutin. Die Ortschaft Autry wechselte in blutigen Nahkämpfen mehrfach den Besitzer. Die deutschen Stellungen auf dem "Fried-Berg" gingen verloren. Bei den Gefechten um Autry wurden einzelne Kompanien des LIR 116 komplett aufgerieben. |
Am 9. Oktober 1918 gingen im Abschnitt der 37. Infanterie-Division (IR 147, 150 und 151) Fléville und die "Lichtenau(er)-Höhe" (US: Hill 272) verloren. St. Juvin und die Aire-Übergänge waren akut bedroht. Die 1. US Infanterie-Division ("The Fighting First", später "The Big Red One") erlitt bei diesen Gefechten schwerste Verluste und musste durch die 42. US Infanterie-Division ersetzt werden.
Im Bereich Cornay - "Humser-Berg" (US: Polygon-Crossroads) hielt die Front der 2. Landwehr-Division sämtlichen Angriffen stand. Die im Ort Cornay noch kampffähigen Reste der 82. US Infanterie-Division wurden nach Beschuss mit Minenwerfern und MG durch Teile des LIR 125 im Häuserkampf niedergemacht oder gefangen genommen. Mehrfache amerikanische Versuche, den "Humser-Berg" (US: Polygon-Crossroads) zu ersteigen, scheiterten im Maschinengewehrfeuer der Landwehr. |
Die 5. Armee (Maasgruppe West) operierte nach weiteren amerikanischen Geländegewinnen bei Romagne-sous-Montfaucon bereits ab dem 9. Oktober 1918 vollständig im Bereich der "Kriemhild-Stellung" und zwar auf einer Linie "Chatillon-Höhe" - Banthéville - Brieulles-sur-Meuse. Westlich der Argonnen verlegten auch die 76. Reserve- und 9. Landwehr-Division ihre Stellungen auf das nördliche Aire- und Aisne-Ufer, erstere in den Bereich um Grandpré, zweitere weiter westlich auf eine Linie zwischen Termes und Grandpré. Auch für die 2. Landwehr-Division war damit der Augenblick gekommen, sich entgültig vom Argonnen-Hauptkamm nach Norden zurückzuziehen.
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Maas-Argonnen-Offensive - Dritte Phase - 10. - 31. Oktober 1918
In der Nacht vom 9. auf den 10. Oktober 1918 ging die Masse der 2. Landwehr-Division zwischen Grandpré und Saint-Juvin über die Aire. Pioniere hatten Brücken und Stege vorbereitet. Dieses Mal gelang die Loslösung vom Feind unbemerkt. Nachhuten überschritten die Aire gegen 03.00 Uhr. Die zur Verschleierung des Rückzugs zurückgebliebenen Offizierspatrouillen erreichten gegen 04.15 Uhr ihre neuen Stellungen. Noch bis zum Mittag des 10. Oktober 1918 beschoss die amerikanische Artillerie Cornay und den "Humser-Berg" (US: Polygon-Crossroads). Erst dann tasteten sich einzelne US-Aufklärungstrupps zögerlich bis an die Aire heran. Die 2. Landwehr-Division befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in dem ihr zugeteilten Abschnitt ausgehend der Straße Grandpré - le Morthomme (heutige D 6) über den "Hütten-Berg", die "Strand-Höhe" bis zum Tal des Agron-Bachs südlich Champigneulle. Vorposten lagen am Aire-Ufer und in der stützpunktartig ausgebauten "Strand-Ferme" (Fme des Grèves).
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Zwischen Saint-Juvin und Sommerance standen die Reste der 37. Infanterie-Division, deren Regimenter tags zuvor bei den Kämpfen um die "Lichtenau(er)-Höhe" und Fléville auf Kompaniestärke zusammengeschmolzen waren. Weiter östlich, von St.-Georges bis Landres, erwehrte sich die 41. Infanterie-Division den amerikanischen Angriffen. An der Ostflanke der Gruppe Argonnen war am Morgen des 10. Oktober 1918 mit dem Zurückgehen auch dieser beiden Divisionen der geplante Rückzug über die Aire abgeschlossen.
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In den folgenden Tagen zeigten die alliierten Angriffsbemühungen kein einheitliches Gepräge mehr. Die gelungene Absetzbewegung der Deutschen, aber auch die erheblichen eigenen Verluste bei den ständigen Massenangriffen, hatten auf amerikanischer Seite Umgruppierungen und umfängliche neue Angriffsvorbereitungen erforderlich gemacht. Lediglich an solchen Stellen, an denen die Fühlung mit dem Gegner bestehen blieb, kam es zu weiteren Vorstößen. Das war östlich Saint-Juvin der Fall, wo sich der Rest der 37. Infanterie-Division wiederholten amerikanischen Angriffen erwehren musste. Am 13. Oktober 1918 wurde die Division aus der Front genommen und durch die 15. K.B. Infanterie-Division (K.B. IR 30, 31, 32) ersetzt.
Vor der 2. Landwehr-Division blieb die weitere Gefechtstätigkeit zunächst gering. Am 14. Oktober 1918 ging jedoch im benachbarten Abschnitt der 45. Reserve-Division der Ort Saint-Juvin an die 77. US Infanterie-Division verloren. Teile der Stellungstruppe hatten sich kampflos gefangen nehmen lassen. Nach dem langen Einsatz schwand das Durchhaltevermögen und der Durchhaltewille vieler Soldaten. Die "Spanische Grippe" und die schlechten Nachrichten aus der Heimat taten ein Übriges. Ab dem 15. Oktober 1918 griffen die Amerikaner wiederholt in Richtung Champigneulle an. Zwar konnte ein Durchbruch verhindert werden, die mehrfach versuchte Rückeroberung von Saint-Juvin gelang jedoch nicht. Die Amerikaner hatten auf dem Nordufer der Aire entgültig Fuß gefasst.
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Am 17. Oktober 1918 traf der Befehl ein, dass die stark abgekämpfte 2. Landwehr-Division abgelöst werden sollte. Hierzu heißt es in der Truppengeschichte aus dem Jahr 1921:
(...) Diese Maßnahme war nunmehr dringend nötig; die Truppen waren am Ende ihrer Kräfte. Sie hatten 22 Tage im Kampfe gestanden; ein Teil der Bataillone war seit etwa 40 Tagen nicht aus den Kleidern gekommen; die meisten Leute hatten geschwollene Füße und waren kaum noch marschfähig. Die Infanteriekompagnien hatten durchschnittlich noch 30 Mann. Die Verhältnisse bei der Artillerie waren ähnliche; Mannschaften und Pferde waren dem Zusammenbrechen nahe. Die Verluste der Division (ohne zugeteilte Truppen) betrugen seit dem 25. September an Toten, Verwundeten und Vermißten: 123 Offiziere, 3329 Mann, 403 Pferde, mit den Erkrankten rund 5000 Mann. (...) |
Nach 2 Jahren des Einsatzes im zentralen Argonnen-Abschnitt und ununterbrochener Teilnahme an den schweren Verteidigungskämpfen seit Beginn der Maas-Argonnen-Offensive schied die 2. Landwehr-Division beginnend in der Nacht zum 18. Oktober 1918 aus der Front. Ihre Stellungen nördlich der Aire, ebenso wie diejenigen der 45. Reserve-Division, wurden durch die 240. Infanterie-Division (IR 469, 470 und 471) übernommen.
Durch den Einsatz der kampfstarken 240. Infanterie-Division konsolidierte sich am westlichen Rand der Heeresgruppe Gallwitz (5. Armee) die deutsche Verteidigung. Für die nicht mehr kampffähige 9. Landwehr-Division endete der Einsatz in der Maas-Argonnen-Offensive ebenfalls. Deren Gefechtsstreifen auf der Grenze zwischen Argonnen und Champagne übernahm ab dem 13. Oktober 1918 die 195. (Sächs.) Infanterie-Division (Jäg.R 6., 8, 14).
Nunmehr fokussierten sich die alliierten Angriffe auf den wegen seines markanten Stellungsverlaufs als "Aisne-Knie" bezeichneten Bereich zwischen Grandpré und Vouziers. Hier befanden sich die deutschen Truppen inzwischen in der Brunhild-Stellung auf den Höhen nördlich und östlich von Aire und Aisne.
In der Gegend um Grandpré, auf der Grenze zwischen der 1. US Armee und der 4. französischen Armee, standen weiterhin die Regimenter der 76. Reserve-Division (RIR 253, 252, 254). Westlich schlossen sich die Jäger-Regimenter der 195. (Sächs.) Infanterie-Division (Jäg.R 6., 8, 14) an und die im Verband der Gruppe Aisne (I. Reserve-Korps, ab 12. Oktober 1918 "Generalkommando Wellmann") erneut eingesetzten Reste der 1. Garde-Division. Weiter westlich und nach Norden bis Falaise stand die 42. Infanterie-Division, von dort bis über Vouziers hinaus die 202. Infanterie-Division. |
Im Abschnitt der 76. Reserve-Division war es ab dem 14. Oktober 1918 zu starken amerikanischen Angriffen auf Grandpré und die weiter östlich gelegenen Stellungen gekommen. Einheiten der 78. US Infanterie-Division waren am 16. Oktober 1918 bis zum nördlich gelegenen Friedhof vorgedrungen und hatten sich dort festgesetzt. Der Ostteil der Ortschaft verblieb in deutscher Hand.
Innerhalb Grandpré, auf der "Burgunder-Nase" (US: burgundy-nose) und bis zur östlich gelegenen "Strand-Höhe" sowie dem "Hütten-Wald" (Bois des Loges) auf der Grenze zum Abschnitt der 240. Infanterie-Division kam es bis Ende Oktober 1918 immer wieder zu schweren Gefechten, wobei die Amerikaner zwar einzelne Geländegewinne, jedoch keinen Durchbruch erzielen konnten. |
Die Situation bei der 195. Infanterie-Division stellte sich ähnlich dar. Amerikanischen und französischen Einheiten war es gelungen, zwischen Grandpré und Termes die Aire zu überschreiten. Westlich Grandpré drangen Franzosen am 16. Oktober 1918 über "Talma-Ferme" und "Talma-Höhe" (la Queue de Loup) bis zu dem kleinen Weiler Talma vor. Die Stellungsbesatzung, das Reserve-Jäger-Bataillon 22, war während des starken Artilleriebeschusses panikartig in den nahen Bois de Fumuy geflohen. Nach den Darstellungen im Kriegstagebuch der 195. Infanterie-Division wurden die Soldaten und deren Bataillonsführer, Hauptmann von Mandelsloh, dort durch den Kommandeur des Reserve-Jäger-Regiments 14, Oberstleutnant Riefenthal, in völlig apathischem Zustand angetroffen. Hauptmann von Mandelsloh wurde unmittelbar seines Postens enthoben und versetzt.
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Auch das östlich anschließende Reserve-Jäger-Bataillon 15 wich vor den angreifenden Franzosen zurück, konnte jedoch die "Talma-Höhe" (la Queue de Loup) behaupten. Der Ort Talma wurde nach mehreren gescheiterten Versuchen am späten Vormittag des 17. Oktober 1918 durch Teile des Jäger-Regiments 14 (ResJB 16 und 19) zurückerobert. Dabei wurden mehr als 100 französische Soldaten gefangen genommen.
Weiter westlich kam es zwischen Termes, Mouron und Olizy ab dem 13. Oktober 1918 zu schweren Kämpfen. Dort standen in der Spitze des "Aisne-Knie" Einheiten der 42. Infanterie-Division. Die Richtung Termes verlaufende vorderste Linie entlang der Aire war noch von Teilen der 1. Garde-Division und 9. Landwehr-Division besetzt, deren Ablösung anstand, jedoch zunächst unterbleiben musste.
Die Übernahme der Ortschaft Termes von dem dort eingesetzten LIR 83 fiel dem Jäger-Bataillon 3 zu, das der 1. Garde-Division unterstellt worden war. Die traditionsreiche brandenburgische Einheit war 1916 zum Jäger-Sturmbataillon umformiert worden und hatte an nahezu allen Großschlachten des Krieges teilgenommen. Dabei hatte sie sich neben soldatischen Leistungen bereits während der "Grenzschlachten" im Jahr 1914 auch durch Kriegsverbrechen gegenüber der belgischen und französischen Zivilbevölkerung einen Namen gemacht. Ab April 1918 wurde sie der O.H.L. unterstellt und als Lehr-Bataillon eingesetzt. Unmittelbar bis zum neuerlichen Fronteinsatz Anfang Oktober 1918 wurden österreichisch-ungarische Offiziere in Sturmtaktik sowie Tankabwehr an der in Sedan eingerichteten "Sturm-Schule" ausgebildet. |
Das Jäger-Bataillon 3 hatte sich gerade in den Stellungen in und um Termes eingerichtet, als am Abend des 13. Oktober 1918 ein neuer Befehl zur Übernahme des "Termes-Riegels", eines Abschnitts der "Brunhild-Stellung" auf der Linie "Einem-Höhe" (südl. Bois des Sartes) und "Schäferei-Berg" (nördl. la Bergerie), einging. Während des Ablösungsvorganges startete am Morgen des 14. Oktober 1918 nahe Mouron ein französischer Angriff über Aire und Aisne, dem die dort stehenden Einheiten der 42. Infanterie- und 1. Garde-Division nicht standhalten konnten.
Die Franzosen drangen durch die Täler zwischen Mouron und Termes (Känguruh-Tal, Butler-Tal, Castell-Tal) auf die Höhen und sodann weiter nach Norden und Osten vor. Sie gelangten in den Rücken der vorderen deutschen Stellungstruppen. In den Tälern verteidigten sich die spärlichen Reste des 2. Garde-Regiments z.F., konnten das feindliche Vordringen jedoch letztendlich nicht aufhalten. Ein Großteil der in Richtung Termes befindlichen Einheiten wurden hintergangen und getötet, wenige wurden gefangen genommen. Zu Letzteren gehörte die Besatzung des für den Abschnitt zuständigen Kampftruppen-Kommandeurs (K.T.K.) sowie der dort eingerichtete Stab des Jäger-Bataillons 3.
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Nur kleineren Gruppen gelang es, sich zu einer weiter nördlich verlaufenden deutschen Auffanglinie zwischen "Dachs-Grund" (östl. Brécy-Brières), "Einem-Höhe" und "Schäferei-Berg" durchzuschlagen. Hier konnte das weitere französische Vordringen von zusammengewürfelten Resten aller in dem Bereich eingesetzten Divisionen zunächst gestoppt werden.
Nach erfolglos gebliebenen Versuchen, die Franzosen von den Höhen und aus den Tälern in Richtung Aire-Niederung zurückzudrängen, erfolgten neuerliche französische Angriffe auf die immer weniger werdenden deutschen Verteidiger. Als am 15. Oktober 1918 im Bereich der "Einem-Höhe" ein Durchbruch drohte, wurde der gesamte Widerstand auf die Sehne des "Aisne-Knie" entlang der Straße Olizy, Beaurepaire Fme, Talma und Grandpré (heutige D 946) zurückgenommen. Auf Grund der Frontverkürzung und des zweckmäßigeren Stellungsverlaufs konsolidierte sich dort die deutsche Verteidigung. |
Die wesentlichen alliierten Angriffsbemühungen verlagerten sich in den nächsten Tagen auf die westliche Flanke des "Aisne-Knie". Dort befand sich die deutsche Verteidigung auf den Höhen zwischen Olizy im Süden und Voncq im Norden. Die Phase der dortigen Kämpfe zwischen dem 12. und 20. Oktober 1918 wurde von deutscher Seite mit "Kämpfe an der Aisne und Aire" bezeichnet. Die deutsche Abwehrstellung war zu Beginn von Süden nach Norden wie folgt besetzt:
Dabei handelte es sich ausschließlich nur noch um Reste der ehemaligen Divisionen, bei denen einzelne Bataillone eine Stärke von nur noch um die 100 Mann und insofern keinen nennenswerten Kampfwert mehr besaßen. Je nach Lage wurden diese Rumpfeinheiten durch einzelne Kompanien anderer Regimenter, Pioniere, Funker oder auch Angehörige der Stäbe ergänzt und immer wieder räumlich hin- und hergeschoben.
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Die Brücken über die Aisne waren gesprengt worden. Der Fluss wurde an verschiedenen Stellen und vor Allem in der Nähe der größeren Ortschaften Savigny, Vouziers und Vandy aufgestaut, um die angrenzenden Wiesen und Äcker zu versumpfen und ein feindliches Übersetzen sowie den Bau von Brücken zu erschweren.
Dennoch war es französischen Einheiten (RI 131) zwischen Brières und Savigny (nahe Les Petits Bois) bereits in der Nacht auf den 13. Oktober 1918 gelungen, die Aisne auf einer unbemerkt errichteten Kolonnenbrücke zu überschreiten. Den schnell auf die Höhen vordringenden Feind konnten Teile der 42. Infanterie-Division (IR 17 und IR 97) stoppen und dabei 6 Offiziere sowie mehr als 150 französische Soldaten gefangen nehmen. An dem erfolgreichen Gegenangriff hatte das Infanterie-Regiment Nr. 17 "Graf Barfuß" unter persönlicher Führung seines Kommandeurs und späteren Wehrmachts-Generals, Major Otto Stobbe, und unter Einsatz des gesamten Regimentsstabes entscheidenden Anteil. Gleichwohl zeigte der Angriff, dass die Aufstauuung der Aisne noch nicht die erhoffte Wirkung hatte und mit weiteren französischen Übersetzversuchen zu rechnen war.
Nachdem am 14. Oktober 1918 ein weiterer starker französischer Angriff abgewehrt werden konnte, wobei den Deutschen erneut mehr als 100 französische Gefangene in die Hände fielen, musste am 15. Oktober 1918 nach hin und herwogenden Kämpfen der Ort Olizy geräumt und die weiter nördlich verlaufende Hauptwiderstandslinie eingenommen werden.
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Nördlich Olizy und auch weiter östlich in Richtung Grandpré kam es zu weiteren Angriffen. Franzosen und Amerikaner versuchten, die deutschen Stellungen im Bereich des "Aisne-Knie" von Osten her zu hintergehen und so die gesamte Verteidigung in diesem Abschnitt ins Wanken zu bringen. Trotz vielfacher zahlenmäßiger Überlegenheit der Angreifer vermochten es die Deutschen, einen Durchbruch zu verhindern. Dabei spielte vor Allem die verheerende Wirkung geschickt eingesetzter Maschinengewehre eine maßgebliche Rolle.
Ab dem 17. Oktober 1918 waren im Bereich Olizy unter dem Befehl der 2e Division Marocaine auch französische Kolonialtruppen eingesetzt. Wo sie auftauchten, verursachten die meist farbigen Soldaten bei den Deutschen auf Grund ihres vielfach brutalen und grausamen Verhaltens Angst und Schrecken. Besonders das 4e régiment de marche de Tirailleurs Tunisiens zeichnete sich bei diesen Kämpfen durch tapferes Verhalten aus. Auf beiden Seiten kam es zu empfindlichen Verlusten. Vor Allem auf deutscher Seite stieg die Zahl an Vermissten stark an. |
Nach den wochenlangen, schweren Kämpfen und auch der sich abzeichnenden Gesamtniederlage sahen viele der Männer keinen Sinn mehr im Einsatz des eigenen Lebens für eine fraglich gewordene Sache. Die Folge war eine stetig steigende Zahl an Überläufern und Soldaten, die sich kampflos ergaben. In Ermangelung anderweitiger Feststellungen wurden diese als vermisst in die Verluststatistik aufgenommen. Seit Beginn der Maas-Argonnen-Offensive zählte beispielsweise die 202. Infanterie-Division am 14. Oktober 1918 gemäß Kriegstagebuch 47 vermisste Offiziere und 2.110 Unteroffiziere und Mannschaften, eine mit dem üblichen Kampfgeschehen nicht erklärbare Zahl.
Insgesamt kritisch sollte sich die Situation der deutschen Verteidiger weiter nördlich und vor Allem im Bereich der Orte Vouziers, Chestres und Vandy entwickeln. Hier war der französische Hauptangriff geplant.
Am 16. Oktober 1918 hatten französische Pioniere südöstlich Vouziers im Bereich der großen Aisne-Biegung und der la Pardonne Fme erstmalig versucht, eine Brücke über den Fluss zu schlagen. Das Unterfangen und auch weitere Versuche scheiterten im MG-Feuer des dort stehenden K.B. IR 5.
Am frühen Morgen des 18. Oktober 1918 setzte Trommelfeuer auf die deutschen Stellungen und das Hintergelände ein. Durch dichten Bodennebel begünstigt, drangen französische Einheiten über Furten, Stege und mittels Flößen und Booten auf das östliche Aisne-Ufer hinüber und bemächtigten sich der la Pardonne Feme, der nördlich gelegenen Ziegelei und der la Providence-Ferme. Die bayerischen Einheiten wichen aus der Niederung Richtung Osten auf die dortigen Höhen aus.
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In den folgenden Tagen gelang es den zahlenmäßig überlegenen Franzosen, an mehreren Stellen auf dem östlichen Aisne-Ufer Brückenköpfe zu errichten .
Bereits am 18. Oktober 1918 ging im Abschnitt der 4. K.B. Infanterie-Division (K.B. 4. 5. und 9. IR) dem mittig stehenden K.B. IR 4 der nach dem benachbarten Ort Chestres benannte "Käse-Berg" (Côte 153) verloren. Dieser hatte wegen seiner zentralen Lage erhebliche strategische Bedeutung. Am 19. Oktober 1918 fiel die benachbarte "Fürsten-Höhe". Mehrere Gegenangriffe scheiterten wegen schlechter Vorbereitung und ungenügender Truppenstärke. Am Nachmittag brachen die Franzosen aus der Linie "Fürsten-Höhe" und "Irrgarten" sowie zwischen "Petit-Ban-Mühle" und dem Weiler Landrèves durch die dünnen Verteidigungslinien der Bayern. Die gesamte Stellung östlich Vouziers wurde unhaltbar. Die Reste des K.B. IR 4 gingen ungeordnet zurück. Ihnen folgten bis 20. Oktober 1918 auch die anderen Regimenter der 4. K.B. ID. |
Da sich die Stauung der Aisne nicht wie erhofft ausgewirkt hatte, drangen ab dem 18.10.1918 auch weiter nördlich im Abschnitt der 199. Infanterie-Division französische Einheiten über den Fluss und, ohne ernstlichen Widerstand zu finden, auf und über die Höhen weiter nach Osten vor. Künstlich verstärkter Bodennebel hatte das Übersetzen, die lautlose Ausschaltung der vorgeschobenen Postierungen und Feldwachen in der Flussniederung und sodann die Überraschung der gesamten Verteidigung auf den dortigen Höhen begünstigt. Vandy und der unmittelbar nördlich gelegene "Horn-Berg" gingen verloren. Südöstlich, auf der Grenze zwischen den Abschnitten der ID 199 und K.B. ID 4, wurden im Tagesverlauf die "Oldershausen-Höhe" und die benachbarte "Sybillen-Höhe" überrannt. Die Lage entwickelte sich bedrohlich.
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Nachdem auf Grund ungenügender Vorbereitung und Truppenstärke mehrfache Versuche gescheitert waren, die französischen Truppen wieder von den Höhen zurückzudrängen, wurden zwecks Durchführung eines für den 21. Oktober 1918 geplanten Großangriffs die Reste der 242. (württ.) Infanterie-Division (IR 127, 475, 476) und der 1. Garde-Division (1., 2., 4. Garde-Regiment z.F.) an den bedrohten Frontabschnitt zwischen Vandy und Vouziers beordert. Die nicht mehr einsatzfähige 4. K.B. Infanterie-Division wurde durch die 1. K.B. Infanterie-Division (K.B. IR 1, 2, 24) abgelöst und aus der Front gezogen. Das ambitionierte Ziel des Angriffs sollte das komplette Zurückdrängen aller französischen Einheiten über die Aisne und die Wiedereinnahme der gesamten Brunhild-Stellung sein.
Südöstlich Vouziers gelang es dem 1. GIR z.F., die "Kamm-Höhe" einzunehmen. Das K.B. IR 1 gewann in schwerem Kampf den "Käse-Berg" und die "Fürsten-Höhe". Der Ort Chestres verblieb jedoch in französischer Hand. Richtung Vandy sollte am ersten Angriffstag jedenfalls die Linie Pissois-Ferme - Toupet-Mühle erreicht werden. Der dortige Angriff von Teilen des K.B. IR 2 und des IR 475 kam letztendlich jedoch nicht über die Landèves-Mühle hinaus. Östlich Vandy wurde durch K.B. IR 2 und IR 476 die "Sybillen-Höhe" und "Oldershausen-Höhe" genommen. Trotz Verstärkung durch das IR 127 gingen beide Positionen bei französischen Gegenangriffen wieder verloren.
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Zwar stabilisierte sich die Situation auf deutscher Seite durch Einsatz der herangeführten Verstärkungen und auf Grund der teilweisen Geländegewinne. Das wesentliche Ziel der offiziell als "Schlacht bei Vouziers" bezeichneten Offensive, die Rückgewinnung der Brunhild-Stellung, wurde jedoch nicht erreicht. Die Aisne-Übergänge blieben im Besitz der Franzosen und ermöglichten ihnen in den folgenden Tagen das ungehinderte Nachziehen von Truppen- und Materialersatz auf das Ostufer zwecks Vorbereitung eines neuen Großangriffs. Bis Ende Oktober 1918 trat dabei eine gewisse Beruhigung des Kampfgeschehens ein. Die französische Artillerie blieb jedoch die gesamte Zeit über sehr aktiv und verursachte auf deutscher Seite täglich Verluste.
Bereits am 16. Oktober 1918 war eine besondere Einheit in den Frontabschnitt der 4. französischen Armee verlegt worden: die 1. Tschechoslowakische Brigade, bestehend aus dem 21. und 22. Jäger-Regiment (RCT). Die freiwillig auf französischer Seite auch für die Unabhängigkeit ihres Heimatlandes von der österreichischen Hegemonie kämpfenden Tschechoslowaken traten in den Verbund der 53. und 124. französischen Infanterie Division. Bei der Abwehr der deutschen Offensive ab dem 21. Oktober 1918 und weiteren Angriffen erlitten sie zwischen Vandy und Vouziers binnen weniger Tage schwerste Verluste. Anfang November 1918 mussten beide Regimenter wieder aus der Front gezogen werden.
Viele der tschechoslowakischen Gefallenen ruhen neben Franzosen, Belgiern, Russen und Deutschen auf dem französischen Teil des sehenswerten Gräberfeldes von Chestres, das nach den Kämpfen im unmittelbaren Bereich der vorderen deutschen Stellungen westlich der "Kamm-Höhe" angelegt wurde. Es birgt die Gräber eines Großteils der dort in der "Schlacht bei Vouziers" getöteten Soldaten aller beteiligten Nationen. Zu Ehren der tschechoslowakischen Jäger-Regimenter 21 und 22 wurde zudem nach dem Krieg nordwestlich Vouziers eine aufwändige Gedenkstätte errichtet. |
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Maas-Argonnen-Offensive - Vierte und finale Phase - 1. - 11. November 1918
Am 1. November 1918 waren die neuerlichen Angriffsvorbereitungen abgeschlossen. Die alliierte Generaloffensive, auf deutscher Seite "Abwehrschlacht zwischen Aisne und Maas" genannt, begann gegen 04.30 Uhr mit starkem Artilleriebeschuss, der sich zu einem Trommelfeuer bislang nicht gekannter Stärke entwickelte. Geschwader mit mehr als einhundert Flugzeugen attackierten die Stellungen und rückwärtigen Ortschaften mit ihren Maschinengewehren und mit Kettenbomben. Gegen 06.30 Uhr begann der Infanterieangriff. An der Westflanke des "Aisne-Knie" stürmten französische Einheiten, südlich über Grandpré hinaus die Divisionen der "American Expeditionary Forces" (A.E.F.). Nördlich Vouziers und an der Südflanke des "Aisne-Knie" gegenüber den Amerikanern konnten trotz vielfacher feindlicher Überlegenheit sämtliche Angriffe aufgefangen werden. Wiederum waren vor Allem mobile Maschinengewehr- und Minenwerfer-Einheiten für den Abwehrerfolg verantwortlich. Am Nachmittag und nach erneut starker Artillerievorbereitung gelang französischen Kräften jedoch bei Falaise der Einbruch in die Stellungen der inzwischen stark dezimierten 14. Reserve-Division.
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Um ein Aufrollen der Front und den Durchbruch zu verhindern, wurde für die Nacht der Rückzug und damit die Aufgabe der Stellungen im Bereich des "Aisne-Knie" und der Brunhild-Stellung befohlen. In mehreren rückwärtigen Linien (u.a. Quatre-Champs-Stellung, Le-Chesne-Stellung, Freya-Stellung) sollte hinhaltend gekämpft werden. Ziel war es, den Feind möglichst lange auf dem westlichen Maas-Ufer festzuhalten, um die geordnete Rücknahme der gesamten Front in die Antwerpen-Maas-Stellung zu ermöglichen. Nach Ansicht der Obersten Heeresleitung könne hier mit den verbliebenen Kräften jedenfalls noch für zwei Wochen Widerstand geleistet werden. In der Zwischenzeit sollte der angestrebte Waffenstillstand ausgehandelt werden.
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Weiter östlich, im Bereich der Gruppen Argonnen und Maas-West, begann am Morgen des 1. November 1918 das amerikanische Trommelfeuer der Artillerie. Der bei Tagesanbruch folgende Infanterievorstoß richtete sich im Wesentlichen gegen die Schnittstellen der einzelnen Divisionen sowie vor Allem auf die Gruppengrenze.
Durch die verheerende Wirkung des Artilleriefeuers erlitten die vorne meist schutzlos liegenden Teile der Stellungsdivisionen starke Verluste und wurden überrannt. Bereitschaften besetzten einen Teil der Freya-Stellung am Südrand des Waldes von Barricourt auf einer Linie Bayonville - Andevanne. Nach erbitterten Nahkämpfen Mann gegen Mann musste gegen Nachmittag der Wald von Barricourt aufgegeben und eine neue Stellung weiter nördlich bezogen werden. Hier konnte ein Durchbruch der Amerikaner durch den Einsatz der staffelweise zurückgezogenen Artillerie gerade noch verhindert werden. Am ersten Angriffstag war den Amerikanern in einer Tiefe von mehr als sieben Kilometern der Einbruch in die deutschen Stellungen gelungen. Westlich, auf Höhe des Ortes Buzancy, war die "Narren-Höhe" (Côte 301) und der gesamte "Narren-Wald" (Bois de la Folie) verloren gegangen. Hier hatten die Angreifer die deutschen Stellungen in etwa 12 Kilometern Tiefe durchstoßen. Die Lage gestaltete sich im Hinblick auf das beabsichtigte Rückzugsunternehmen bedrohlich, zumal bis auf wenige abgekämpfte Divisionen kaum noch Reserven vorhanden waren.
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Am östlichen Rand der Gruppe Maas-West stand die 5. Königlich-Bayerische Reserve-Division (K.B. RIR 12, 10, 7). Hier, nahe des Ortes Brieulles-sur-Meuse und angelehnt an das Ufer der Maas, befand sich der südliche Angelpunkt für die gesamte Rückzugs- und die dafür notwendige Schwenkungsbewegung der Divisionen in Richtung der Antwerpen-Maas-Stellung. Die Gesamtoperation trug als Decknamen die taktische Bezeichnung "Kriegsmarsch".
Auch wenn das Vorbereitungsfeuer im Abschnitt der Bayern nur gering ausfiel und es im Divisionsabschnitt weder am 1. November 1918 noch am Folgetag zu stärkeren amerikanischen Infanterie-Angriffen kam, mussten sich die Truppen auf Grund der Flankenbedrohung durch den tiefen feindlichen Vorstoß weiter westlich ebenfalls schrittweise zurückziehen. Bereits am Abend des 2. November 1918 erging der Befehl seitens der Gruppe Maas-West, im Anschluss an den bei Liny-devant-Dun beginnenden Abschnitt der Gruppe Maas-Ost (k.u.k 1. ID, später 75. RID) Stellungen auf dem Ostufer der Maas nördlich und südlich Dun-sur-Meuse einzunehmen.
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In der Nacht vom 3. auf den 4. November 1918 vollzogen die Bayern den Rückzug auf die Antwerpen-Maas-Stellung zwischen den Orten Liny-devant Dun und Lion-devant-Dun, einschließlich der unmittelbar an die Maas angrenzenden und für die Verteidigung strategisch wichtigen Stadt Dun-sur-Meuse. Weiter nach Norden wurden am 3. November 1918 die 117. und 20. Infanterie Division als Eingreif-Divisionen herangeführt. Sie Übergangsversuche der schnell vorrückenden amerikanischen Truppen verhindern und die vom Westufer zurückflutenden Reste der dort kämpfenden deutschen Einheiten in die Verteidigung östlich der Maas aufnehmen. ID 117 erhielt den Abschnitt Lion-devant-Dun bis Mouzay. ID 20 wurde von dort bis zur Ortschaft Cervizy aufgestellt und hatte damit auch die Stadt Stenay zu verteidigen, wo sich von September 1914 bis Februar 1918 das Oberkommando der 5. Armee (AOK 5) und das Hauptquartier des Deutschen Kronprinzen Wilhelm befand.
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Maas-Argonnen-Offensive - Geografisches und Sehenswertes
Auch wenn durch die militärische Führung zunächst mit gewohnter Strenge der sofortige Gegenangriff und das Halten der Stellung um jeden Preis befohlen wurde, war die Übermacht der Angreifer inzwischen zu stark geworden. Bis auf Rückzugskämpfe, also schrittweises Ausweichen und hinhaltenden Widerstand, gab es für die seit Wochen im Kampf stehenden und völlig ausgelaugten Truppen keine effektive Möglichkeit zur Verteidigung mehr. Die erfolgreiche Abwehr eines ständig drohenden Durchbruchs war allenfalls noch hinter dem natürlichen Hindernis des Flusses Maas in der dort verlaufenden Antwerpen-Maas-Stellung zu erwarten. Würde diese Linie fallen, stünde den Angreifern der Weg auf deutsches Reichsgebiet offen. Umso mehr musste jetzt umgehend die geordnete Rücknahme aller Truppen und die Errichtung einer effektiven Verteidigung auf dem Ostufer der Maas erfolgen.